Tief atmen, Frau Doktor!
von Lucy stolz deren Engelfische, dickmäulige Guramis, Blutflossen, weiße Bergelritzen und große Kammolche zeigen.
»Ich bin nicht gekommen, um mir einen Vortrag über Fische anzuhören«, begrüßte sie Fay. »Morgen abend lade ich eure drei Vorgänger ein - das ist schon lange fällig, sie waren während meines ganzen Berufslebens in Mitrebury immer so nett zu mir. Ein kleines Abendessen, von dem ich hoffe, daß es sie nicht in solche Schwierigkeiten bringen wird wie das des Polizeidirektors. Es wäre sehr schön, wenn ihr beide auch dabei sein könntet.«
»Mrs. Arkdale, wie wunderbar -« Lucy hielt inne. »Ach ja! Morgen abend geht es nicht, fürchte ich.«
»Natürlich kannst du«, sagte Fay zu ihr.
»Ich habe Dienst«, sagte Lucy schnell.
Fay blickte verwundert. »Du kannst deine Telefongespräche ja weiterleiten lassen.«
»Das wollte ich ohnehin«, setzte Lucy hastig fort. »In die Bluttransfusionsabteilung. Im Gemeindegesundheitsamt. Ich helfe dem Arzt dort aus. Ich hab's ihm doch schließlich versprochen.«
»Ach wie lästig, daß Sie gerade an diesem Abend Dracula spielen müssen.« Liz drückte ihr Mitgefühl aus. »Aber Sie kommen doch, Fay?«
»Ich fürchte nein, Mrs. Arkdale.«
»Natürlich kannst du«, sagte Lucy nachdrücklich. »Erst heute morgen hast du gemeckert, daß dich niemand irgendwohin einlädt, nicht einmal zu einem Gymnastikkurs.«
»Ich gehe zu einem Vortrag. Im Krankenhaus«, erklärte Fay. »Er wird von einer englischen Ärztekammer veranstaltet. Über den Metabolismus von Schwermetallen.«
»Ich habe nicht gewußt, daß du dich dafür interessierst«, rief Lucy aus.
»O ja. Seit meiner Studienzeit. Schwermetalle sind etwas Faszinierendes. Vor allem ihr Metabolismus.«
»Ein heimeliger Abend steht Ihnen bevor«, sagte Liz zu ihr. »Nur Sie und der Vortragende. Aber es freut mich, daß Sie berufliche Fortbildung über Fraß und Völlerei stellen.
Es tut mir leid, daß ich das Datum nicht ändern kann - es ist seit Monaten der erste Abend ohne Patienten und Sitzungen, und mein Ehemann hat seinen Freimaurerabend. Vielleicht ein andermal.«
Kurz vor acht Uhr am folgenden Abend saß Mr. Windows an seinem Harmonium im leeren Wartezimmer und spielte Chopins Wiegenlied mit dem Gesichtsausdruck eines Matrosen, der an zu Hause denkt. Fay eilte die Treppe hinunter.
»Allmächtiger!« Er brach ab. »Frau Doktor, Sie sehen atemberaubend aus.«
Sie lächelte. »Danke, Mr. Windows. Frau Dr. Drake hat heute abend Dienst. Sie will, daß Sie ihre Anrufe weiterleiten.«
»Ich hoffe, Sie verbringen einen angenehmen Abend, Frau Doktor.«
»Ich hoffe, er wird sensationell. Wiedersehen.« Sie warf ihm eine Kußhand zu.
Mr. Windows leitete zu Dies' Bildnis ist bezaubernd schön über.
Lucy eilte die Treppe hinunter.
»Oho!« Er hielt inne. »Frau Doktor, Sie könnten einer ganzen Schiffsmannschaft das Gefühl geben, daß sie sehr lange auf See waren.«
Sie lächelte. »Danke, Mr. Windows. Ist Frau Dr. Liston schon weg? Ich fürchte, ihr steht ein schrecklich langweiliger Abend bei einem Vortrag bevor. Aber vermutlich muß wenigstens eine von uns auf dem laufenden bleiben - in beruflicher Hinsicht, meine ich.«
Mr. Windows blickte verdutzt.
»Leiten Sie alle Gespräche an den Goldenen Ochsen weiter, Mr. Windows. Ich bin im Cordon Bleu-Zimmer und speise mit Mr. Adam Vane zu Abend.«
»Geht in Ordnung, Frau Doktor.«
Die Eingangstür wurde zugeschlagen. Er wandte sich zu seinem Harmonium. Er blinzelte. »Im Goldenen Ochsen?« murmelte er. »Im Cordon Bleu-Zimmer? Mit Mr. Adam Vane? Und die eine sagte, sie ginge zu einem Vortrag...« Seine Wangen blähten sich auf vor Lachen. »Geradewegs in die consommé!«
Er spielte La donna e mobile, con brio.
18
»Mein allerbester Tisch, Monsieur«, sagte Henri, maitre d'hôtel des Cordon Bleu-Zimmers, mit seinem vollen französischen Akzent. »Die Blumenzweige, wie von ihrer Sekretärin telefonisch bestellt.« Es waren Orchideen in einer Cellophanschachtel. »Oh, merci; Monsieur«, fügte er hinzu und verbeugte sich tief, als Adam Vane ihm diskret eine Fünfpfundnote zusteckte.
»Ich wünsche ganz spezielle Bedienung, Henri. Das soll ein ganz besonderer Abend werden.«
»Ich verstehe, Monsieur.« Henri steckte das Geld in das weiße Jackett, zu dem er ein Rüschenhemd und eine mitternachtsblaue Samtschleife trug. »Eine neue - wie wir in Parieh sagen - petitepoule? verehrte Freundin«, erklärte er.
»Eine sehr alte.«
»Zu
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