Throne of Glass – Die Erwählte
Es wirkt fast, als hättet Ihr eine Seele«, spottete er.
»Natürlich habe ich eine Seele. Jeder Mensch hat eine Seele.«
Sie war immer noch rot. Brachte er sie so in Verlegenheit? Dorian verkniff sich das Grinsen. Das war zu komisch. »Wie haben Euch die Bücher gefallen?«
»Sehr gut«, sagte sie ruhig. »Sie waren sogar richtig schön.«
»Das freut mich.« Ihre Blicke trafen sich und sie zog sich hinter die Lehne des Stuhls zurück. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er sich selbst für den Assassinen gehalten! »Wie läuft das Training? Irgendwelche Gegner, die Euch Ärger machen?«
»Hervorragend«, sagte sie, aber ihre Mundwinkel sanken nach unten. »Und nein. Nach dem heutigen Tag glaube ich kaum, dass einer von uns noch irgendwelchen Ärger machen wird.« Erst nach einer Sekunde begriff Dorian, dass sie den Champion meinte, der beim Fluchtversuch getötet worden war. Celaena knabberte an der Unterlippe und schwieg eine Sekunde, bevor sie fragte: »Hat Chaol den Befehl gegeben, Sven umzubringen?«
»Nein«, antwortete der Prinz. »Mein Vater hat die Wachen angewiesen, jeden zu erschießen, der zu fliehen versucht. Chaol hätte niemals so einen Befehl erteilt«, fügte er hinzu, auch wenn er nicht recht wusste, warum. Aber immerhin verschwand die nervenzermürbende Starre aus ihren Augen. Als sie nichts erwiderte, fragte Dorian, so beiläufig er konnte: »Apropos, wie kommt Ihr mit Chaol zurecht?« Das war natürlich eine völlig harmlose Frage.
Sie zuckte mit den Schultern und er versuchte, nicht zu viel in diese Geste hineinzuinterpretieren. »Gut. Ich glaube, er hasst mich ein bisschen, aber bei seiner Position ist das nicht verwunderlich.«
»Warum glaubt Ihr, dass er Euch hasst?« Aus irgendeinem Grund brachte Dorian es nicht fertig, das zu bestreiten.
»Weil ich eine Assassinin bin und er sich als Captain der Garde dazu herablassen muss, auf den Möchtegern-Champion des Königs aufzupassen.«
»Wünscht Ihr, es wäre anders?« Er grinste sie träge an. Diese Frage war schon nicht mehr ganz so harmlos.
Sie ging in Zeitlupe um den Stuhl herum auf ihn zu und sein Herz tat einen kleinen Sprung. »Wer möchte schon gehasst werden? Obwohl ich lieber gehasst werde, als unsichtbar zu sein. Aber eigentlich spielt es keine Rolle.« Sie klang nicht sehr überzeugend.
»Seid Ihr einsam?« Das war ihm so herausgerutscht.
»Einsam?« Sie schüttelte den Kopf und setzte sich nach all dem Zureden endlich hin. Er unterdrückte den Impuls, den Arm auszustrecken und zu fühlen, ob ihr Haar so seidenweich war, wie es aussah. »Nein. Ich komme sehr gut allein zurecht – solange ich etwas Anständiges zu lesen habe.«
Er sah ins Feuer und versuchte, nicht daran zu denken, wo sie noch vor wenigen Wochen gewesen war – und wie sich diese Art von Einsamkeit angefühlt haben mochte. In Endovier gab es keine Bücher. »Es kann trotzdem nicht angenehm sein, immer nur sich selbst zur Gesellschaft zu haben.«
»Und was wollt Ihr dagegen tun?« Sie lachte. »Ich möchte lieber nicht den Eindruck erwecken, eine Eurer Geliebten zu sein.«
»Und was wäre daran so schlimm?«
»Ich bin als Assassinin berüchtigt genug – und nicht besonders scharf darauf, auch noch Bekanntheit zu erlangen, weil ich Euer Bett teile.« Er verschluckte sich, aber sie sprach weiter. »Muss ich erklären, warum, oder genügt es zu sagen, dass ich mir meine Zuneigung nicht mit Juwelen und anderen Kinkerlitzchen bezahlen lasse?«
Er knurrte. »Ich werde mit einer Assassinin nicht über Moral diskutieren. Schließlich tötet Ihr für Geld Menschen.«
Ihre Augen wurden hart und sie zeigte auf die Tür. »Ihr dürft jetzt gehen.«
» Ihr schickt mich weg?« Dorian wusste nicht, ob er lachen oder schreien sollte.
»Soll ich Chaol kommen lassen, um seine Meinung zu hören?« Celaena verschränkte die Arme. Sie wusste, dass sie gewonnen hatte. Und vielleicht hatte sie auch gemerkt, dass es ziemlich viel Spaß machte, auch ihn ein bisschen zu ärgern.
»Warum werft Ihr mich hinaus, wenn ich die Wahrheit sage? Ihr habt mich gerade immerhin so etwas wie einen Hurenbock genannt.« So viel Spaß hatte er schon ewig nicht mehr gehabt. »Erzählt mir von Eurem Leben – wie seid Ihr eine so meisterhafte Pianofortespielerin geworden? Und was war das für ein Stück? Es war so traurig; habt Ihr an einen heimlichen Liebhaber gedacht?« Er zwinkerte ihr zu.
»Durch Üben.« Sie stand auf und ging auf die Tür zu. »Und ja«, fügte sie
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