Theo Boone - Unter Verdacht: Band 3 (Heyne fliegt) (German Edition)
Scheidungsvereinbarungen aus und verbrachte viel Zeit bei Gericht, daher wusste sie, dass es ohne Kompromissbereitschaft nicht ging. Ihre sanfte, ruhige Art entspannte die Situation etwas.
Es war eine Patt-Situation. Mr. Treen wollte nicht allein gehen. Seine Frau wollte nicht mit ihm gehen. Und niemand wollte einen Bewaffneten provozieren.
Mr. Treen gab nach und verhinderte damit, dass die Situation eskalierte. » Also gut, dann reden wir eben.«
» Ich bringe den Kaffee«, sagte Elsa rasch.
Die Treens und die Boones betraten das Besprechungszimmer und schlossen die Türen. Zuerst wussten Theo und Elsa nicht recht, ob sie die Polizei rufen oder auf Mr. Boone warten sollten. Theo sorgte sich um seine Eltern, die sich in einem Raum aufhielten mit einem aufgebrachten, emotional labilen Mann, der eine Pistole mit sich herumschleppte. Was, wenn sich die Sache doch noch zum Schlechteren wendete und plötzlich im Besprechungszimmer Schüsse fielen? Theo hätte die Polizei am liebsten sofort alarmiert.
Elsa hielt das für keine gute Idee. Mr. Treen hatte sich zu einem friedlichen Gespräch bereit erklärt. Wenn die Polizei auftauchte und ihn wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz festnahm, verlor er vielleicht völlig den Halt und geriet das nächste Mal wirklich außer Kontrolle. Elsa vertraute darauf, dass ihre Arbeitgeber die Lage in den Griff bekamen und vielleicht sogar einige Probleme der Treens lösten.
Sie rief einen Glaser, der einen 24-Stunden-Service anbot.
Die Minuten vergingen, ohne dass im Besprechungszimmer Schüsse knallten. Noch nicht einmal wütendes Geschrei war zu hören.
Theo beruhigte sich einigermaßen, obwohl er von den Ereignissen des Tages nach wie vor ziemlich mitgenommen war. Gemeinsam mit Elsa machte er Fotos vom Büro, die sie der Polizei zeigen wollten. Dann kehrten sie die Scherben zusammen, bewahrten den Stein aber als Beweisstück auf. Es war schon dunkel, als der Glaser eintraf, um die zerbrochenen Scheiben zu ersetzen.
Normalerweise ging Familie Boone jeden Dienstagabend von der Kanzlei die paar hundert Meter zur Obdachlosenunterkunft in der Highland Street, wo sie bei der Essensausgabe halfen und auch sonst ihre Unterstützung anboten. So hatte Mrs. Boone mit drei anderen Strattenburger Anwältinnen eine kostenlose Rechtsberatung für misshandelte Frauen aufgebaut, von denen mehrere obdachlos waren und in der Unterkunft Zuflucht gefunden hatten. Mr. Boone beriet Mandanten, die rechtswidrig aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben worden waren oder denen Sozialleistungen verweigert wurden. Theos Aufgabe war es, den obdachlosen Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen.
Da sich die Besprechung mit den Treens in die Länge zu ziehen schien, beschloss Theo, allein in die Highland Street zu fahren. Seine Eltern konnten nachkommen, zumindest um einen Bissen zu essen. Wenn die Obdachlosen versorgt waren, gönnte sich die Familie immer einen Teller Suppe oder ein belegtes Brot, bevor es mit der Rechtsberatung weiterging. Theo war am Verhungern und hatte die Nase voll von der Kanzlei. Er verabschiedete sich von Elsa und fuhr mit dem Rad zur Obdachlosenunterkunft. Für das Abendessen war er zu spät dran, aber er fand in der Küche ein paar Reste.
Im Augenblick erteilte er den Koback-Jungen Mathe-Nachhilfe. Russ war acht und Ben sieben. Die beiden wohnten seit zwei Monaten mit ihrer Mutter in der Obdachlosenunterkunft. Mrs. Boone kümmerte sich um die rechtlichen Probleme von Mrs. Koback. Theo kannte keine Einzelheiten, wusste aber, dass die kleine Familie eine furchtbare Tragödie erlebt hatte. Mr. Koback war im Ausland ums Leben gekommen, unter Umständen, über die niemand reden wollte. Nach seinem Tod hatte die Familie alles verloren und mehrere Wochen in einem alten Lieferwagen gelebt, bis sie Betten in der Unterkunft bekam.
Für sein Eagle-Scout-Projekt wollte Theo ein Programm organisieren, bei dem jugendliche Freiwillige, die einen Führerschein besaßen, Patenschaften für obdachlose Kinder übernahmen. Außerdem hätte er gern eine weitere Unterkunft gebaut– zu viele Menschen lebten noch in Zelten und unter Brücken. Allerdings hatte ihm sein Vater schon gesagt, dass er dafür Millionen brauchen würde.
Wie immer waren die Koback-Kinder bedrückt und scheu. In ihrem jungen Leben hatten sie nur Chaos kennengelernt. Mrs. Boone meinte, die beiden seien traumatisiert und bräuchten psychologische Hilfe. Theo gelang es tatsächlich, sie ein paarmal zum Lächeln zu bringen,
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