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Tief atmen, Frau Doktor!

Tief atmen, Frau Doktor!

Titel: Tief atmen, Frau Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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ein Schiffsmast. Eine Dame erwischte es zwischen Trinidad und Barbados. Sie hätte nie am Rumbawettbewerb auf dem Schiff teilnehmen sollen, nicht in ihrem Zustand«, sagte er mißbilligend.
    »Aber der Schiffsarzt hatte die fraglichen Körperteile etwa seit dem Zeitpunkt der Schlacht von Jütland nicht mehr zu Gesicht bekommen. Nicht beruflich, meine ich. Er war nicht wenig erstaunt, als der Kopf des Babys dort herausschaute, wo er es eben zu tun pflegt. Nachher sagte er, es habe ihn daran erinnert, wie in Kalkutta einmal eine Puffotter bei der Abflußöffnung seiner Dusche herauskam. Trotz allem, es war zum Lachen.«
    »Ich glaube, ich sehe mir besser meinen ersten Patienten an, Mr. Windows«, sagte Lucy entschieden.
    Ein kleiner, schmächtiger Mann mit schütterem Haar und einem strubbeligen Schnurrbart in einem sauberen blauen Anzug, einen großen alten Lederkoffer tragend, folgte ihr ins Wartezimmer. Hinter ihm ging eine rundliche, rotwangige, schwangere, blonde Frau.
    »Ihr erstes Baby, Mrs. Elvis?« fragte Lucy, öffnete die Mappe mit den Krankengeschichten auf ihrem Schreibtisch und deutete auf die beiden Patientenstühle.
    »Ja, das ist unser allererstes«, antwortete Mr. Elvis stolz.
    »Und es ist alles in Ordnung, Mrs. Elvis?«
    »Alles bestens, Frau Doktor«, antwortete Mr. Elvis.
    Lucy sah ihn durchdringend an. »Wie fühlt sich Ihr Bauch an?« fragte sie seine Frau.
    »Gut«, sagte Mr. Elvis.
    »Es ist wohl das beste, ich messe den Blutdruck der Patientin. « Lucy griff nach dem Blutdruckmesser.
    »Hundertunddreißig zu fünfundachzig, Frau Doktor, ganz normal«, informierte Mr. Elvis sie genau. »Wir haben einen Apparat gekauft. Japanisches Fabrikat.«
    »Wer von Ihnen bekommt eigentlich das Baby?« fragte Lucy neugierig.
    »Ich interessiere mich sehr für die moderne Medizin und ihre wunderbaren Errungenschaften«, teilte er ihr würdevoll mit. »Ich bin der festen Überzeugung, daß ihr Ärzte wundervolle Arbeit leistet.« — »Danke.«
    »Auch ich habe Beziehungen zur Heilkunde — ich bin ein Angestellter des Sanierungsamtes von Mitrebury - und versichere Sie, daß alles getan wurde, um die Entbindung meiner Frau zu beschleunigen. Mir ist eine kleine Spekulation mit Pfandbriefen geglückt, was mir gestattete, mich recht verschwenderisch im Geschäft für Babypflege in der High Street zu bedienen. Ferner —« Er ließ seinen Koffer aufschnappen, »habe ich mich heute nachmittag mit der Literatur zu unserem Zustand aus der öffentlichen Bibliothek ausgestattet. Glückliche Geburtstage.« Er hielt ihr ein abgegriffenes Buch in die Höhe. »Was tun, bis die Hebamme kommt. Werfende Hündinnen - ach du liebe Güte, das muß aus der tierärztlichen Abteilung sein.«
    »Wann ist es soweit bei Ihnen, Mrs. Elvis?«
    »Sonntag in einer Woche, Frau Doktor«, antwortete Mr. Elvis. »Gleich nach den Spätnachrichten. Da sind die neun Monate um. Ganz genau.«
    »Ein Wunder, daß Sie Zeit zum Fernsehen finden«, sagte Lucy undeutlich zu ihm. »Oder gar zum Inspizieren Ihrer Kanäle.«
    »Wir machen jeden Tag, morgens und abends, unsere Übungen«, versicherte ihr Mr. Elvis und gab eine Probe seines Könnens ab.
    »Ich hoffe, sie tun Ihnen gut?«
    »Natürlich möchte ich beim eigentlichen Wunder der Geburt zugegen sein«, setzte er ernst fort. »Ich glaube, daß es einer der erhebendsten und erfülltesten Augenblicke im Leben eines Mannes ist.«
    »Auch die Mutter hat etwas davon, wissen Sie. Ich brauche ein Fläschchen -«
    Mr. Elvis holte aus seinem Koffer eine Halbliter-Apfelsaftflasche, die bis zum Korken angefüllt war.
    »Reichlich, wenn auch nicht sehr geschmackvoll.« Lucy nahm sie und fragte ihn: »Vermutlich von Ihnen?«
    Mrs. Elvis begann zu kichern. »Alles von mir«, verbesserte sie ihren medizinischen Betreuer. »Bis auf den letzten Tropfen.«
    Eine Woche später hörte Lucy während einer Sprechstunde, wie eine Frau mit rötlichen Haaren in teurer Umstandskleidung aus Tweed zu Mr. Windows sagte: »Ich habe eine Verabredung mit Frau Dr. Drake.«
    »Ja, gnädige Frau«, antwortete er aufmerksam. »Wenn Sie beide hier entlanggehen.«
    »Ah —« Das Gesicht der fremden Frau hellte sich auf. »Sie müssen Dr. Drake sein? Ich habe ein kleines Geständnis zu machen.«
    »Nicht unbedingt notwendig, oder?« bemerkte Lucy und sah sie prüfend an.
    »Durch einen streng geheimgehaltenen mechanischen Defekt wurde das Schiff meines Göttergatten aufgehalten und stach erst gestern in See. Sicher werden Sie

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