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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Unregelmäßigeres als
gehen, ging, gegangen
kann man sich doch gar nicht vorstellen.«
    »Das schon«, sagte Miss Havisham, deren Geduld sichtlich weniger wurde. »Aber sie könnten es missverstehen als
flüchten
, und das ist ein sehr schwaches Verb.«
    »Aber
rennen
ist doch stark«, sagte ich.
    Miss Havisham sah mich mit einem eisigen Blick an. »Rennen schon«, sagte sie. »Aber in den Augen eines hungrigen Verbisoiden sieht es wahrscheinlich sehr nach
abhauen, verduften
oder
sich dünn machen
aus, und das wäre dann ziemlich fatal.«
    »Ja«, sagte ich, »da haben Sie recht.« Denn ich musste mir eingestehen, dass es wahrscheinlich einfacher war, Banquos Geist auf einen Couchtisch zu nageln, als Miss Havisham bei einem Widerspruch zu erwischen.
    »Weißt du«, sagte Miss Havisham etwas milder. »Wenn man Grammasiten durch Weglaufen umbringen könnte, wären sie längst ausgestorben. Halt dich an
Jerusalem
, dann kann dir nicht viel passieren. Allerdings solltest du es nicht bei Adjektovoren oder Parataxies versuchen. Die würden wahrscheinlich mitsingen - und dich anschließend auffressen.«
    Sie schnaubte energisch, packte das Bündel bunter Westen und zog mich in Richtung des Aufzugs, der sich gerade wieder geöffnet hatte. Es war offensichtlich, dass das 22. Untergeschoss nicht ihr bevorzugter Aufenthaltsort war, und ich konnte es ihr nicht verdenken.
    Sie entspannte sich deutlich, während wir aus der Unterwelt in die geordnetere Welt der Bibliothek aufstiegen. Wir waren nicht allein in der Aufzugskabine, sondern wurden von einer gefleckten Jaguarmutter und ihrem Sohn begleitet, dessen Pfote voller Stacheln war. Er beschwerte sich bitterlich über einen Igel und eine Schildkröte. Die Jaguarmutter schüttelte den Kopf: »Ach, mein Sohn«, sagte sie. »Was hast du bloß wieder angestellt?«
    »Und?« sagte Miss Havisham, als sich die Türen geschlossen hatten und der Aufzug langsam in die Höhe glitt. »Wie geht es dir in diesem grässlichen
Caversham Heights?
«
    »Vielen Dank der Nachfrage«, murmelte ich. »Die Figuren haben große Angst, dass der Roman verschrottet wird.«
    »Sicher nicht ohne Grund, vermute ich«, sagte Miss Havisham. »Hunderte von Büchern wie
Caversham Heights
werden täglich verschrottet. Wenn man da irgendwelches Mitgefühl verschwendet, wird man verrückt - also hüte dich, Mädel. Im Brunnen der Manuskripte frisst einer den anderen. Bleib für dich und werd' nicht zu intim mit den Leuten. Kaum, dass du sie zu deinen Freunden gemacht hast, sterben sie weg. Das bleibt gar nicht aus. Eine Frage der erzählerischen Ökonomie.«
    »Caversham Heights
ist gar nicht so übel, um da zu leben«, sagte ich, um ein bisschen Mitgefühl bei ihr zu wecken.
    »Ohne Zweifel«, murmelte sie und starrte zu Boden. »Ich erinnere mich gern an die Zeit, als wir noch im Brunnen waren und
Great Expectations
gebaut wurde. Ich dachte, ich wäre das glücklichste Mädchen der Welt, als man mir sagte, ich würde bei Dickens arbeiten. Charles Dickens! Ich war die Beste meines Jahrgangs am College und - bei aller Bescheidenheit - so etwas wie eine Schönheit. Ich war überzeugt, ich wäre eine wunderbare Estella - vornehm und schön, anmaßend und stolz, aber am Ende doch in der Lage, die ewige Nörgelei ihrer Wohltäterin zu überwinden und wahre Liebe zu finden.«
    »Und was kam dazwischen?«
    »Ich war zu groß.«
    »Zu groß? In einem Roman? Ist das nicht so ähnlich, als wenn man beim Rundfunk die falsche Haarfarbe hat?«
    »Sie haben die Rolle einer kleinen Schlampe gegeben, die aus einem abgewrackten Thackeray gefischt worden war. Die blöde Kuh! Kein Wunder, dass ich sie so mies behandle. Die Rolle hätte von rechts wegen mir gehört.«
    Miss Havisham verstummte.
    »Also noch einmal«, sagte der kleine Jaguar, der den Unterschied zwischen einem Igel und einer Schildkröte nicht richtig begriff. »Wenn es hart ist, werf ich es ins Wasser und hol' es aus seiner Schale -«
    »Söhnchen, Söhnchen!« sagte die Mutter und ließ elegant ihre Schwanzspitze spielen. »Jetzt hör mir mal gut zu: Ein Igel rollt sich zusammen, und seine Stacheln stehen nach allen Seiten weg -«
    »Hast du die Unterlagen für das Jurisfiktion-Examen gekriegt, die ich dir geschickt habe?« fragte Miss Havisham. »Ich habe dich für übermorgen angemeldet, mehr oder weniger.«
    »Oh!« sagte ich mit einem ganz falschen Ton in der Stimme.
    »Probleme?« fragte sie misstrauisch.
    »Nein, Ma'am. Ich fühle mich nur etwas

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