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Tief atmen, Frau Doktor!

Tief atmen, Frau Doktor!

Titel: Tief atmen, Frau Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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dem Tisch lagen verstreut zerknüllte Zeitungsblätter und die Überbleibsel des Fischessens, das Mr. Windows mitfühlend vom Fisch und Chips-Geschäft bei der Kathedrale in der High Street geholt hatte.
    »Ohne dich hätte ich Mitrebury niemals lebend überstanden, Fay.«
    »Und ich genausowenig ohne dich, Lucy.«
    »Seit wir in der Anatomieabteilung am selben Bein angefangen haben, bist du mir immer eine wahre Freundin gewesen.«
    »Lucy, manchmal war ich dir so nahe wie nur irgendeinem der Männer, mit denen ich zusammengelebt habe. Und nicht zu vergessen, einige davon waren verdammte Schufte.«
    »Es gibt keine Geheimnisse zwischen uns«, sagte Lucy träumerisch.
    »Nun ja, keine, die man mit Vergnügen ausplaudern könnte.«
    »Fay -«
    »Lucy?«
    »Nach diesem Fiasko heute abend habe ich ein Geständnis zu machen. Als wir alle in St. Bonifaz waren und du weg warst auf dem Geburtshilfepraktikum, fuhr Adam Vane mit mir eine Woche nach Sorrent.«
    »Und als du weg warst, um deinen Turnus zu absolvieren, fuhr Adam mit mir nach Torremolinos.«
    Lucys Augen funkelten. »Sorrent ist nobler.«
    »Ja, Schatz. Aber er fuhr zwei Wochen mit mir hin.«
    »Warum hast du mir das nicht vorher gesagt?« fauchte Lucy.
    »Weil das Zusammenleben mit dir dann unerträglich gewesen wäre. Du bist so eifersüchtig.«
    »Ich bin nicht eifersüchtig.«
    »Und streitsüchtig obendrein.«
    »Bin ich nicht!«
    »Hippokrates, Hippokrates«, sagte Fay müde.
    Im Wartezimmer läutete das Telefon.
    »Ich hebe schon ab«, sagte Lucy knapp. »Ich habe Dienst, und Mr. Windows ist besoffen.«
    Fay griff nach ihrem Taschenbuch. Sie las drei Seiten, bevor sie merkte, daß Lucy noch immer mit jemandem sprach. Neugierig ging sie ihr nach.
    »In Ordnung, ich komme, sobald ich kann.« Lucy legte auf.
    »Es ist Mr. Fanshawe«, teilte sie Fay beunruhigt mit. »Bei ihm haben sich akute abdominale Symptome entwickelt.«
    »Wie zum Beispiel?«
    »Starke Bauchschmerzen. Offenbar ist er ohnmächtig geworden.«
    »Erbrechen?«
    »Ein bißchen.«
    »Durchfall?«
    »Nein. Und sein Wasserwerk ist o. k.«
    »Sieht nach Magendurchbruch aus.«
    »Ein Magendurchbruch, den ich heute morgen nicht diagnostizierte«, gestand Lucy düster ein.
    »Denk daran, er ist wirklich ein Hypochonder«, machte Lucy sie aufmerksam.
    »Selbst ein Hypochonder hat das Recht, krank zu sein.
    Ich gehe lieber schnell hinüber.« Lucy griff nach ihrer Ärztetasche. »Wahrscheinlich muß er schnellstens im Krankenhaus operiert werden.«
    Nach fünf Minuten auf der Straße nach London wies ein Schild im Scheinwerferlicht Lucy den Weg über eine gewundene Straße hinunter, zwischen hohen, mit Gras bewachsenen Böschungen und dichten Hecken hindurch, die sich unvermittelt zu einem kreisförmigen Plateau erweiterten, in dem das Dorf Fenny Bottom lag. Unter einer Steinbrücke floß der Wychleyfluß, dessen Inhalt Freddie Fellows-Smith gewissenhaft in seine Tiefkühltruhe zu übertragen trachtete.
    Das Dorf bestand aus einer Reihe von Geschäften, aus dem Goldenen Hirschen, aus einem Briefkasten und aus einer Telefonzelle. Am anderen Ende führte ein schmaler Weg zu einer Ansammlung von kleinen Landhäusern. Lucy hielt vor dem, das ihr den Anschein machte, daß der Umbau mehr gekostet hatte als der Kauf. Es war mit Stroh gedeckt, mit Fachwerk versehen, und seine hübsche rosa Farbe leuchtete im Licht der weiter oben gelegenen Nachbarhäuser, nahe am Zaun.
    Die Eingangstür mit einem schweren gußeisernen Türklopfer war nur angelehnt. Das Haus lag in Dunkelheit. Ängstlich trat sie ein. Unter der Tür, die vom kleinen dunklen Vorraum wegführte, drang ein Lichtstreifen hervor. Sie drückte die Klinke nieder. Der Boden des niedrigen Zimmers war auf Hochglanz poliert, in die Decke und in die Wände waren Balken eingelassen. Im Zimmer befanden sich auch ein Ziegelkamin, ein Chintzsofa und ein Lehnstuhl, in dem Terry Fanshawe im Pyjama und in einem Seidenkimono saß und die Presse las.
    »Na hören Sie mal!« rief sie ungehalten aus. »Sie haben sich aber schnell erholt.«
    »Es tut aber noch weh, Frau Doktor.« Er rieb sich das Zwerchfell. »Gott sei Dank sind die mörderischen Schmerzen vorbei.«
    Sie knallte ihre Tasche auf einen Klapptisch aus Eichenholz. »Und was ist mit den anderen Symptomen, über die Sie am Telefon geklagt haben?«
    »Sie scheinen vorüber zu sein, Frau Doktor«, sagte er sanft. »Es tut mir leid, daß ich Sie so spät angerufen habe, aber ich war beunruhigt. Wo ich doch ganz

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