Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
ich damit an all meinen Bemühungen des vergangenen Jahres Verrat, aber ich wurde dafür mit einem Lächeln von Louis belohnt und mein Herz schlug schneller.
„Wirklich?“
„Na klar. Glaubst du, du kannst mir einfach das Leben retten, ohne das Höhlenweibchen zu entfesseln?“
„Was? Wen?“
„Mein inneres Höhlenweibchen. Nicht zu verwechseln mit meiner inneren Amazone. Die beiden liefern sich seither erbitterte Kämpfe.“
Seltsamerweise schien er mit meinem Gebrabbel etwas anfangen zu können. Er lachte. „Wer von den beiden ist denn gerade in der Kommandozentrale?“
Ich überlegte einen Moment. „Keine Ahnung. Ich?“
„Gut so.“ Er strich mir eine Haarsträhne, die mir ins Gesicht gefallen war, hinters Ohr, ließ seine Hand dann aber dort und streichelte meine Wange mit dem Daumen. Sanft sagte er: „Du siehst sehr schön aus.“
Anstatt mich zu freuen, dass die hektischen Flecken verschwunden oder zumindest im Mondlicht anscheinend unsichtbar waren, schnaubte ich ironisch und schüttelte den Kopf. „Bestimmt.“
Meine Haare waren seit dem Vorabend ungewaschen, ich hatte Augenringe, die gefühlt bis zu den Nasenflügeln gingen, und Makeup war seit dem Verfall Mangelware – und bei den Amazonen ohnehin unbekannt. Abgesehen davon war ich in meiner Lederhose und dem verwaschenen dunkelgrünen Arbeits-Shirt, das durch den Kampf außerdem verdreckt war, mit Sicherheit meilenweit von einem Outfit entfernt, das er als hinreißend bezeichnet hätte.
Aber auch ohne diese offensichtlichen Defizite hätte ich mich niemals als schön bezeichnet. Schön, das waren die anderen, aber doch nicht ich. Ich fragte mich argwöhnisch, zu welchem Teil seiner Strategie es gehörte, mir erlogenen Honig ums Maul zu schmieren.
„Wirklich!“ Er sah mich fast ehrfürchtig an. „Dein Gesicht, deine Haare, Augen, Lippen, alles perfekt.“
Oh Göttin, er meinte es ernst. Er hat doch einen an der Klatsche, ich wusste es. Aber all mein innerlicher Spott konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass meine Knie wieder zu zittern begonnen hatten, und ich klappte sie um, damit es nicht auffiel.
„Danke“, brachte ich hervor. „Dann bin ich immer noch ein bisschen liebenswert, obwohl ich … keine lustigen Stiefel trage?“ Das peinliche Nachthemd wollte ich nicht noch einmal ansprechen.
„Sehr.“ Ausgehend von der Berührung seiner Hand floss das Summen zu meinem Herzen, verwandelte Verwirrung und Zweifel in pures, goldenes Glück. Alles war plötzlich glücklich. Von meinen Haarwurzeln bis zu den Zehenspitzen – und der ganze Rest dazwischen.
„Du hast mich geküsst. In der Cinemathek“, erinnerte ich mich. Erinnerte ich ihn . Zaunpfahlwinkend.
„Ging nicht anders. Entschul–“
„Schon verziehen." wiederholte ich eilig.
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, um die Lücke zwischen unseren Gesichtern zu schließen, die ohnehin auf nur wenige Zentimeter zusammengeschrumpft war, da zog er mich zu sich heran und küsste mich auf die Lippen. Erst ganz sanft, wie ein Windhauch, dann mit jedem Atemzug stürmischer.
Im ersten Moment schien mein Herz stehen zu bleiben, dafür klopfte es doppelt so schnell, als ich seinen Kuss mit all der Liebe und Verzweiflung erwiderte, die ich in den letzten Monaten unter Verschluss gehalten hatte. Und davon war mehr in mir, als ich vermutet hatte. Ich schlang meine Arme um ihn und spürte, wie er mich noch enger an sich drückte, seine Haut auf meiner, das laute Klopfen meines Herzens – und des seinen.
Nach diversen Aktivitäten, die mein ansonsten untätiger Verstand als erste wilde Knutscherei ever zu Protokoll gab, löste ich mich von Louis und blickte in seine Augen. Ich hatte immer das Gefühl gehabt, dass sie mir bis in die Tiefen meiner Seele blicken konnten, aber diesmal tat es nicht weh. Es tat gut. Die Verbindung stand.
Ich hatte ihn wohl angestarrt wie das achte Weltwunder, denn Louis grinste mich plötzlich an und das warme Gefühl, das dabei in mir aufsprudelte, brachte das unbedingte Bedürfnis mit sich, ihn noch einmal zu küssen. Gerade, als sich unsere Lippen berühren wollten, verdunkelte sich der Mond. Eine plötzlich vor uns aufragende Gestalt tauchte uns in Schatten.
„Aella!“
Mist.
Soundtrack
Manowar – Black Wind, Fire and Steel (1987)
Black wind always follows
where my black horse rides –
fire's in my soul, steel is on my side
Samael – Telepath (2004)
Ride the wind, take on your destiny –
you gotta get much higher
Nirvana
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