Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
ein Monopol auf Leute wie mich?«
    Ich sah mich verzweifelt nach einer Waffe um, fand jedoch nur einen Stuhl – der in immer weitere Ferne zu rücken schien, je länger ich mich nach ihm streckte.
    »Gleif ift ef vorbei.« Frampton grinste. Ihm war ein unglaublich langer, einzelner Vorderzahn gewachsen, der ihm bis über die Unterlippe reichte und ihn zum Lispeln zwang. »Gleif dürfen Fie mit Fpike ein Häppchen effen. Aber erft, wenn
iff
mit Ihnen fertif bin!«
    Er lächelte und riß sein Maul noch weiter auf, bis es beinahe den ganzen Raum zu verschlingen schien. Plötzlich hielt Frampton inne, blickte verwirrt drein und drehte die Augen auf Null. Er wurde erst grau, dann schwarz und schien schließlich zu zerfallen wie ein Stück verbranntes Papier. Der muffige Geruch von Verwesung verdrängte das Formaldehyd, und bald blieb nichts zurück als Spike, der noch immer den angespitzten Pflock in Händen hielt, mit dem er den abscheulichen Frampton zerstört hatte.
    »Fehlt Ihnen was?« fragte er mit triumphierender Miene.
    »Nein, alles bestens«, antwortete ich mit zittriger Stimme. »Ja, doch, es geht mir gut. Noch.«
    Er ließ den Pflock sinken und holte mir einen Stuhl, während flackernd das Licht wieder anging.
    »Danke«, murmelte ich. »Mein Blut gehört mir, und so soll es auch bleiben. Ich glaube, ich stehe in Ihrer Schuld.«
    »Unsinn, Thursday. Ich stehe in
Ihrer
Schuld. Es hat noch nie jemand auf einen Funkspruch von mir reagiert. Die Symptome setzten ein, als ich das Beißerchen hier aufgespürt hatte. Ich kam nicht mehr rechtzeitig an meinen Injektor ran …«
    Er verstummte und starrte traurig auf die Scherben und das vergossene Formaldehyd.
    »Ihrem Bericht wird kein Mensch glauben«, murmelte ich.
    »Kein Mensch
liest
meine Berichte, Thursday. Der letzte, der es versucht hat, ist heute in Therapie. Und so werden Sie einfach abgelegt und vergessen. Genau wie ich. Das Leben ist manchmal sehr einsam.«
    Ich nahm ihn in den Arm. Ich konnte gar nicht anders. Dankbar erwiderte er die Geste; er hatte offenbar schon lange keinen Menschen mehr berührt. Er verströmte einen muffigen, doch keineswegs unangenehmen Geruch – wie feuchte Erde nach einem leichten Frühlingsregen. Er war muskulös und mindestens dreißig Zentimeter größer als ich, und als wir uns so umarmten, schoß mir mit einmal der Gedanke durch den Kopf, daß ich eigentlich gar nichts dagegen hätte, wenn er einen Annäherungsversuch unternähme. Vielleicht lag es an dem Erlebnis, das wir gerade gehabt hatten; ich weiß es nicht – normalerweise tue ich so etwas nicht. Ich ließ meine Hand seinen Rücken hinaufgleiten und umfaßte seinen Nacken, aber ich hatte ihn und die Situation falsch eingeschätzt. Er löste sich vorsichtig von mir und schüttelte lächelnd den Kopf. Der Augenblick war vorbei.
    Ich zögerte einen Moment und schob dann meine Automatik ins Holster. »Was war denn mit diesem Frampton?«
    »Er war gut«, gestand Spike, »verdammt gut sogar. Er hat nicht in seinem eigenen Revier gewildert und wurde auch nie gierig; gerade genug, um seinen Durst zu löschen.«
    Wir verließen das Labor und traten auf den Gang.
    »Und wie sind Sie ihm auf die Spur gekommen?« fragte ich.
    »Reiner Zufall. Er stand an der Ampel hinter mir. Ich habe in den Rückspiegel geschaut – ein leerer Wagen. Ich fuhr ihm nach und
zack
; als er den Mund aufmachte, wußte ich gleich, daß er ein Vampir ist. Wenn meine Krankheit nicht wäre, hätte ich ihn sofort zerstört.«
    Bei seinem Streifenwagen blieben wir stehen.
    »Und was ist mit Ihnen? Besteht Aussicht auf Heilung?«
    »Top-Virologen arbeiten daran, aber vorerst bleibt mir nur, den Injektor stets griffbereit zu haben und die Sonne tunlichst zu meiden.«
    Er holte seine Automatik hervor und zog den Schlitten nach hinten; eine glänzende Patrone sprang aus der Kammer.
    »Silber«, erklärte er und hielt sie mir hin. »Ich nehme nichts anderes.« Er blickte in die Wolken. Der Schein der Straßenlaternen färbte sie orange, und sie jagten über den dunklen Himmel. »Es gibt jede Menge abgefahrenen Scheiß; vielleicht bringt sie Ihnen Glück.«
    »Allmählich habe ich das Gefühl, daß es so etwas wie Glück nicht gibt.«
    »Da geht es Ihnen wie mir. Gott schütze Sie, Thursday, und noch mal vielen Dank.«
    Ich nahm die glänzende Pistolenkugel und wollte noch etwas sagen, doch er war schon verschwunden und durchwühlte den Kofferraum seines Streifenwagens nach einem Staubsauger und einem

Weitere Kostenlose Bücher