The Walking Dead: Roman (German Edition)
hervorzubringen. »Wie auch immer.«
Nick glaubt seinen Ohren nicht zu trauen. Er starrt Philip ungläubig an. »Wie auch immer?«
Philip dreht sich um und geht. Er zieht die Glock aus dem Gürtel, entsichert sie und ballert auf die Bretterwand der Scheune. BUUUUMMMMM ! Der Rückstoß fährt durch seine Hand ins Handgelenk, und der laute Knall lässt Brian zusammenzucken. BUUUUMMMMM ! Ein weiterer Schuss. Das Mündungsfeuer erhellt kurz die düstere Scheune, und die Kugel zerfetzt einen Teil des maroden Tors. BUUUUMMMMM ! Der dritte Schuss landet in den Dachsparren. Schutt, Staub und Heu regnen auf sie herab.
Wütend tritt Philip gegen das Flügeltor und stürmt aus der Scheune.
Dann herrscht Schweigen. Brian hat während der ganzen Zeit nicht aufgeschaut. Auch jetzt lässt er den Kopf gesenkt und starrt trostlos auf das verschimmelte Heu. Nick wirft einen letzten Blick auf die leblosen Körper und gibt ein langes, schmerzvolles Seufzen von sich, ehe er den Kopf schüttelt. »Nicht zu glauben«, sagt er schließlich.
Etwas schwingt in seiner Stimme mit – ein Anflug von Furcht? –, was Brian zeigt, dass sich etwas in ihrer kleinen Patchworkfamilie verändert hat – unwiderruflich für immer.
Zwanzig
W as zum Teufel macht er da?« Nick steht am Fenster des Wohnzimmers und starrt in den bewölkten Morgen hinaus.
Am anderen Ende des Vorhofs direkt hinter der Auffahrt zerrt Philip seine Tochter an einer Art Hundeleine aus diversen Teilen, die er im Geräteschuppen gefunden hat, hinter sich her. Von fern sieht es wie ein langes Kupferrohr mit einem Stachelhalsband. Philip zieht Penny hinter sich her zu dem Ford S-10 Pick-up, der auf dem Stück Gras geparkt ist. Der Wagen stammt von Glatzkopf und seiner Bande. Jetzt hat Philip ihn beschlagnahmt und mit Essen, Waffen und Bettzeug beladen.
Penny zischt und knurrt, während sie sich widerwillig durch die Gegend zerren lässt. Sie greift nach dem Kupferrohr und beißt Löcher in die Luft. Im wässrigen Morgenlicht ähnelt ihr totes Gesicht einer lebendig gewordenen Halloween-Maske aus wurmgrauem Ton.
»Das versuche ich dir doch schon die ganze Zeit klarzumachen«, meint Brian, der neben Nick steht und ebenfalls auf die bizarre Szene starrt, die sich draußen abspielt. »Er ist heute Morgen aufgestanden und hat behauptet, dass wir keinen Augenblick länger hierbleiben können.«
»Wieso?«
Brian zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung … Nach all dem, was passiert ist … Ich glaube, die ganze Gegend hier ist für ihn verseucht, voller Geister … Was weiß ich, was in seinem Kopf vorgeht.«
Brian und Nick haben die ganze Nacht über kein Auge zugemacht, sondern Unmengen von Kaffee getrunken und sich über die Situation unterhalten, in der sie sich befinden. Nick glaubt, dass Philip jetzt endgültig durchgedreht ist. Die schreckliche Geschichte mit Penny und der Druck, sich um Brian und ihn zu kümmern, seien einfach zu viel gewesen. Obwohl Nick es nicht klar ausspricht, glaubt er, dass der Teufel nun Besitz von Philip genommen hat. Brian ist zu erschöpft, sich mit Nick über metaphysische Themen zu unterhalten, aber es gibt keinen Zweifel daran, dass sich die Lage drastisch verschlimmert hat.
»Lass ihn gehen«, meint Nick endlich und wendet sich vom Fenster ab.
Brian wirft ihm einen Blick zu. »Was soll das heißen? Willst du damit etwa sagen, dass du hierbleiben willst?«
»Genau das. Ich bleibe hier, und ich finde, das solltest du auch.«
»Nick, mach keine Scherze.«
»Wie können wir ihm weiter hinterherlaufen? Nach dieser ganzen Sache … Nach all dem, was hier passiert ist?«
Brian fährt sich über den Mund und überlegt einen Augenblick. »Pass auf. Ich sage es gerne noch einmal. Was er mit diesen Leuten angestellt hat, ist unvorstellbar. Er ist vom Weg abgekommen, und ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn jemals wieder mit gleichen Augen sehen werde … Aber wir müssen überleben – nicht mehr und nicht weniger. Wir dürfen uns nicht trennen. Unsere beste Chance besteht darin, dass wir zusammenhalten. Komme, was wolle.«
Nick schaut wieder aus dem Fenster. »Glaubst du wirklich, dass wir es bis zu Küste vom Golf von Mexiko schaffen? Das sind locker sieben-, wenn nicht achthundert Kilometer.«
»Ich wiederhole mich gern: Unsere beste Chance besteht darin zusammenzuhalten.«
Nick sieht Brian an. »Er hat seine tote Tochter an einem Halsband. Er hat dich beinahe zu Tode geprügelt. Brian, der Mann ist eine tickende Zeitbombe, die
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