Theopolis - Heimat meines Herzens
Realität hatte sich als weitaus belastender erwiesen. Außerdem hatte auch er in der ersten Zeit getrauert und doppelt unter einem schmerzlichen Verlust gelitten – nicht nur wegen des Todes seines Vaters, sondern auch wegen Joannas Weigerung, mit ihm zu sprechen. Es war verrückt, aber er brauchte dringend Trost, und sie war der einzige Mensch, von dem er sich diesen Beistand wünschte.
Irgendwie hatte er das Schlimmste geschafft. Und obwohl Constantine stets eifersüchtig über seine Position im Konzern gewacht hatte, war Demetri zu der Einsicht gelangt, dass es Zeit für einen Wechsel war. Demzufolge hatte er Olivia – zu ihrer größten Freude – als seine Stellvertreterin berufen und Nikolas Poros sowie einigen anderen Direktoren echte Entscheidungsbefugnisse erteilt.
Da er nun sicher sein durfte, dass die Firma in seiner Abwesenheit keinen Schaden nehmen würde, konnte er sich endlich seinen eigenen Belangen widmen. Er hatte seit der Beisetzung mit Joanna reden wollen, und jetzt würde sie sich anhören müssen, was er zu sagen hatte, ob es ihr gefiel oder nicht.
Ihm war natürlich klar, dass sie ihn nicht hier haben wollte. Während ihres Aufenthalts in Athen hatten sie zwar eine gewisse Höflichkeit gewahrt, aber ihre Loyalität seinem Vater gegenüber hatte jegliche Offenheit im Keim erstickt. Er hatte keine Ahnung, ob sie wusste, dass Constantine über ihr Zusammensein in jener verhängnisvollen Nacht informiert war und ihm vergeben hatte. Es hatte keine Gelegenheit gegeben, dieses Thema während der letzten hektischen Tage in der Klinik anzuschneiden, zumal Joanna es stets abgelehnt hatte, sich von ihm ins Hotel fahren zu lassen. Sie hatte sich völlig zurückgezogen und schien nur in der Nähe seines Vaters zum Leben zu erwachen. Manchmal hatte er das Gefühl gehabt, sie würde ihn hassen. Wie hätte er ihr da von seinen eigenen Empfindungen berichten sollen, ohne einen endgültigen Bruch mit ihr zu riskieren?
Sie war unmittelbar nach der Beisetzung abgereist, lange bevor Marcos Thexia die Familie zur Testamentseröffnung zusammengerufen hatte. Als Haupterbe war Demetri gezwungen gewesen, die Rolle des Familienoberhauptes zu übernehmen. Er hatte die Investoren seines Vaters beruhigen, seine Schwestern trösten und seinem Großonkel versichern müssen, dass er nicht beabsichtige, ihn aus der Villa zu verdrängen, und so waren aus Tagen Wochen geworden. Demetri hatte das Gefühl, nicht mehr richtig geschlafen zu haben, seit sein Vater in die Athener Klinik gebracht worden war.
Er wusste, dass Spiro um ihn besorgt war und deshalb darauf bestanden hatte, ihn bei diesem eigentlich privaten Besuch zu begleiten. Da die Leibwächter bei Olivia bleiben sollten, hatte er behauptet, sich in Olivias Auftrag um Demetris Sicherheit kümmern zu müssen. Demetri kannte jedoch die Wahrheit: Sowohl seine Schwester als auch Spiro unterstützten seine Entscheidung, herzukommen. Olivia hatte endlich akzeptiert, dass Joanna wichtig für ihn war – auch wenn Joannas Verhalten unmissverständlich zeigte, dass er ihr nichts bedeutete.
Trotzdem musste er ergründen, warum sie nicht mit ihm sprechen wollte. Und sei es nur, um seinen Seelenfrieden wiederzufinden. Er wollte sie sehen. Er musste sie sehen. Er musste wissen, was wirklich in jener Nacht in der Villa zwischen ihnen passiert war …
Joanna hörte die Klingel, als sie die Küchenschränke reinigte. Immer und immer wieder. Vermutlich ein Vertreter, der sich Zutritt zum Gebäude verschaffen wollte. Manchmal passierte es, dass so lange auf alle Knöpfe gedrückt wurde, bis jemand schließlich die Geduld verlor und den Türöffner betätigte. Normale Besucher läuteten ein paar Mal, dann gaben sie auf.
Sie war daher recht erstaunt, als es wenig später bei ihr klopfte. Da ein Vertreter in so kurzer Zeit unmöglich das ganze Haus abgeklappert haben konnte, streifte sie ohne Zögern die Gummihandschuhe ab und ging zur Tür.
Sie machte natürlich nicht sofort auf. Obwohl sie Richard seit einigen Jahren nicht mehr gesehen hatte, bestand immerhin die Möglichkeit, dass er von Constantines Tod gelesen und beschlossen hatte, sie erneut unter Druck zu setzen. Nach den üblen Erfahrungen der Vergangenheit hatte sie sich angewöhnt, vorsichtig zu sein.
Als wieder heftig gegen die Tür gehämmert wurde, spähte sie durch den Spion. Erschrocken sprang sie zurück. Demetri! Es dauerte einige Sekunden, bis sie den Schock überwunden hatte. Demetri war hier. Gütiger Himmel,
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