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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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Nachtlager aufschlagen, ohne dass plötzlich sieben Zwerge hereinplatzen und sich darüber beschweren würden, dass ich mich ihres Tafelgeschirrs bedient hätte. Aber die Eckbank am Fenster, die Küchenzeile und die morschen Treppenstufen, die in zwei Zimmer im Dachgeschoss führten, hatten ohnehin Normhöhe. Keine Hinweise auf kleinwüchsige Bergarbeiter.
    Der Kamin war mit Laub und Vogelnestern verstopft, aber im Mühlenraum nebenan hatte ich einen alten Grill gesehen, den ich ins Wohnzimmer schleppte und als Feuerstelle benutzte. Das war nichts Neues für mich – mit dem Verlust des Stroms hatten wir alternative Möglichkeiten finden müssen, uns und unsere Nahrung aufzuwärmen. Wenn mich der Verfall etwas gelehrt hatte, dann die hohe Kunst des Feuermachens. Nein, wenn ich darüber nachdachte, hatte er mich viel mehr gelehrt, als das Leben im Wohlstand mit Schulpflicht und Bildungsfernsehen je imstande gewesen war.
    Während ich in die lodernden Flammen blickte und dem Knacken des Holzes lauschte, verzehrte ich meine gesamten restlichen Vorräte. Es war sowieso nicht mehr viel da und ich hoffte, in den nächsten Tagen genug Nahrung im Wald zu finden.
    Ich war immer noch einsam, aber ich war nicht mehr verloren. Hier draußen hatte ich eine Chance. Ein warmes Gefühl der Freude durchströmte mich – und gleichzeitig tiefe Müdigkeit.
    Ich legte noch einmal Holz nach, dann ließ ich mich einfach auf die Seite fallen und sank fast augenblicklich in tiefen Schlaf.
     
    Sehr lange konnte ich nicht geschlafen haben, denn kleine Flammen züngelten noch, als ich wieder hochschrak. Ich wusste nicht, was mich geweckt hatte, aber mein Herz raste. Ein böser Traum, wie so oft in den letzten Tagen?
    Dann, viel zu laut in der sonstigen Stille das Schnauben eines Pferds und das Zuschlagen der Garagentür nebenan.
    Nein, dachte ich und sprang auf. Seit Äonen war niemand mehr hier und genau jetzt, genau heute Abend kommt jemand? Ich konnte es nicht fassen.
    Mein Verstand ließ mir keine Zeit, darüber nachzudenken. Bewaffnen. Verstecken.
    Ich verfluchte mich, dass ich Tattooschädels Revolver nicht mitgenommen hatte. Aber ich hatte das Ding einfach so schnell wie möglich wieder loswerden wollen; ich hätte es nicht übers Herz gebracht, die Waffe mit mir herumzutragen, die meinen Vater das Leben gekostet hatte. Ersatzweise holte ich das Taschenmesser aus meinem Rucksack und schlich geduckt durchs Zimmer, damit man mich nicht durch die Fenster sehen konnte. Ich kauerte mich unter die Treppenschräge: von hier aus konnte ich zwischen den Stufen hindurch den gesamten Raum beobachten.
    Als die Haustür mit einem Ruck aufgerissen wurde, zuckte ich zusammen.
    Eilig trat ein zerzauster, dunkelblonder Mann ein, den ich auf Mitte Zwanzig schätzte. Er trug dunkle verschlammte Hosen und etwas, das wohl mal eine Jeansjacke gewesen war. Hektisch sah er sich im Raum um, nahm mich aber in meinem Versteck nicht wahr.
    „Hallo? Jemand da?“
    Ich blieb mucksmäuschenstill in meinem Versteck.
    Schnell schloss er die Tür hinter sich und ließ seinen Rucksack und zwei fleckige Plastiktüten fallen. Mit einem Zipfel seines verschlissenen blauen Hemds wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht, während er zum nächsten Fenster ging und knapp am Rahmen vorbei in die Dunkelheit spähte.
    Meine Zehen begannen schon taub zu werden, als er sich endlich entspannte und sich erneut umsah. „Hallo? Halloho?“
    Ich versteinerte und sein Blick glitt über mich hinweg. Doch dann ging er auf die Tür zum Mühlenraum zu, schaute auf dem Weg dorthin zufällig zur Treppe und sah mich dahinter hocken.
    Sobald ich mich enttarnt fand, sprang ich hervor, das Taschenmesser ausgestreckt, und rief: „Keinen Schritt weiter!“
    Er erstarrte. Sah mich an und dann das Messer in meiner zitternden Hand. Und in seinem Gesicht breitete sich langsam ein Grinsen aus.
    „Okay, kein Stress“, sagte er. „Ich möchte ungern mit dem Korkenzieher zu Tode gebohrt werden.“
    Mein Blick fiel auf meine Waffe und ich erkannte peinlich berührt, dass ich in der Dunkelheit aus Versehen den Weinöffner ausgeklappt hatte. Aber immerhin war auch der geeignet, potentiellen Angreifern Schmerz zuzufügen, auch wenn ich niemanden zu Tode bohren wollte, wie der Eindringling angenommen hatte. Ich schwieg also verbissen und hielt den Korkenzieher weiterhin zur Verteidigung ausgestreckt.
    Der Mann hielt seine Hand beschwichtigend hoch. „Entschuldigung, dass ich hier so reingeplatzt bin.

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