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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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widersprach Danaquil Lu trocken. »Das ist genauso schlimm.«
    Gereizt schüttelte sie den Kopf, und dann merkte sie, wie Clavally ihr sanft die Hand auf die Schulter legte. »Glaubst du denn an die Meeresmutter und an die Rituale?« fragte Clavally.
    Plötzlich war sie froh, daß sie eine Maske trug. Sie hörte, wie ihre Mutter mit lauter Stimme das Meer anrief. »Ich glaube nicht, daß der Ozean eine Art Gottheit ist«, flüsterte sie nach einer Weile. »Aber das glaubt meine Mutter auch nicht, obwohl man es von ihr verlangt.«
    »Unsere Überzeugungen und Traditionen sind genauso alt wie die der Kharemoughis, wenn nicht noch älter«, sagte Clavally. »Und unsere Religion ist genauso wahr wie jede andere, es handelt sich lediglich immer um Variationen eines einzigen Themas – wie dein Vater sagen würde.« Verdutzt schaute Ariele sie an. »Jede Variation ist auf ihre Weise schön, obwohl sie miteinander nicht unbedingt harmonieren müssen. Wenn es nur ein einziges Lied gäbe, das man singen könnte, würde man sich zu Tode langweilen.«
    »Aber das Leben verliefe friedlicher«, meinte Danaquil Lu und legte den Arm um seine Frau.
    »Alles hat seinen Preis«, sagte Clavally. »Deshalb gibt es ja den Wechsel.«
    Auf einmal fielen Ariele die Mers mit ihren geheimnisvollen Gesängen ein – und sie dachte an Reede. Er war ein Außenweltler, doch die Begeisterung für ihre Welt war echt; durch ihn sah sie die Gebräuche ihres Volkes und ihre eigenen Lebensumstände auf eine völlig neue Art. Wenn er doch nur bei ihr geblieben wäre, um den Wandel zu feiern, den er in ihr bewirkt hatte ... und um einzugestehen, daß auch er sich durch sie in gewisser Weise verändert hatte.
    Nacht für Nacht waren sie zusammengewesen; endlich hatte er die körperliche Liebe mit ihr geteilt. Doch sein Herz schottete er immer noch vor ihr ab, eine echte Vertrautheit gab es zwischen ihnen nicht, selbst dann nicht, wenn sie sich in den Armen lagen.
    Manchmal, wenn sie sich liebten, glaubte sie, vor lauter Glück sterben zu müssen; er weinte manchmal, wenn sie sich liebten. Doch immer verließ er sie im Morgengrauen, so wie heute; wie ein heimlicher Schatten schlich er sich fort, ehe das Licht des neuen Tages die Allee streifte. Und nun stand sie allein hier, lauschte allein dem Lied, das den Wechsel ankündigte. Rings um sie her gab es Einsamkeit und Trauer; Schmerzen, von denen sie lieber nichts wissen wollte. Sie fixierte sich auf ihre verzweifelte Liebe zu einem Mann, der so geheimnisvoll und unergründlich war wie die tiefsten Stellen des Ozeans.
    Jemand trat in die Lücke hinter ihr, unter Gemurmel und dem Geraschel von Gewändern rückten die Leute beiseite. Eifrig drehte sie sich um und sah ihren Bruder, der seinen rechtmäßigen Platz neben Merovy einnahm. Eine Zeitlang sah sie ihn an und versuchte sich vorzustellen, unter der Maske verberge sich jemand anders. Doch es gelang ihr nicht, und sie schaute wieder hinaus auf das ewig gleichbleibende Meer.
     
    »Merovy«, flüsterte Tammis. »Ich muß mit dir sprechen – über uns.«
    Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, doch er konnte nur ihre Augen erkennen. Ihr Blick verriet ihm jedoch, welche Gefühle sie beherrschten:
Hoffnung, Zweifel, Seelenqual, Liebe.
    Als er ihre Hand nahm, zog sie sie nicht zurück. »Ich liebe nur dich«, sagte er, ohne auf seine Umgebung zu achten. Er nahm nicht einmal seine Mutter wahr, die mit erhobener Stimme symbolisch die Sommerkönigin und ihren Gemahl dem Meer überantwortete. »Ich liebe alles an dir, deinen Körper und deinen Geist; ich will mit dir zusammen leben, Kinder haben und sie großziehen ...«
    Ihre Hand umklammerte die seine. »Es ist die Zeit des Wechsels«, flüsterte sie kaum hörbar, während sie das drunten stattfindende Zeremoniell beobachtete. Plötzlich geriet Bewegung in die Menge; die Zuschauer zeigten mit den Fingern und reckten die Hälse, um besser sehen zu können.
    Auch Tammis drehte sich um, als Merovy ihn mit sich zog. Er schaute auf den freien Platz hinunter, wo seine Mutter stand. Die Sommerkönigin trat zur Seite, und die Sommerleute stießen den Karren nach vorn und ins kalte Wasser hinein. Die Menschen schrien und jubelten, als das Boot zu kreiseln anfing und dabei immer tiefer sank, weil das Meer durch die in den Boden gebohrten Löcher strömte. Tammis drückte schmerzhaft Merovys Hand, als die beiden Strohpuppen, die seine Eltern symbolisierten, in der Umarmung der Meeresmutter verschwanden.
    Seufzend stieß er den

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