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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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erneut, das Hasch in die Luft zu werfen.
    »Jennifer meinte, du würdest mit ihr ins Bett gehen, und hat mir den verdammten Ring ins Gesicht geschleudert. Sie sagte, sie wäre fertig mit mir und hat sich über meinen Schwanz lustig gemacht. Über meinen Schwanz, Alter! Unfassbar, oder? So einen Scheiß muss ich mir von Jennifer anhören? Wenn meine Mutter nicht dazwischengegangen wäre, hätte ich die kleine Fotze an Ort und Stelle umgebracht. Ungelogen. Ich sag’s dir, Timmy, ich hab die Schnauze voll von den beschissenen Weibern.
    Katherine zum Beispiel. Die Schlampe redet nicht mehr mit mir. Sie meint, sie will mich nicht mehr sehen, behauptet, sie will keine feste Beziehung eingehen. Und ich hab extra noch Koks für sie besorgt, verstehst du? Ich hab Koks für sie besorgt! Unfassbar! Bin ich bescheuert oder was? Und diese Sally Richmond hat mich wie den letzten Dreck behandelt. Und jetzt Jennifer Fitch! Nicht zu glauben. Jennifer Fitch! Ist das zu fassen? Hast du ihr von den Ringen erzählt? Musst du wohl. Weißt du was? Ich hab die Nase voll von diesen Nutten. Von allen. Verstehst du, was ich meine? Die können mich mal. Mir reicht’s. Findest du nicht, dass es reicht, Alter? Ich meine, mal im Ernst, was denkst du?«
    Tim hatte ein eigenartiges Gefühl.
    Es war, als würde Ray zu ihm sprechen, ohne wirklich anwesend zu sein. Als wäre Ray irgendwo anders. Er hörte zwar seine Stimme und sah, wie er auf und ab tigerte. Trotzdem kam es ihm so vor, als würde er einen Film betrachten, als liefe Ray auf seiner persönlichen kleinen Leinwand herum, und er sah ihm dabei zu. Ohne dass eine Antwort von ihm erwartet wurde. Was wirklich eigenartig war: Tim witterte immer noch keine Gefahr.
    Dabei hatte er Ray mit dem Hasch betrogen und war aufgeflogen.
    Und er hatte mit Jennifer geschlafen, und das wusste Ray ebenfalls!
    Und über all das redete Ray, als würde er im Fernsehen die Wettervorhersage verkünden.
    Was zum Teufel war hier los?
    Was auch immer es war, es machte ihm Angst. Die Luft war zum Schneiden, und er konnte Rays Schweiß riechen, säuerlich und kräftig wie salzige Suppe. Und auch wenn er nicht wütend war – er war wirklich kein bisschen wütend, er hielt eher eine Art durchgeknallten Monolog – und Tim nicht den Eindruck hatte, als würde Ray ihm wegen der Geschichten die Fresse polieren, kriegte er es langsam mit der Angst. Denn diese Seite von Ray hatte er bisher nicht erlebt, nicht mal wenn dieser betrunken oder bekifft war. Ray war zumindest stets anwesend gewesen. Selbst jemand wie er hatte nicht beliebig viele Gesichter, und eigentlich dachte Tim, er hätte im Laufe der Jahre alle gesehen.
    Aber dieser seltsame, ruhelose Zombie, dieser kreidebleiche, kranke Typ, der aussah, als hätte er gerade gekotzt, der war ihm gänzlich unbekannt, und es überraschte ihn auch nicht mehr, als Ray vor dem Schreibtisch stehen blieb, die Faust ballte, plötzlich So eine Scheiße! brüllte und neben dem Lennon-Poster mit voller Wucht in die Rigipswand drosch. Normalerweise hätte Ray es nicht gewagt, bei ihm zu Hause, im Haus seiner Eltern, derart auszuflippen. Aber es schien, als würde er auf seine persönliche Filmleinwand einschlagen, als wäre es ihm völlig egal, wo oder in wessen Haus er sich gerade befand.
    Tim hoffte, dass Ray mit dem Schlag gegen die Wand ein bisschen Dampf abgelassen hatte. Doch weit gefehlt.
    Ray hatte aufgehört, das Hasch in die Luft zu werfen. Er quetschte es jetzt mit seiner Faust wie einen Klumpen Knete. Er ging immer schneller auf und ab, rutschte mit seinen Stiefeln hin und her und hatte Schaum vorm Mund, während er was von Drecksschlampen und verdammten Bullen – Mist, wusste er etwa auch von Schilling? – faselte. Er klang nicht mehr wütend, wie bei dem Schlag gegen die Wand, sondern so, als hätte er nun vollends den Verstand verloren, während er ohne Punkt und Komma weiterredete. Tim schien er gar nicht mehr wahrzunehmen, er sah ihn kein einziges Mal an. Und dann, ohne jede Vorwarnung, verstummte er plötzlich, riss die Tür auf, marschierte die Treppe hinunter und stürmte aus dem Haus, immer noch den faustgroßen Haschklumpen in der Hand.
    Jeder konnte ihn damit sehen, während er quer über den Rasen zu seinem Auto stapfte.
    Tim rührte sich nicht von der Stelle, bis er hörte, wie der Wagen losfuhr.
    Seine Beine fühlten sich kraftlos an, als wäre er derjenige gewesen, der im Zimmer auf und ab getigert war. Er setzte sich aufs Bett.
    Wen sollte er

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