Throne of Glass – Die Erwählte
gereizt hinzu, »das habe ich.«
»Ihr seid heute Abend ziemlich kratzbürstig«, sagte Dorian, während er ihr folgte. Er blieb einen Schritt hinter ihr stehen, aber der Raum zwischen ihnen fühlte sich seltsam intim an, besonders als er raunte: »Nicht annähernd so gesprächig wie heute Nachmittag.«
»Ich bin kein seltsames Ding, das man begaffen kann!« Sie kam noch näher. »Ich bin keine Jahrmarktssensation und lasse mich nicht von Euch benutzen, um Eure unerfüllte Sehnsucht nach Abwechslung und Abenteuer zu stillen! Was zweifellos der Grund ist, warum Ihr mich zu Eurem Champion gemacht habt.«
Dorians Kinnlade klappte nach unten und er wich einen Schritt zurück. »Was?« war alles, was er herausbrachte.
Sie stolzierte an ihm vorbei und ließ sich in den Lehnstuhl fallen.Wenigstens verließ sie nicht den Raum. »Habt Ihr ernsthaft geglaubt, ich würde nicht merken, warum Ihr heute Abend gekommen seid? Jemand, der mir Die Krone eines Helden zu lesen gegeben hat, was auf einen eher fantasievollen Geist voller Sehnsucht nach Abenteuern schließen lässt?«
»Ihr seid für mich kein Abenteuer«, murmelte er.
»Nein? Bietet das Schloss so viel Aufregung, dass die Anwesenheit von Adarlans Assassinin nichts Ungewöhnliches ist? Nichts, das einen jungen Prinzen verlocken könnte, der sein Leben lang bei Hof eingesperrt war? Und was soll eigentlich dieser Wettkampf? Ich stehe Eurem Vater bereits zur Verfügung. Deshalb werde ich noch lange nicht für seinen Sohn den Hofnarren spielen.«
Jetzt war es an Dorian, rot zu werden. Hatte jemals ein Mensch gewagt, ihm so die Meinung zu sagen? Vielleicht seine Eltern und Lehrer, aber sicher keine junge Frau. »Wisst Ihr nicht, mit wem Ihr redet?«
»Mein lieber Prinz«, sagte Celaena gedehnt und untersuchte ihre Nägel, »Ihr seid allein in meinen Räumen. Die Tür zum Flur ist sehr weit weg. Und ich sage, was mir passt.«
Er lachte schallend. Sie richtete sich auf und beobachtete ihn, den Kopf zur Seite geneigt. Ihre Wangen waren gerötet und ließen ihre blauen Augen noch mehr leuchten. Wusste sie, was er gern mit ihr gemacht hätte, wenn sie keine Assassinin wäre? »Ich gehe«, sagte er schließlich und fragte sich nicht länger, ob er das wirklich riskieren konnte – Chaols und seines Vaters Zorn und was immer die anderen Folgen wären, wenn er die Warnungen einfach in den Wind schlug. »Aber ich komme wieder. Bald.«
»Da bin ich sicher«, sagte sie trocken.
»Gute Nacht, Sardothien.« Er blickte sich in ihren Räumen um und grinste. »Aber bevor ich gehe, verratet mir noch eins: Euer geheimnisvoller Liebhaber … er wohnt nicht hier im Schloss, oder?«
Als etwas von dem Licht aus ihren Augen verschwand, wusste Dorian sofort, dass die Frage ein Fehler gewesen war. »Gute Nacht«, sagte sie ein wenig kalt.
Dorian schüttelte den Kopf. »Ich wollte nicht …«
Sie scheuchte ihn mit einer Handbewegung fort, den Blick aufs Feuer gerichtet. Er begriff, dass er gehen sollte, und steuerte auf die Tür zu, wobei jeder seiner Schritte in dem nun zu stillen Raum widerhallte. Er war schon beinahe an der Schwelle, als sie mit ferner Stimme sagte: »Sein Name war Sam.«
Sie starrte immer noch ins Feuer. War Sam … »Was ist passiert?«
Traurig lächelnd sah sie ihn an. »Er ist gestorben.«
»Wann?«, stieß er hervor. Niemals hätte er so gestichelt, nie auch nur einen Ton gesagt, wenn er gewusst hätte …
»Vor dreizehn Monaten«, sagte sie erstickt.
Ein Ausdruck von Schmerz zuckte über ihr Gesicht, so real und grenzenlos, dass er ihn in seinem eigenen Herzen fühlte. »Es tut mir leid«, flüsterte er.
Sie zuckte mit den Schultern, als könnte sie den Kummer, den er immer noch in ihren hell im Feuerschein leuchtenden Augen sah, dadurch irgendwie lindern. »Mir auch«, sagte sie leise und drehte den Kopf wieder zum Kamin.
Mit dem klaren Gefühl, dass sie jetzt nichts mehr hinzufügen würde, räusperte sich Dorian. »Viel Glück bei der Prüfung morgen.« Sie schwieg, als er den Raum verließ.
Ihre herzzerreißende Musik ging ihm einfach nicht aus dem Kopf, nicht einmal, als er die Liste seiner Mutter verbrannte, nicht einmal, als er bis tief in die Nacht ein Buch las, nicht einmal, als er schließlich einschlief.
21
C elaena hing mit zitternden Beinen in der Steinmauer des Schlosses und zwängte ihre teerbedeckten Finger und Zehen in die Ritzen zwischen den riesigen Quadern. Brullo brüllte den anderen neunzehn verbliebenen Champions, die an der
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