The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
konnte ich sie schon von ihrer Zimmertür den Flur hinunterschreien hören: »Mo-om! Ich habe einfach keine anderen!« Was auch immer sie damit meinte. Wahrscheinlich ging es um Klamotten. Keine Ahnung, jedenfalls war es die Amy-Krise des Tages. Overwrought .
»Ah, der Schrei der wilden älteren Schwester in ihrem natürlichen Lebensraum«, murmelte ich, während ich den Sportteil der Zeitung suchte.
»Scht«, machte Mom, musste dabei aber lächeln. Sie stellte einen Teller mit Eiern und Toast vor mich und eilte dann zu Amy, bevor das arme Kind vor lauter mädchenhafter Aufgeregtheit in einer rosa Staubwolke explodierte.
»Also«, brummelte die Stimme meines Dads hinter der Zeitung. »Was liegt heute bei dir an?«
Selbst wenn er in einer seiner selbstvergessenen Phasen war, schien er das Gefühl zu haben, es sei seine väterliche Pflicht, mir von Zeit zu Zeit Fragen zu meinem Leben zu stellen. Ich bin nicht sicher, ob es auch zu seiner Pflicht gehörte, sich die Antworten anzuhören.Wenn ich es recht bedenke, bin ich nicht einmal sicher, ob er tatsächlich hinter der Zeitung saß. Manchmal dachte ich, wenn ich sie plötzlich wegreißen würde, könnte ich eine Schaufensterpuppe mit einem MP3-Player vorfinden, die ab und zu Fragen von sich gab: »Also, wie läuft es in der Schule?« Oder: »Also, wie entwickelt sich die soziale Szene an der Highschool?« Der echte Dad wäre dann schon in seinem Büro.
Dieses Mal war es jedenfalls: »Also, was liegt heute bei dir an?« Und ich bin ziemlich sicher, ich hätte antworten können: »Heute starte ich den ersten Vernichtungsangriff in meinem lange geplanten Krieg um die Weltherrschaft«, und es wäre trotzdem nur ein »Hmm, das klingt interessant« als Reaktion gekommen.
Ich war kurz davor, es zu versuchen, als mein Kiefer herunterklappte und meine Augen größer wurden. Plötzlich erinnerte ich mich an etwas. Ich war so sehr damit beschäftigt gewesen, mein Wort des Tages zu überprüfen, dass ich gar nicht nachgesehen hatte, was für ein Tag überhaupt war.
»Oh nein!«, rief ich. »Ist heute Mittwoch?«
»Hmm, das klingt interessant«, meinte die Dad-Puppe hinter der Zeitung.
Ich schaute am oberen Zeitungsrand nach. Ja, es war tatsächlich Mittwoch. Mittwoch, der 15. September.
»Heute habe ich meine Karate-Vorführung!«, sagte ich. Das hatte ich vollkommen vergessen. Das Problem war, dass ich im Juni, also vor den Sommerferien, zugesagt hatte, die Vorführung zu übernehmen. Direktor Woodman hatte gefragt, ob ich es machen könnte. Ich hatte natürlich Ja gesagt, und er hatte gemeint, ich solle mir das Datum merken, was ich ihm zusicherte – ich hatte es allerdings nicht aufgeschrieben. Manchmal hatte ich daran gedacht, es dann aber wieder vergessen. Ich hatte nicht einmal dafür geübt.
Ich spürte den ersten gepressten Atem der Nervosität in der Brust, und mein Herz pochte wild. Nicht, dass ich nicht vorbereitet gewesen wäre; ich trainierte fast jeden Tag und war immer bereit zu zeigen, was ich konnte. Und ich wusste, dass ich einen frisch gewaschenen Karate Gi und alle anderen Sachen, die ich brauchte, oben in meinem Schrank hatte.
Nein, was mich nervös machte, war die Tatsache, dass die Vorführung während der Schülerversammlung in der Aula stattfinden würde. Alle elften Klassen würden zusehen, und wie immer würde die Schülervertretung – Präsident, Vizepräsident und Kassenwart – auf ihren offiziellen Plätzen in der ersten Reihe sitzen.
Und die Vizepräsidentin war Beth Summers. Sie war so hübsch und so nett, dass ich gar nicht erst darüber sprechen will.
5
K ARATE
Karate. Meine Karate-Vorführung. Das war es, was mir blitzartig ins Gedächtnis kam, als ich an den Riemen zerrte, mit denen ich an den Stuhl gefesselt war. Also war der letzte Tag, an den ich mich erinnern konnte, nicht wirklich ein völlig normaler Tag gewesen. Da war meine Karate-Vorführung und da war Beth Summers, die von der ersten Reihe aus zusah. Nicht, dass das irgendetwas erklären würde. Nicht, dass es erklären würde, warum ich, mit Blutergüssen und Brandwunden bedeckt, an einen Stuhl gefesselt aufwachte, und zwei Männer, die den Befehl hatten, mich umzubringen, jeden Moment zur Tür hereinkommen würden. Aber es erinnerte mich an etwas. Ein greifbarer Gedanke drängte sich in mein vor Panik rasendes Gehirn.
Karate. Ich hatte den Schwarzen Gürtel. Ich war Kampfsportler, und zwar ein guter. Ich war zum Kämpfen ausgebildet.
Okay, wahrscheinlich hört
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