Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
sie unter dem Arm. »Sir. Richter Gundhalinu.« Sie salutierte und lächelte. Dabei sah sie Gundhalinu länger als nötig a überrascht erwiderte der ihren Blick.
»Kommen Sie denn heute in die Survey-Halle, Kitaro?« fragte Vhanu, während Tilhonne und Sandrine sie gleichfalls zu ihnen stellten.
Sie schüttelte den Kopf. »Heute abend nicht, Kommandant. Es war ein langer Tag, und ich dachte mir, ich gehe früh zu Bett.«
Vhanu zuckte die Achseln. »Dann schlafen Sie si ruhig aus.«
Sie kicherte mädchenhaft, was gar nicht zu ihr passte .
»Von Schlafen habe ich nichts gesagt ...« Sie warf den Kopf zurück, und ihre schwarzen Locken glänzten in dem künstlichen Licht. Lächelnd fixierte sie Gundhalinu.
Vhanu hob eine Augenbraue; ihre NonTech-Direktheit behagte ihm nicht. Plötzlich umspielte ein merkwürdiges Lächeln seine Lippen. »Dann wünsche ich Ihnen beiden eine gute Nacht. Kommen Sie mit, Sadhanu, wir wollen die beiden nicht in ihren Plänen für den Abend stören.« Er nickte Sandrine und Tilhonne zu, und sie machten sich auf die Suche nach einem Transportmittel.
Verlegen wünschte Gundhalinu Kitaro eine gute Nacht und ging weiter. Unverdrossen marschierte sie neben ihm her. »Soll ich Sie zu Ihrem Haus begleiten, Sir?«
Neugierig und verdutzt sah er sie an; ihre Aufdringlichkeit ging ihm auf die Nerven. »Nein, danke. Es ist nicht weit, und für Sie wäre es ein Umweg. Ich möchte Sie nicht aufhalten ...«
»Es ist überhaupt kein Umweg, Sir«, behauptete sie. »Ich muß ohnehin noch zum Markt.« Sie kamen an Vhanu, Tilhonne und Sandrine vorbei, die an der Straßenecke standen und auf die Trambahn warteten. Gundhalinu bog in eine Allee ein, die bergan führte, und Kitaro hielt sich dicht bei ihm. Er spürte, wie die anderen ihnen nachdenklich hinterherstarrten. »Chefinspektorin PalaThion möchte, daß ständig jemand bei Ihnen ist, der Ihnen Rückendeckung gibt«, sagte Kitaro, während sie vorgab, sich Schaufensterauslagen anzusehen. »Außerdem klatschen die Leute gern.«
»Ich verstehe«, murmelte er. Er betrachtete die Toreingänge und Hausfassaden an seiner Straßenseite. »Und ich weiß Ihre Umsicht zu schätzen. Mögen die Götter verhüten, daß man den Obersten Richter dabei ertappt, daß er auch nur ein ganz normaler Mensch ist.« Belustigt blickte er sie an.
»Jawohl, Sir.«
Zusammen stiegen sie die steile Straße hinan und plauderten über belanglose Regierungsangelegenheiten. Falls sie von der erfolgreichen Merjagd gehört hatte, so brachte sie das Thema nicht zur Sprache. Und er wagte es nicht, sie um ihre Meinung zu bitten. Selbst nach so langer Zeit wußte er fast nichts über die Inspectorin Kitaro, außer, daß sie eine Sibylle war, und daß KR Aspundh ihr vertraute. Sie war eine NonTechnikerin, und außerhalb der Survey-Halle verkehrte sie nicht mit den Leuten, mit denen er sonst meistens zusammen war. Er hatte keine Ahnung, was sie in ihrer Freizeit tat oder wofür sie sich interessierte.
Er war sich nicht einmal sicher, welchen Rang sie in der Survey-Loge bekleidete, obwohl sie auf einer höheren Ebene fungierte, als man gemeinhin annahm. Sie hatte ihm die Informationen über Reede Kullervo verschafft; sie hatte ihm bei vielen geringeren Problemen geholfen, doch so diskret, daß ihm erst jetzt klar wurde, wie oft sie einsprang, wenn er Unterstützung brauchte, Doch das alles war keine Garantie dafür, wie sie zu der Jagd auf die Mers stand. Im Augenblick hatte er nicht die Kraft, ihre Ansichten zu diesem Thema auf die Pro. be zu stellen.
Statt dessen fragte er: »Konnten Sie schon ein Treffen mit unserem unzugänglichen Freund, dem Schmied, in - rangieren?« Indem er nach Wochen zum erstenmal wie. der an Reede Kullervo dachte, kam ihm plötzlich eine Idee:
Kullervo ist Vanamoinen; und Vanamoinen schuf das
Sibyllennetz . . . das Netz, das jetzt versagt.
Das konnte kein Zufall sein, es hatte etwas zu bedeuten. Doch nur Kullervo konnte ihm den wahren Zusammenhang erklären,
Kitaro schüttelte den Kopf. »Wir waren oftmals nahe daran – aber das Timing klappte nie. Nicht, daß er schwer aufzustöbern wäre – das Problem ist, daß er der Quelle gehört. Jaakola läßt ihn auf Schritt und Tritt beobachten. Ihn von den Spitzeln der Bruderschaft lange genug zu trennen, so daß Sie sich vernünftig mit ihm unterhalten können, ist beinahe unmöglich.«
»Aber nur beinahe?« hakte er nach.
Sie lächelte verschmitzt. »Das Schwierige erledigen wir sofort, das Unmögliche
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