The Walking Dead: Roman (German Edition)
gewesen war, auf Tara gestürzt. Ehe sich die gewichtige Frau orientieren und flüchten kann, ist der Untote auf ihr.
Kalte, graue Finger bearbeiten unbeholfen ihre Kehle. Sie wird gegen die Wand gedrückt und versucht sich mit Schlägen zu wehren und das Monster von sich zu stoßen. Aus dem bereits verwesenden, aufgerissenen Kiefer entweicht ein widerlicher Gestank. Die schwarzen Zähne blitzen gierig auf, und die Kreatur beäugt das weiße Fleisch über ihrer Halsschlagader.
Tara schreit auf. Doch ehe die Zähne zuschnappen können, schnellt der Baseballschläger hernieder. Halleluja?
Bis zu jenem Moment war der Akt, eine untote Leiche außer Gefecht zu setzen, etwas beinahe Alltägliches – insbesondere für Philip. Es war genauso leicht wie ein Schwein vor dem Schlachten zu betäuben. Aber das hier fühlt sich anders an. Der Untote benötigt drei gut gezielte, heftige Schläge.
Der erste gegen die Schläfe des ehemaligen David Chalmers lässt die Kreatur erstarren, sodass die Gefahr für Tara erst einmal gebannt ist. Sie sinkt zu Boden. Tränen fließen ihr über die Wangen, und Rotz läuft ihr aus der Nase.
Der zweite Hieb ist gegen die Schädelseite gerichtet, als sich das Ding seinem Angreifer zuwendet. Der gehärtete Stahl des Schlägers zerschmettert das Scheitelbein und Teile der Nasenhöhlen, sodass ein rosafarbener Schauer durch die Luft spritzt.
Der dritte und letzte Schlag knackt die gesamte linke Hälfte des Kopfs, und die Kreatur sackt in sich zusammen. Das Monster, das einmal David Chalmers war, landet auf einer der heruntergefallenen Kerzen, und sein Speichel, das Blut und die klebrige graue Hirnmasse fängt in den Flammen zu zischen an.
Philip stellt sich vor den Überresten auf. Er schnappt nach Luft, die Hände umfassen noch immer den Schläger. Um die furchtbare Situation noch zu verstärken, ertönen jetzt schrille und durchdringende Pieptöne. Der batteriebetriebene Feuermelder im Flur meldet sich. Es dauert eine Weile, bis Philip realisiert, woher der Ton kommt. Er lässt den blutigen Baseballschläger fallen.
Erst jetzt merkt er den Unterschied. Diesmal, bei dieser Exekution bewegt sich niemand. April starrt ihn an. Brian lässt sie los und blickt ebenfalls fassungslos. Selbst Tara, die sich mittlerweile wieder hochgezogen hat und immer noch schluchzt, schaut ihn ungläubig, beinahe wie gelähmt an.
Das Merkwürdigste ist, dass sie nicht den blutigen Haufen auf dem Boden anstarren, sondern dass alle Augen auf ihn gerichtet sind.
Sie löschen die Flammen und räumen auf. Die Überreste des Zombies werden eingewickelt und in den Korridor getragen. Dort liegt er sicher bis zur Beerdigung.
Zum Glück hat Penny kaum etwas von dem grausamen Schauspiel im Nebenzimmer mitgekriegt. Aber sie hat genug gehört, um sich erneut in ihre einsame Welt zurückzuziehen.
Auch den anderen hat es die Sprache verschlagen. Eine bedrückende Stille beherrscht den Rest des verbleibenden Tages.
Die Schwestern scheinen in eine stumpfe Benommenheit verfallen zu sein. Obwohl sie alles sauber machen, reden sie kein Wort miteinander. Die beiden haben sich die Augen trocken geweint und starren immer wieder Philip an, der ihre Blicke wie kalte Finger spürt, die über seinen Rücken streifen. Was hatten sie erwartet? Sollte sich das Monster erst an Tara laben, ehe es auf sie losgegangen wäre? Wollten sie, dass Philip sich gemütlich mit dem Wesen hinsetzt?
Gegen Mittag des folgenden Tages halten sie einen behelfsmäßigen Gedenkgottesdienst auf einem kleinen, umzäunten Flecken Erde im Hinterhof ab. Philip besteht darauf, das Grab selbst zu schaufeln, und lehnt jegliche Hilfe von Nick ab. Es dauert Stunden. Atlanta ist auf gutem, solidem Georgia-Lehm gebaut, der auch für die vielen Hochhäuser der Stadt hartnäckig genug ist. Aber im Laufe des Nachmittags ist der in Schweiß gebadete und kaputte Philip endlich so weit.
Am Grab singen die Schwestern Davids Lieblingslied – »Will the Circle Be Unbroken«. Sowohl Brian als auch Nick brechen in Tränen aus. Der Song ist herzzerreißend, insbesondere als er in den wolkenlosen, blauen Himmel aufsteigt und sich mit dem allgegenwärtigen Ächzen, Stöhnen und Jammern vermengt, das von der anderen Seite der Umzäunung kommt.
Später sitzen alle bis auf Penny am Tisch im Wohnzimmer und teilen sich eine Flasche Schnaps, die sie in einer der Wohnungen fanden. Die Chalmers-Schwestern erzählen Geschichten von ihrem Dad – aus seiner Kindheit, seinen Anfängen
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