The New Dead: Die Zombie-Anthologie
Gesicht zurückkehrt.
Der dänische Psychiater geht zu einem kleinen abgeschlossenen Spind am hinteren Schott. „Ich sehe, dass Sie keine eigene mitgebracht haben.“
Ich schüttle den Kopf.
Kiersted kommt von dem Spind zurück und drückt mir eine kleine automatische Pistole in die Hand. Er überprüft noch schnell, ob sich auch wirklich nur eine Kugel in der Kammer befindet, dann tritt er zurück, verlässt das Abteil und schließt die Luke hinter sich.
Ich richte den Laserstrahl auf die Stirn der Zielperson. Krächzend und schnappend stürzt sie auf mich zu. Ich drücke ab.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
UNTER UNS
VON AIMEE BENDER
I.
Ein Zombie begegnete einem anderen Zombie auf der Straße.
Der eine Zombie sagte zum anderen Zombie: „Wie geht es dir? Sollen wir ein paar Leute fressen?“
Der zweite Zombie antwortete nicht. Hin und her schwankend standen sie eine Sekunde lang da. Dann beugte sich der zweite Zombie nach vorn und biss ein großes Stück vom Kopf des ersten Zombies ab.
Er aß den ersten Zombie im Verlaufe eines sonnigen Juli-Nachmittags auf in einem kleinen Park neben einer Holzbank. Nur dieser eine Zombie, der zweite, interessierte sich dafür, andere Zombies zu fressen. Die meisten hielten das für geschmacklos. Eigentlich ging es doch darum, sich frisches Blut zu holen, lebende Menschen … dass Zombies ebenso wie Vampire auf das Jagd machten, was sie nicht hatten: die Lebenskraft eines Lebenden. Tote, die Lebende essen, im Gegensatz zu Lebenden, die Tote essen. Sogar Pflanzen, sollte man meinen, müssten appetitlicher auf einen Zombie wirken als ein anderer verwesender Zombie-Leichnam. Doch dies war der neueste Zombie, die jüngste Re-Reinkarnation eines Zombies, eine evolutionäre Panne im Reanimationsprozess, und das Verspeisen seiner Zombie-Kameraden machte ihn nur noch wilder und hungriger. Er wuchs. Er brüllte im schummrigen Licht des kleinen Parks. Er krümmte sich.
Schließlich war er tot gewesen und dann doch nicht tot, sodass er bereits über Gebühr in Anspruch genommen worden war. Lassen wir den armen Kerl in Frieden verfaulen.
II.
Der Lachsfarm in Ketchikan, Alaska, ging das Geld aus. Sie konnte ihrem Lachs nicht mehr das brandneue Fischfutter geben, das speziell für Lachse hergestellt wurde. Also gab man Lachsreste ins Lachsfutter. Damals schien das eine gute Idee zu sein: Die Lachsreste kosteten nichts, da es aussortierte Tiere waren. Sie waren nicht gut genug gewesen, um sie in Dosen zu verpacken und den Menschen zu verkaufen. Doch wenn man Lachs mit Lachs füttert, wird er giftig, toxisch. Menschen erkrankten. Als der Fall untersucht wurde, bekam die Fischfarm eine Riesenklage an den Hals und ging pleite.
In England wurden die Rinder, als man sie mit den Überresten ihrer geschlachteten Artgenossen fütterte, verrückt: Rinder essen gern Gras, nicht ihre zu Mehl verarbeiteten Verwandten. Die Menschen, die die verrückten Rinder aßen, wurden krank und starben. Eine Krankheit, die das Gehirn befiel.
III.
Die Mutter meines Freundes kam zum Abendessen vorbei. Sie lebte am anderen Ende der Stadt und ging nur selten aus dem Haus.
Die Mutter meines Freundes kochte sich ihr Essen für gewöhnlich selber, aber mein Freund machte sich Sorgen um sie, und deshalb wollten wir alle drei zusammen in ein Restaurant gehen. Sie saß auf dem Sofa. Sie gehörte zu den Menschen, die sich nicht gegen die weichen Polster im Rücken lehnen, sondern nur auf der vordersten Kante hocken. In einem früheren Leben war sie bestimmt ein kleiner Vogel gewesen. Sie sah aus dem Fenster und beobachtete einen alten Mann, der auf dem Bürgersteig auf eine silberfarbene Gehhilfe gestützt vorbeiging. Dann drehte sie sich wieder zu uns um und musterte uns mit strahlenden Augen. Der Schal, den sie umhatte, sah aus, als wäre er mit hartgekochten Eiern bedeckt.
Also, sagte sie. Was wollen wir zu Abend essen?
Mein Freund dachte darüber nach und klopfte mit den Fingern auf den Tisch. Ich stand neben dem Bücherregal und zuckte unwillkürlich zusammen. Eine dumpf, wabernde Wut kam brodelnd in mir hoch.
Mein Freund zählte Restaurants auf. Nach dem zehnten hörte er auf und schwieg.
Ich weiß nicht, sagte ich langsam, als sie sich zu mir umwandten. Wo willst du denn hingehen?
Wir mögen vielleicht was Italienisches, meinte sie fröhlich.
Aber was ist mit dir?, fragte ich. Willst du was Italienisches?
Sie sah mich hochnäsig an.
Oder bist du
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