Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)
Haar war gewachsen, aber der düstere Blick, mit dem er den Geldautomaten beschwor, war derselbe geblieben. Wahrscheinlich rauchte er sogar noch und würde immer noch nicht trainieren, auch wenn er auf die dreißig zuging.
Seitdem er mit Gor zusammen war hatte er endlich wieder Fuß, in ein normales, angenehmes Leben gefasst. Ein Leben ohne Komplikationen, ein Leben, in dem man zweimal die Woche gemeinsam ein Fitness-Studio besuchte, um danach gemeinsam essen zu gehen. Ein geselliges Leben mit gemeinsamen Freunden und gemeinsamen Interessen. Ein Leben ohne Machtgefälle. Jetzt, nachdem er Biscuit wieder gesehen hatte, fühlte er sich doppelt glücklich. Ach was, dreifach!
Quentin erfuhr von Medea sowohl, dass Biscuits Mutter gestorben war, als auch wie er mit seinen beiden Strichern die Soiree sprengte. Das sah Biscuit ähnlich. Irgendwo hingehen und seine schizoiden Tendenzen auf Kosten anderer ausleben! Zwei Jahre Therapie hatten Quentins Augen für krankmachende Verhaltensstrukturen geschärft. Der Punkt, über den er nie hinweggekommen war und den er selbst seinem Therapeuten nicht anvertraute, betraf nicht im physischen Schaden oder dem Vertrauensmissbrauch, den Biscuit verursachte, als kein Safeword ihn stoppen konnte, sondern darin, dass Biscuit nie versucht hatte, ihn wieder zurückzugewinnen. Nachdem Quentin ihm mitgeteilt hatte, ihn zu verlassen, und zwar sofort und für alle Zeiten, zündete Biscuit sich lediglich eine Zigarette an. Er rauchte sie, in sich in sich selbst vergraben, seine ganze Persönlichkeit mal wieder auf einen stecknadelkopfgroßen Punkt verdichtet, den er in seinem Inneren verbarg und antwortete: „Das verstehe ich. Ich würde nicht anders handeln.“
Was für eine schwache Entgegnung. Ein Jahr lang hatte Quentin sich Biscuits gleichgültigen Blick jeden Morgen aus dem Gesicht gewaschen, bis er nichts weiter war, als eine Idee, ein Bild, losgelöst von seinem Besitzer.
Und mit Biscuits Augen wollte er sich seine ganze submissive Persönlichkeit, die ihn erst in diese Lage gebracht hatte, vom Körper und seiner Seele spülen. Quentin beschloss Sex auf seiner Prioritätenliste, was Partnerschaften betraf, weit unten anzusiedeln. So weit unten, um Gors Leidenschaft für R'n'B aus den Boxen ihrer wertvollen Anlage beim Akt zu tolerieren. Aber es war schon verdammt hart Mellius Z. zu lauschen, wenn man eigentlich Spaß haben wollte und dabei zusehen musste, wie der Geliebte Duftkerzen anzündete, deren einziger Zweck darin bestand die Stimmung zu verbreiten, die die Handtücher zerstörten, die auf dem Bett lagen. Manchmal legte Gor auch klassische Musik auf, wenn sie intim wurden und Quentin musste ein Gefühl von Übelkeit unterdrücken, als er sich erinnerte, wie Biscuit ihm bei einem ihrer ersten Treffen sagte: „Das Einzige, was ich beim Ficken hören will, sind deine Schreie.“ Und damit konnte Quentin überreich dienen.
Als er auf die Hauptstraße abbog fragte er sich, ob fünf Jahre genug waren, um endlich mit dem verkoksten, brutalen, gleichgültigen Arschloch abzuschließen. Würde er noch mit sechzig nicht dieselbe Bank betreten, nur weil sich der Giftkoch im selben Gebäude aufhielt?
Gedankenverloren nahm er den Weg in seine Kanzlei. Das Leben meinte es gut mit ihm. Notar war ein ziemlich angenehmer Beruf, wie er fand.
Quentin prüfte einen Ehevertrag, machte sich ein paar Notizen, lehnte sich in seinem Bürothron zurück und zupfte an den weißen Manschetten seines Hemdes.
Während er und Biscuit ein Paar waren, hatte er die roten Striemen der Handschellen an seinen Handgelenken oft kaum verstecken können, mit denen er stundenlang an Biscuits Bett oder der Heizung gekettet verbrachte, um auf ihn zu warten; von ihm gefickt, geschlagen, gefüttert und zum Lachen gebracht zu werden. Und morgens schlug Quentin vor der Arbeit die Aufschläge seines Hemdes fast bis zu den Fingerknöcheln um, damit auch bei einer ungeschickten Bewegung der Stoff die Male bedeckte. Wenn er alleine war, hatte er sie ehrfürchtig betrachtet, die Beweise einer großen Liebe, die sich als große Farce, als die größte Dummheit seines Lebens herausstellte.
Dieses Ding in ihm, das nach diesen Sachen gierte, war tot, auch wenn sein Kadaver in letzten Zuckungen seine Fieberträume an Quentin abgab und er sich vor dem Bildschirm seiner Kanzlei die billigsten Gewaltpornos ansah und seine Hände auf die Tischplatte presste, abgestoßen, angeturnt, sich selbst fremd.
Gor machte es noch nicht mal
Weitere Kostenlose Bücher