Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The New Dead: Die Zombie-Anthologie

The New Dead: Die Zombie-Anthologie

Titel: The New Dead: Die Zombie-Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks , Joe Hill , Tad Williams
Vom Netzwerk:
brauchten. Der Auftraggeber war da sehr konkret. Er war so eine Art „Manager der Unterhaltungsbranche“ in Hollywood gewesen und managte (Name aus rechtlichen Gründen entfernt) und viele andere tote Stars. In seinem Brief schrieb er, dass er seinen Sohn mal mit nach „Travel Town“ genommen habe; eine Art Eisenbahnmuseum in Los Angeles. Er erklärte, dass es das einzige Mal gewesen sei, dass er einen ganzen Nachmittag mit seinem Sohn verbracht hatte. In Travel Town gab es einen von diesen Automaten, in die man einen Penny steckt, und wenn man den Hebel nach unten zieht, wird der Penny zu einer Art Medaillon gepresst. Der Auftraggeber hatte geschrieben, dass sein Sohn ihn nicht hatte zurücklassen wollen, als sie fliehen mussten. Er ließ sogar von seinem Vater ein Loch hineinbohren, sodass er ihn auf einen Schnürsenkel gefädelt um den Hals tragen konnte. Der halbe Brief des Auftraggebers war der Beschreibung dieses Pennys gewidmet – nicht nur der Gestaltung, sondern auch der Farbe, der Abnutzungsspuren, der Dicke, ja sogar der Stelle, an der er ein Loch hineingebohrt hatte. Ich wusste, dass wir niemals auch nur einen annähernd ähnlichen Penny finden würden. Ingvilde sah das genauso. Aber wissen Sie, was sie machte? Sie fertigte einfach einen anderen, völlig identischen Penny an. Online hatte sie die Unterlagen der Firma entdeckt und gab die Zeichnung einem ortsansässigenMaschinenschlosser. Sie selbst trimmte die Münze dann auf alt. Wie ein Meisterchemiker verwendete sie die richtige Mischung aus Salz, Sauerstoff und künstlichem Sonnenlicht. Aber vor allem sorgte sie dafür, dass der Penny von vor 1980 stammte, da die amerikanische Regierung den Kupferanteil in diesem Jahr drastisch reduziert hatte. Sie wissen schon … Wenn man ihn flach drückt und das Metall im Innern sieht … Sorry … „So genau wollte ich es gar nicht wissen!“ wie Ihr Amerikaner immer zu sagen pflegt. Ich erwähne es nur, um zu demonstrieren, mit welcher Hingabe wir unsere Arbeit tun. Ingvilde arbeitet nebenbei bemerkt für einen Mindestlohn. Sie ist wie ich, sie hat auch das „Reichen-Syndrom“.
    Wir erreichen Deck F, das unterste Deck an Bord der African Queen. Zwar ist auch hier alles künstlich beleuchtet wie auf den oberen Decks, doch die Birnen verbreiten eine trübe Helligkeit, wie man sie aus Vorkriegszeiten kennt . Wir versuchen, Sonnenlicht zu simulieren, erklärt Kiersted, und jedes Abteil ist mit besonderen Geräuschen und Gerüchen versehen, die exakt auf den jeweiligen Auftraggeber zugeschnitten sind. Meistens sind es friedliche Dinge – der Duft von Pinien und Vogelgezwitscher –, aber das hängt wirklich von jedem Einzelnen ab. Wir hatten mal einen Mann vom chinesischen Festland – ein Testfall –, um herauszufinden, ob es sich für die chinesische Regierung lohnt, ein eigenes Verfahren in Gang zu setzen. Er kam aus Tschungking und brauchte den Verkehrslärm und die Luftverschmutzung. Unsere Leute mussten tatsächlich eine Audiodatei mit den Geräuschen bestimmter chinesischer Autos und Lkw zusammenstellen und diesen giftigen Dunst aus Kohle, Schwefel und verbleitem Benzin.
    Es klappte. Genau wie mit dem Penny. Aber das musste es auch. Denn warum zum Teufel sollten wir es sonst tun und so viel Zeit und Geld investieren und auch die geistige Gesundheit unserer Mitarbeiter aufs Spiel setzen. Warum lassen wir ständig etwas nacherleben, wenn die ganze verdammte Welt versucht zu vergessen? Weil es funktioniert. Weil wir Menschen helfen. Wir geben ihnen genau das, was der Firmenname besagt. Unsere Erfolgsrate beträgt vierundsiebzig Prozent. Die meisten unserer Auftraggeber sind danach in der Lage, wieder so etwas wie ein „normales“ Leben aufzunehmen, die Tragödiezu überwinden, eine Art „Abschluss“ zu finden. Das ist der einzige Grund, warum man jemanden wie mich hier findet, und dies ist der beste Ort, um mit dem „Reichen-Syndrom“ fertig zu werden.
    Wir gehen auf das letzte Abteil zu. Kiersted greift nach seinem Schlüssel, dann wendet er sich an mich. Wissen Sie, vor dem Krieg bedeutete „reich“ zu sein in der Regel materiellen Wohlstand – Geld, Immobilien, alle möglichen Dinge. Meine Eltern hatten nichts von alldem, nicht einmal in einem sozialistischen Land wie Dänemark. Einer meiner Freunde war reich und bezahlte immer für alles, auch wenn ich ihn nie darum bat. Er hatte ständig Schuldgefühle wegen seines Reichtums und gab mir gegenüber sogar einmal zu, wie „unfair“ es doch

Weitere Kostenlose Bücher