The Lost
darauf nur noch eine blutige Masse zerfetzten Fleisches war. Obwohl seine Knöchel höllisch wehtaten, drosch er weiter auf den Burschen ein, der sich wimmernd und jaulend unter ihm herumwälzte. Dann spürte er Schillings Hände auf seinen Schultern, gleichzeitig sah er, wie Pye nach dem Messer in seinem Gürtel griff. Und im nächsten Moment merkte er, wie Schilling ihn losließ; er stieg über ihn hinweg, trat dem Jungen mit voller Wucht auf die Hand, kickte das Messer zur Seite und zerquetschte ihm mit seinem Schuhabsatz die Finger.
Anderson hörte, wie die Knochen knackten und wie Pye aufschrie; aus seinem Mund spritzte Spucke und Blut. Andersons Faust sauste ein letztes Mal auf die bluttriefende Augenhöhle herab. Und dann war sein Zorn auf einmal verflogen, genauso plötzlich, wie er über ihn gekommen war.
Pye rührte sich nicht mehr.
Er fühlte sich erschöpft, ausgelaugt und leer. Seine Hände waren wund, und die linke war vielleicht gebrochen. Er zitterte, und er war kurz davor, sich zu übergeben. Als er den Kopf hob, sah er, dass er von uniformierten Polizisten mit gezückten Waffen umgeben war. Die meisten junge Burschen. Fasziniert starrten sie auf ihn herab, als wäre er ein blauer, glubschäugiger Marsmensch, der eben seinem Raumschiff entstiegen war. Die Älteren blickten ihn ernst an. Einer von ihnen nickte bedächtig.
Zwei der Männer knieten neben dem Mädchen, das an den Stuhl gefesselt war. Er hörte, wie einer von ihnen fragte, ob sie noch am Leben sei. Gerade so, sagte der andere. Es hat sie schwer erwischt. Sie hat schrecklich viel Blut verloren.
Im Wohnzimmer wimmerte Jennifer Fitch vor sich hin.
Er ließ von Pye ab und stand auf. Er war etwas wacklig auf den Beinen. Und er spürte, wie Charlie ihn am Rücken abstützte. Ed drehte sich um und schaute ihm ins Gesicht. Charlies Miene war undurchdringlich wie ein Stein.
Endlich hatte er seinen Mann zur Strecke gebracht.
Er fragte sich, wie er sich dabei fühlte.
Er wandte sich ab und ging durch den Flur zur Haustür. Fitchs Wimmern wurde immer spitzer und lauter, während zwei Uniformierte zu ihr traten. Mein Gott, sieht das hier aus, sagte jemand, und dann war er draußen.
Sie hatten sie auf den Rasen gelegt, und jemand machte Mund-zu-Mund-Beatmung und bearbeitete ihren Brustkorb. Zwei andere Männer hatten sich über sie gebeugt, ein anderer kam von seinem Streifenwagen herüber, und Anderson hörte, wie er zu den anderen sagte, die Krankenwagen seien unterwegs.
Die Männer, die sich über sie beugten, machten Anderson Platz, und er kniete sich neben sie. Zunächst betrachtete er ihr Gesicht und die grauenvolle Wunde in ihrer Brust, dann musterte er den jungen, dunkelhaarigen Streifenpolizisten, der ihr Erste Hilfe leistete; er ließ nicht nach in seinen Bemühungen, machte alles so, wie man es ihm beigebracht hatte, aber es schien, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Er wirkte verzweifelt, und Anderson wusste, dass im Innern des Burschen etwas zerbrochen war, dass ihn eine Ahnung überkam von etwas, das erst im fortgeschrittenen Mannesalter zu voller Blüte gelangen würde. Im Angesicht des Todes völlig hilflos zu sein, mitansehen zu müssen, wie einem jemand unter den Händen wegstarb, gehörte nicht gerade zu den Wohltaten, die Gott den Menschen erwies.
»Lassen Sie uns bitte allein, ja?«, sagte Anderson.
Der Mann sah ihn an. Und Anderson glaubte, dass er jetzt tatsächlich gleich anfangen würde zu weinen, denn Anderson sagte ihm etwas, das er nicht hören wollte, nämlich dass seine Bemühungen vergeblich waren, dass es vorbei sei, dass er aufhören solle. Aber der Mann fing nicht an zu weinen. Er nickte nur und legte ihren Kopf behutsam ins Gras zurück, stand auf und ging zu den anderen Männern. Anderson nahm seinen Platz neben ihr ein und wiegte sie sanft in den Armen, streichelte ihr über den Kopf, und erst da spürte er, wie es seinem Herzen einen Stich versetzte.
»O Sally«, flüsterte er. »O Gott. Meine Liebste. Gott, was hätte nur aus dir werden können. Was für eine wundervolle, wundervolle Frau du warst. Mein Gott, du hattest noch das ganze Leben vor dir!«
In der Ferne sah er Lichter und hörte die Sirenen der heranrasenden Krankenwagen. Verschwommen nahm er die Beamten auf der Treppe wahr, die das Haus verließen oder betraten und ihren Job erledigten, einen Job, mit dem er nichts mehr hatte zu tun haben wollen, und währenddessen hielt er sie in den Armen und wartete darauf, dass ihr
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