The Walking Dead: Roman (German Edition)
lenke die Beißer vom Gebäude fort.«
»Nein … nein .«
»Nur lange genug, bis wir uns neuen Proviant organisieren können. Dann komme ich wieder.«
Philip sieht seine eigenen Holzfällerstiefel bei der Tür stehen – genau dort, wo er sie letzte Nacht ausgezogen hat. »Reich mir doch bitte mal die Stiefel«, fordert er sie auf. »Wenn du schon den Entschluss getroffen hast, will ich nicht dazwischenfunken. Aber auf eigene Faust machst du das auf gar keinen Fall.«
Zwölf
Wieder einmal ist es der Gestank, der ihn beinahe umwirft, als er sich aus dem Fenster der Wohnung 3F lehnt – ein nach Kupfer riechender Cocktail aus menschlichen Ausscheidungen, die langsam in schimmeligem Schinkenspeck angebraten werden, ein Geruch, der so widerlich ist, dass sich Philip konzentrieren muss, um bei Sinnen zu bleiben. Seine Augen beginnen zu tränen, als er sich durch den Spalt zwängt. An diesen Gestank wird er sich nie gewöhnen.
Er klettert auf den rostigen Absatz aus Gusseisen. Dreimal muss er die Treppe im Zickzack hinunter – bei jeder Kurve wartet eine Standfläche auf ihn –, ehe er in einer Seitenstraße landet. Bereits beim ersten Schritt wackelt das gesamte Gerüst unter Philips Gewicht. Sein Magen macht einen Satz, als eine der Standflächen beinahe nachgibt. Hastig hält er sich am Geländer fest.
Das Wetter hat sich verändert. Es ist jetzt trist und feucht. Der Himmel ist grau in grau, und der Nordostwind fegt durch die tiefen Stadtschluchten. Zum Glück gibt es unten in der Seitenstraße nur vereinzelte Beißer, die an der südlichen Seite des Gebäudes herumirren. Philip blickt auf seine Armbanduhr.
In circa einer Minute und fünfundvierzig Sekunden wird April ihr Leben aufs Spiel setzen. Mehr braucht Philip nicht, um sich zu fangen. Rasch klettert er die erste Treppe hinunter. Das wackelige Gestell ächzt unter seinem Gewicht und droht bei jedem Schritt zusammenzubrechen.
Während des Abstiegs merkt er, wie sich die silbernen Augen der untoten Kreaturen unter ihm auf ihn richten. Das Klappern der Treppe hat sie aus ihrer Stumpfheit gerissen. Jetzt sind ihre primitiven Sinne auf ihn ausgerichtet, verfolgen ihn, riechen ihn, spüren die Vibrationen wie eine Spinne, die eine Fliege im Netz weiß. Dunkle Silhouetten, die er im äußersten Augenwinkel wahrnimmt, schlurfen langsam in seine Richtung. Immer mehr kommen um die Ecke des Haupteingangs zu ihm herüber, um nachzusehen, was da vor sich geht.
Das wird lustig, denkt er, als er vorsichtig zu Boden gleitet, um rasch über die Straße zu rennen. Fünfundsechzig Sekunden. Der Plan lautet, so schnell wie möglich alles über die Bühne zu bringen. Philip schleicht sich geschmeidig an den vernagelten Schaufenstern vorbei. Als er an der östlichen Ecke des Gebäudes ankommt, findet er einen zurückgelassenen Chevy Malibu mit einem Kennzeichen, das davon zeugt, dass er nicht in Georgia zugelassen wurde.
Fünfunddreißig Sekunden.
Als sich Philip neben den Malibu hinkniet und rasch seinen Rucksack abnimmt, hört er, wie die schlurfenden Schritte hinter ihm näher kommen. Seine Hände sind ruhig, als er die kleine benzingefüllte Colaflasche hervorholt. Das Benzin hat April im Keller des Hauses in einem Reservekanister gefunden.
Fünfundzwanzig Sekunden.
Er schraubt den Verschluss auf, steckt einen benzingetränkten Putzlappen hinein und stopft das Ganze in den Auspuff des Malibus. Der Lappen dient als Lunte und ragt gut zwanzig Zentimeter aus dem Rohr heraus. Er holt ein Feuerzeug hervor, entzündet es und hält es an den Stofflappen. Dann rennt er so schnell es geht in Deckung.
Zehn Sekunden.
Er schafft es über die Straße, drängt sich an ein oder zwei Beißern vorbei und springt in eine düstere Gasse hinter zwei Müllcontainer, ehe er die erste Explosion hört – das war die Colaflasche im Auspuff –, gefolgt von einem zweiten, viel lauteren Knall.
Philip duckt sich und bleibt kauernd auf dem Boden. Die ganze Straße vibriert, und ein Feuerball steigt empor, der selbst die dunkelsten Ecken im gesamten Umkreis erhellt.
Genau nach Plan, denkt April, während sie im Schatten des Eingangsbereichs wartet. Die Erschütterung reißt an der Glastür. Die Glühbirne, die über ihr zerplatzt, schimmert wie das Stroboskoplicht eines unsichtbaren Fotografen. Sie schielt durch die untere Hälfte der verriegelten Tür und beobachtet eine Veränderung in den Scharen der Untoten. Wie die Wogen eines Meeres, die von der Anziehungskraft des Mondes hin
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