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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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bekleidete sie nur den Rang einer Chefinspektorin. Aber in den Jahren, die dazwischenlagen, hatte sie soviel erlebt, daß er sich ihre Reaktionen nicht mehr ausmalen konnte. Plötzlich fiel ihm ein, wie sie ihn angelächelt hatte, als sie ihn im Untersuchungszimmer des Krankenhauses besuchte; ihre offensichtliche Freude, ihn wiederzusehen, hatte seinen zerschundenen, bibbernden Körper mit Kraft und Wärme erfüllt.
    Wieder sah er die Gesichter der Mitglieder der Hegemonische Gesellschaft vor sich, die Jerusha gefolgt waren – im Glauben, es ginge darum, einen der ihren zu ehren, einen Kharemoughi-Techniker, der der barbarischen Wildnis getrotzt hatte –, und wie sich die Mienen veränderten, als die hohen Herrschaften die Narben eines versuchten Selbstmords an seinen Handgelenken entdeckten, und obendrein mitanhören mußten, wie er von seinen verbotenen Gefühlen zu einer Tiamatanerin faselte, die ihm das Leben gerettet hatte.
    Er betrachtete seine Handgelenke, als könne er auch jetzt noch die rötlichen Wucherungen von jungem Hautgewebe sehen; aber schon vor langer Zeit hatte er die Narben entfernen lassen, und er dachte kaum noch daran. Als er sich dies vergegenwärtigte, war er ein bißchen überrascht, denn es hatte eine Zeit gegeben, da erinnerte er sich tagtäglich an die Schmach, in der fest Überzeugung, dieses Erlebnis niemals vergessen z können, selbst wenn die äußerlichen Spuren beseitigt waren. Damals hatte er mit sich gehadert, weil er a Leben geblieben war.
    Zu seiner Verwunderung entsann er sich noch an jeden Vorwurf, an jede höhnische Bemerkung und an jede Stichelei, die er im Hospital zu hören kriegte, während er sich kaum daran erinnern konnte, was er am vergangenen Abend gegessen hatte. In jener Nacht im Krankenhaus war er soweit gewesen, daß er das nächstbeste scharfe Instrument genommen und den Selbstmordversuch wiederholt hätte, wenn er die Kraft dazu hätte aufbringen können.
    Er merkte, wie er unentwegt blinzelte, und konzentrierte sich auf ein Adhani, bis er seine Gefühle wieder unter Kontrolle hatte. Er schaute Mond an und fragte sich, ob sie sich noch an jene lang zurückliegende Nacht erinnerte; sein selbstgerechtes, grausames Volk hatte ihn dazu getrieben, zum Verräter zu werden und sich gegen all das aufzulehnen, woran er sein Leben lang geglaubt hatte; durch diesen selbstverleugnerischen Akt half er Mond, ihr Ziel zu erreichen.
    Mit neutralem Gesichtsausdruck hörte sie Vhanu zu, der ihr die Funktionsweise des Starports detailliert erklärte. Sie trug ein langes, fließendes Gewand, das auch auf Kharemough nicht fehl am Platz gewesen wäre; die changierenden Grüntöne in dem bei jeder Bewegung mitschwingenden Stoff erinnerten ihn an Blätter, die sich im Wind bewegen, und an Meereswellen; das Kleid paßte zu Tiamat.
    Das Haar hatte sie mit Goldfäden zu einem langen Zopf geflochten, und ihr Haupt krönte ein Diadem aus Kristall. Noch nie hatte er eine Krone bei ihr gesehen, und er nahm an, daß das Diadem Arienrhod gehört hatte und nur um des Effektes willen getragen wurde. Monds Haltung war die einer Königin – aber er entsann sich, daß sie schon immer etwas Vornehmes an sich gehabt hatte. Er wandte den Blick von ihr ab, als der Druck in seiner Brust zu schmerzhaft wurde.
    Funke Dawntreader hörte auch zu, Gundhalinu hatte ihn noch nie so angeregt erlebt, und es schien, als interessiere er sich wirklich für Vhanus Erklärungen. Gekleidet war er nach der Mode der Außenweltler, und äußerlich war er durch nichts von ihnen zu unterscheiden.
    »Verzeihen Sie mir«, sagte Vhanu eben, »wahrscheinlich langweile ich Sie mit diesen technischen Einzelheilen.« Gundhalinu hörte heraus, daß er die Königin und ihren Gemahl unbewußt als ungebildete, primitive Wilde abstempelte.
    »Ganz im Gegenteil«, widersprach Mond. Ihre Augen Innkelten ärgerlich, und Gundhalinu wußte, daß auch Ihr der herablassende Unterton nicht entgangen war. -Ich war immer neugierig, wie Ihr Sternenhafen funktioniert. Lange Zeit galt er für die Angehörigen meines Volks als verbotene Zone, obwohl er das Schicksal unserer Welt entscheidend beeinflußt hat. Allerdings muß i‹ h gestehen, daß er, verglichen mit den Orbitalstädten, die Ihren Heimatplaneten umkreisen, Kommandant Gundhalinu, ziemlich bescheiden wirkt.«
    Verdutzt schaute Vhanu sie an. »Haben Sie ... haben Sie ein Band von diesen Orbitalstädten gesehen?«
    »Nein. Aber als junges Mädchen besuchte ich Ihre Heimatwelt und

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