The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
Abständen Knoten in dem Seil, so daß er sich festhalten konnte. Doch er hatte so etwas noch nie gemacht. Mächte, er war als Kind nicht einmal auf Bäume geklettert, jedenfalls nicht mehr, nachdem er mit der Musik angefangen und sich Sorgen um seine Hände gemacht hatte! Seine Arme und Schenkel schmerzten schon, und selbst das vertraute Gewicht der Laute auf dem Rücken drohte ihn hintenüber zu ziehen.
Komm schon! Sei kein Baby! Wenn Lydia das kann, kannst du es auch!
Hey, er hatte es geschafft! Kevin kletterte über den Rand eines der Bögen und trat beiseite, damit Naitachal, der ebenfalls das Tau hinaufkletterte – mit empörender Leichtigkeit, selbstredend! – zu ihnen hinein konnte.
»Wird aber auch Zeit!« spöttelte Tich’ki. »Paßt auf, wo ihr hintretet. Es gibt nur diesen schmalen Steinsims und die Treppe nach unten.« Sie hielt sich flatternd mitten in der Luft. »Ansonsten ist der ganze Turm hohl!«
Kevin zuckte mit den Schultern. »Logisch. Sie gehen natürlich nicht davon aus, daß sich jemand lange hier oben aufhält. Die Glocke hätte jeden taub gemacht, der hier zufällig eingesperrt worden wäre.«
»Jedenfalls, wenn sie nicht so schlimm gesprungen wäre, daß man sie nicht mehr läuten könnte«, meinte Lydia grinsend. »Haben wir ein Glück!« Sie sah sich um.
»Naitachal, du brauchst doch keinen freien Blick über den Burghof, nicht wahr?«
»Nein. Ich kann von jedem Punkt aus jede Magie aufspüren und Kevin davor schützen.«
»Fein. Dann nimm du die linke Seite, hier drüben. Ich gehe nach rechts, von wo aus ich freie Schußbahn auf mögliche Heckenschützen habe. Und du, Kevin, bekommst natürlich den Ehrenplatz in der Mitte.« Sie grinste. »Jetzt müssen wir nur noch warten.«
Tich’ki kicherte. »Gute Nacht, alle miteinander! Paßt auf, daß ihr im Schlaf nicht vom Vorsprung fallt!«
»Vielen Dank, Tich’ki«, murmelte Naitachal griesgrämig. »Vielen herzlichen Dank!«
»Gern geschehen«, erwiderte die Fee lachend und flatterte davon, bevor er nach ihr schlagen konnte.
Es war vielleicht nicht die schlimmste Nacht, die Kevin erlebt hatte. Hatte es doch während ihrer abenteuerlichen Reise schlimmere gegeben. Aber während er trübe blinzelnd das klare Licht des frühen Morgens begrüßte und sich nicht einmal zu recken getraute, aus Angst die Balance zu verlieren, beschloß er nichtsdestotrotz, diese kalte, harte und gefährliche Nacht zu den allerschlimmsten hinzuzurechnen.
Naitachal war bereits auf den Beinen. Er hatte irgendwann in der Nacht sein buntes Kostüm gegen sein gewohntes Schwarz eingetauscht. Lydia, fast nackt bis auf ihre Amazonenkleidung, Bogen und Köcher griffbereit, lockerte ihre Muskeln, so gut sie das bei dem beschränkten Platzangebot konnte.
Ich wünschte, wir hätten etwas anderes zum Frühstück als nur e ine Flasche Wasser, Brot und Käse , dachte Kevin sehnsüchtig, etwas Warmes. Hah! fügte er hinzu und schaute vorsichtig vom Turm hinab in die Tiefe. Und ich wünschte, wir hätten … ehm … auch eine etwas kultivier-tere Möglichkeit für die Morgentoilette.
Ach was, wenigstens war Morgen, und bald würde die Sonne sie aufwärmen. Heute würde er siegen oder sterben – Nein, verflucht, er würde nicht darüber nachdenken, nicht jetzt.
»Guten Morgen«, sagte er.
»Mehr oder weniger«, erwiderte Lydia verächtlich. Sie lehnte sich waghalsig hinaus, um den Burghof weiter unten prüfend zu betrachten. »Wenigstens werden wir einen wundervollen Blick über das ganze Fest haben.
Das muß der Prunksessel des Grafen sein, da unten, auf dem Podest unter dem Baldachin. Nun, Hauptsache, Carlotta spielt mit und taucht mit ihm zusammen auf …«
Das tat sie. Kevin versteifte sich, als die falsche Charina, hübsch gekleidet in blaue Seide, einfältig lächelnd heraustrat, um ihren Platz neben Graf Volmar einzunehmen, der in eine prächtige Robe in dunklem Rot-Violett gehüllt war.
Das ist ja beinah königliches Purpur! dachte Kevin mißbilligend. Sie haben tatsächlich vor, nach dem Kö-
nigsthron zu greifen! Nun, das würde ihnen nicht gelingen, solange er noch etwas mitzureden hatte!
Diesmal mußte er über seine eigene Tollkühnheit leise lachen.
Jedenfalls gelingt es ihnen nicht, wenn man mir gestattet, ein Wörtchen mitzureden , verbesserte sich der Bardling sarkastisch.
Lydia hatte recht. Sie hatten wirklich einen großartigen Blick über die Feierlichkeiten, die übrigens endlos zu sein schienen. Die Musiker wurden von Akrobaten
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