The New Dead: Die Zombie-Anthologie
vielleicht eine Königin?, fragte ich. Mein Freund warf mir einen scharfen Blick zu.
Sie reckte den Kopf noch ein wenig höher.
Eine Königin?, fragte sie. Ich verstehe nicht ganz. Wenn nichts Italienisches, was würden wir denn dann gern essen? Haben wir Hunger? Ziehen wir die französische Küche vor?
Ich rannte aus der Wohnung und schreiend die Straße entlang. Ich rief sie später an, um mich zu entschuldigen. Ich habe sie nie gefragt, was sie gegessen haben.
IV.
Es gibt einen Film eines ungewöhnlichen Drehbuchautors aus dem letzten Jahr des vorigen Jahrtausends, in dem sich in einer Stadt ein Portal öffnet, durch das Menschen in das Gehirn eines berühmten Schauspielers treten können. Es handelt sich um eine eigene Welt. Im weiteren Verlauf des Films entdeckt der berühmte Schauspieler ebenfalls das Portal, tritt hindurch und befindet sich nun in seinem eigenen Gehirn. Dies verursacht eine derartig starke Störung im System, dass alle vergessen, wie man spricht, während er sich in seinem Gehirn befindet, und nur noch seinen Namen immer und immer wiederholen können. Das ist das Einzige, was sie sagen können.
V.
Wucher, sagt der Mann im Radio, ist Geld, das Geld macht.
Es ist Geld, das zu anderem Geld hinzukommt, um noch mehr Geld zu machen, ohne dass jedoch eine Gegenleistung erfolgt. Der Zinssatz ist maßlos überzogen. Die meisten Religionen verbieten Wucher, denn er ist ein Zeichen für Habsucht, für ein raffgieriges Verlangen bei einer finanziellen Notlage. Das, was Menschen wirklich brauchen, sind Dienstleistungen oder Waren: Diese besitzen einen echten Tauschwert.Der Wucher sei, sagt man, eine der Ursachen der gegenwärtigen Wirtschaftskrise, denn wir leben mit Schulden, mit den verlockenden Angeboten der Banken für Kreditkarten, Banken, die so scharf darauf sind, dass sie ihre Antragsformulare sogar an Haustiere verschicken, mit falsch abgestimmten Hypothekendarlehen, mit Fehlern bei der Vergabe von Unternehmenskrediten und unzureichender Gefahreneinschätzung und mit Bergen von Versprechungen, die nur aus heißer Luft bestehen.
VI.
Der große Zombie, der andere Zombies fraß?
Er fraß und fraß und fraß.
Doch noch mehr Fäulnis kann den Verwesungsprozess nicht umkehren, und schließlich wurde er krank. Er war groß und eigentlich auch immer sehr kräftig gewesen, aber jetzt lag er im Park und atmete schwer. Die anderen Zombies hatten Angst vor ihm, doch als sie sahen, dass er krank war, stellten sie sich im Kreis um ihn herum auf.
Sie ächzten. Sie schlurften. Sie schwankten. Nach einer Weile wurde es ihnen langweilig, und sie stapften davon. Wieder allein, starb Big Zombie aufs Neue. Kurz darauf erwachte er erneut zum Leben. Diesmal war es noch schlimmer. Er hatte zu großen Hunger, um nach anderen Zombies Ausschau zu halten, deshalb aß er seinen eigenen Arm auf. Sein eigenes Bein. Seinen eigenen Kopf. Alles aß er, bis er anfing, sich selbst zu verdauen, und zum Schluss nur ein Mund und ein Magen-Darm-Trakt übrig blieben. Ein Mund, eine Speiseröhre, ein Magen, Därme.
VII.
Und zum Schluss … eine wahre Geschichte.
Ich war bei einem Mann zu Besuch, der vor Kurzem geschieden worden war. Er war sechzig Jahre alt, und seine Frau hatte ihm vierzig Jahre lang den Haushalt geführt. Dann hatte sie plötzlich entschieden, mit ihm Schluss zu machen. Sie verließ ihn von einem Moment auf den anderen. Er wusste nicht, wie man ein Ei kocht oder wo man Zahnpasta kauft.
Ein Freund empfahl ihm, sich Gäste einzuladen, weil die Langeweile ihn beinahe umbrachte ebenso wie die Geräusche im neuen Haus, die wie Totenglocken klangen. Mit sechzig sah das Leben, das noch vor ihm lag, leer aus. Er hatte über das Internet eine Frau kennengelernt, die bereit zu sein schien, sein Leben für ihn zu übernehmen. Doch dann zog die Frau nach zwei Tagen bei ihm ein, und er erwischte sie dabei, wie sie seine Brieftasche durchwühlte und sich allzu sehr für seine Depotauszüge interessierte. Über Geld wusste er bestens Bescheid, und so warf er die Frau aus dem Haus. Er stellte ihre zahllosen Schuhe in Reih und Glied im Flur auf. Sie brüllte ihn von draußen an. Sein richtiger Name war ihr entfallen, und sie rief ihn aus Versehen mit dem Namen ihres Ex-Freundes.
Er hatte fünf Bekannte zu Besuch, um gemeinsam Fernsehen zu schauen. Ich hatte ihn bei der Arbeit kennengelernt, die anderen kannten ihn von der Kirche. Wir aßen Pizza, tranken Bier, schauten Fernsehen und unterhielten uns.
Als die heutige
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