Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
sich die unterschiedlichsten Empfindungen, sie wechselten so rasch, daß in Ariele nur der Eindruck zurückblieb, er sei verärgert. Ihr Lächeln erlosch, und sie wich vor seinen Blicken zurück.
Doch er schaute wieder weg; ermattet ließ er sich in die Kissen sinken, wo er reglos liegenblieb und das Gesicht mit den Händen bedeckte. »Nein«, flüsterte er. »Nein ...«
Sie stemmte sich vom Bett hoch und wagte es, ihn erneut zu berühren. Als er sie nicht abwehrte, rückte sie näher an ihn heran und legte den Kopf auf seine Schulter. Er zuckte zusammen, scheuchte sie jedoch nicht fort.
»Ach, Reede«, murmelte sie dicht an seinem Hals. »Ich liebe dich so sehr. Du hast mein ganzes Leben verändert.«
Er antwortete in einer Sprache, die sie nicht verstand; es klang wie ein Fluch. »Du weißt nicht, was Liebe und Veränderung bedeuten, verdammt noch mal!« sagte er erbittert. Aber er legte die Arme um sie und zog sie fest an sich heran; er hielt sie, wie wenn er Angst hätte, sie zu verlieren. Sanft streichelte er ihr übers Haar. »Was soll ich tun?« stöhnte er.
»Machst du dir Sorgen wegen meiner Mutter?« fragte sie.
Verdutzt sah er sie an. »Was?«
»Sie wird nicht böse auf dich sein. Wer weiß, vielleicht freut sie sich sogar über mein Glück – ausnahmsweise einmal.«
Seine Miene drückte Verstehen aus, doch er schnitt eine Grimasse. »Sag deiner Mutter nichts; um der Götter willen, du darfst es niemandem erzählen!«
»Warum denn nicht? Sie glauben doch ohnehin alle ...«
Er setzte sich hin und funkelte sie wütend und verzweifelt an. »Du kennst die Wahrheit doch gar nicht.« Sie starrte ihn an. »Dann klär mich auf!«
»Dazu ist es jetzt zu spät«, stöhnte er und schüttelte den Kopf. Er legte sich wieder neben sie. »Zu spät ...« Eine Zeitlang betrachtete er ihren Körper; vorsichtig streckte er die Hand aus, um ihre Brüste zu berühren. Sie erschauerte und wand sich vor Lust. Er beugte sich über sie, küßte sie und liebte sie noch einmal, mit einer Leidenschaft, die ihr den Atem raubte ... bis sie nur noch aus Gefühlen bestand.
TIAMAT
Sternenhafen der Hegemonie
H aben Sie den Rundgang durch den Komplex genossen, Herrin?« fragte Vhanu hinter ihm. Jählings aus seiner Versunkenheit gerissen, wandte sich Gundhalinu von der Fensterwand ab. Er hatte e fertiggebracht, sich in den spektakulären, die Augen betörenden Anblick der Landegitter des Starports zu vertiefen; jedes Gespräch meidend ließ er sich minutenlang von dem glühenden Strahlenmeer, das zwanzig Meter unter ihm lag, jeden bewußten Gedanken aus dem Hin brennen. Vhanus Frage brachte ihn in die Wirklichkeit der überfüllten Empfangshalle zurück, die die Königin und ihr Gemahl nun wieder betraten. Jerusha PalaThion, die die Königin auf dem Rundgang begleitet hatte, starrte gleichfalls auf die Landegitter hinab, wie wenn sie mit ihren Gedanken ganz woanders wäre.
»Ja; es war faszinierend«, erwiderte Mond mit genau der richtigen Portion Ehrfurcht. Gundhalinu sah de leicht ironischen Ausdruck in ihren Augen. Vhanu konnte nicht wissen, daß Mond nicht zum erstenmal einen Fuß in den Starport-Komplex setzte. Auch damals war die Hegemonische Gesellschaft gerade auf Tiamat eingetroffen; aber dieser Besuch hatte den endgültige Abzug der Außenweltler markiert, und nicht deren Rückkehr.
Zu jener Zeit war Mond kein geladener Gast gewesen, sondern ein erschöpftes junges Mädchen, dem di Flucht vor nomadisierenden Räuberbanden gelungen war. Ein Flüchtling war auch der junge Inspektor Gundhalinu gewesen, der als verschollen gegolten hatte, der man bereits tot gewähnt hatte. Zusammen waren sie aus der Wildnis gekommen, halb verhungert, durchgefroren und für jedermann unerwartet; obwohl Einheimische den Sternenhafen nicht betreten durften, hatte der diensthabende Sergeant nach einem prüfenden Blick auf Gundhalinu, der von den Toten auferstanden war, die Vorschriften ignoriert und sie passieren lassen.
Sie waren mitten in eine Feier hineingeplatzt, ähnlich der, die an diesem Abend stattfinden sollte; noch gut erinnerte sich Gundhalinu, wie glücklich und erleichtert er gewesen war, sich endlich wieder gesund und in Sicherheit bei seinen eigenen Leuten zu befinden, mit der Aussicht auf eine baldige Heimreise.
Wieder schaute er Jerusha PalaThion an; sie machte ein teilnahmsloses Gesicht, und er fragte sich, woran sie in diesem Moment denken mochte. Zu jener Zeit war sie Kommandantin der Polizei gewesen, jetzt
Weitere Kostenlose Bücher