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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Atem aus, und wie von selbst legte sich sein Arm um Merovys Schultern. Das Opferboot versank im dunklen Wasser. Merovy schmiegte sich eng an ihren Mann, ihr Körper suchte seine tröstende Nähe, weil sie gerade den symbolischen Tod ihrer Vergangenheit mitangesehen hatten.
    »Alles verändert sich ...«, sagte Mond Dawntreader gerade, »nur das Meer bleibt immer gleich. Die Herrin hat unsere Gaben angenommen und wird sich neunmal dafür bedanken. Das Damals ist tot – laßt uns die Vergangenheit wegwerfen, wie eine kaputte Maske oder eine zu klein gewordene Muschelschale. Freut euch und beginnt ein neues Leben!« Da sie keine eigene Maske trug, die sie hätte ins Meer werfen können, hob sie die Hände und gab der harrenden Menge ein Zeichen.
    Tammis nahm seine Maske ab; er spürte, wie der Wind sein Haar zauste und sein erhitztes Gesicht kühlte. Auch Merovy entfernte ihre Maske. Er betrachtete die beiden merkwürdigen, blicklosen Phantasiegesichter; traditionelle Totemfiguren, halb Vogel, halb Fisch –unwirklich und dennoch befrachtet mit geheimnisvollen Anspielungen. Zusammen fielen die Masken ins Meer, und Tammis schaute Merovy an. Sie lächelte ihm zu, und eine Wärme breitete sich in seinem ganzen Körper aus.
    Überall wurden Masken ins Meer geworfen; er sah Clavally und Danaquil Lu, Fate, Tor ... lauter erleichterte, strahlende Gesichter, die er kannte, liebte, und zu denen er sich plötzlich wieder hingezogen fühlte. Zum erstenmal in seinem Leben begriff er, wieso der Wechsel notwendig war und warum selbst diese Nachäffung des echten Rituals die Menschen zutiefst berührte.
    Seine Schwester, die allein dastand, drehte sich um und ließ ihre Maske ins Wasser fallen; danach wandte sie sich ihm und Merovy zu. Einen Augenblick lang lag ein unergründlicher Ausdruck auf ihrem Gesicht, bis sie auf einmal strahlend lächelte. Unsicher lächelte Tammis zurück. Ohne ein Wort zu sagen, machte Ariele wieder kehrt und schaute dorthin, wo der Platz seines Vaters war.
    Tammis folgte ihrem Blick, und zu seiner Überraschung entdeckte er, daß der Platz seines Vaters leer war. Er spähte zum Pier hinüber, wo seine Mutter stand, doch dort war er auch nicht. Seine Mutter kehrte ihrem eigenen Volk den Rücken zu und blickte nach oben in das verzückte Gesicht von BZ Gundhalinu, dem Obersten Richter, während das triumphierende Geheul der Menge kein Ende nahm.
     

TIAMAT
Karbunkel
    B ei allen Göttern, dieses Mal waren wir vor ihnen da!« Zufrieden grinsend marschierte Leutnant Ershad ins Konferenzzimmer hinein und grüßte. Er trug noch seinen Thermalanzug – sicher um des Effektes willen, mutmaßte Gundhalinu ergrimmt –, und mit einer behandschuhten Hand schleppte er einen schweren Kanister. Es gab einen dumpfen Knall, als er ihn auf den Tisch stellte, und die Mitglieder der Hegemonischen Gesellschaft klopften applaudierend auf die Tischplatte.
    Gundhalinu schloß sich dem allgemeinen Beifall nicht an. Auf Ershads Tauchanzug und auf dem Kanister befanden sich rötlichbraune Flecken; es war getrocknetes Blut – Merblut. »Wo das herkommt, gibt's noch mehr«, schwadronierte Ershad und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir haben es sofort in die Produktionsstätten geschickt; diese gottverdammten Dissidenten aus dem Sommervolk haben wir verhaftet, und ihre Ausrüstung wieder einmal beschlagnahmt. Wenigstens konnten sie uns diesmal nicht in die Quere kommen.«
    »Gute Arbeit, Ershad«, sagte Vhanu nach einer Weile, als Gundhalinus anhaltendes Schweigen peinlich zu werden drohte. Ershad nickte und schmunzelte.
    »Was habt ihr mit den Sommerleuten angestellt?« fragte Jerusha PalaThion mit scharfer Stimme.
    »Wir steckten sie in Arrestzellen; ein paar, die sich der Festnahme widersetzten, liegen jetzt im Krankenhaus.« Seine Mundwinkel zuckten.
    PalaThion behielt ihre neutrale Miene bei, doch Gundhalinus Lippen preßten sich zusammen, als er sah, wie sich die anderen Anwesenden im Raum klammheimlich amüsierten. Jerusha stand auf und schaute Vhanu an. »Ich lasse sie den hiesigen Behörden übergeben«, sagte sie. Sie ging zur Tür, ehe jemand einen Einwand erheben konnte. Niemand sah es, aber Gundhalinu wußte, welche schmerzlichen Gefühle sich jetzt auf ihrem Gesicht widerspiegelten.
    Mit finsterer Miene starrte Ershad ihr hinterher.
    »Richter ...« Vhanu wandte sich an Gundhalinu. »Diese Leute stören jede Jagd, die wir unternehmen, und dabei setzen sie eine höchst raffinierte technische Ausrüstung ein.

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