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Tief atmen, Frau Doktor!

Tief atmen, Frau Doktor!

Titel: Tief atmen, Frau Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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dieses Zeug in meinem Untersuchungszimmer ab«, verkündete sie.
    Als sie allein war, riß sie den Brief von Adam Vane auf.
    Mein Liebling,
    ein diskretes Briefchen mit dem Vorschlag für eine Einladung zu einem diskreten kleinen Abendessen. Im Cordon-Bleu-Zimmer des Goldenen Ochsen. Um acht Uhr. Ich erwarte dich. Tausend süße Küsse,
    Adam
    Das Lächeln Lucys, mit dem sie das Briefchen zusammenfaltete und in ihrem Ausschnitt verbarg, hätte Pasteur nach dem Verspeisen eines ganzen Fischbehälters wohl angestanden. -Mrs. Greta Fanshawe erschien pünktlich. Sie war eine kleine, gepflegte, hübsche Blondine mit blauen Augen und einem Wesen, das, so fand Fay, wohl genauso elegant über Leichen ging wie eine vergoldete Planierraupe. Sie war dreiunddreißig.
    »Ich nehme an, Frau Doktor, Sie wissen, daß ich eine Karrierefrau wie Sie bin«, begann sie liebenswürdig. »Ich bin Leiterin des Reisebüros Perkins - Sie können unser neues Bürogebäude an der Bischofsbrücke von Ihrem Fenster aus sehen. Mein Vater, Harry Perkins, hat es gegründet - die Leute reden noch heute über ihn, er war ein enger Freund des alten Bischofs, und meiner ehrlichen Überzeugung nach arbeitete er genauso hart für wohltätige Organisationen wie für sein Unternehmen. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich es mit eigener Kraft aufbauen mußte. Er starb, als ich einundzwanzig war. Haben Sie schon Urlaub gemacht, Frau Doktor?« Fay schüttelte verneinend den Kopf. »Ich sende Ihnen unseren Prospekt«, sagte Greta prompt zu ihr. »Marrakesch ist heuer sehr gefragt, und Sie werden sehen, daß unsere Preise durchaus akzeptabel sind.«
    »Also, Mrs. Fanshawe, was führt—« Fay brach ab. »Seltsam. Jetzt habe ich ausgerechnet mein Stethoskop verloren.« Sie kramte unter den Schriftstücken auf ihrem Schreibtisch.
    »Ich glaube nicht, daß Sie es für meinen Fall benötigen werden. Dr. Carmichael hat gesagt, daß mein Problem rein psychologischer Natur ist. Ich bin schrecklich deprimiert und ratlos. Ich habe nicht den geringsten Appetit und seit drei Wochen ununterbrochen Kopfschmerzen.«
    »Was hat Ihnen Dr. Carmichael geraten?«
    »Urlaub zu machen.«
    »Das ist wohl tatsächlich so ziemlich dasselbe, wie wenn man einem gestreßten Barmixer sagte, er solle sich einen hinter die Binde gießen. Wie lange haben Sie diese Symptome schon?«
    »Sechs Jahre. Seit meiner Heirat.«
    »Irgendwelche sexuellen Probleme?« fragte Fay automatisch.
    »Nur eines. Meinen Mann.«
    »Oh«, sagte Fay.
    Einen Augenblick lang schien Greta ihrer selbst nicht sehr sicher zu sein. »Er weiß nicht, daß ich Sie aufgesucht habe. Das würde er als Charakterschwäche auslegen. Ich bin gekommen, weil ich hoffte, daß eine Ärztin meine Probleme besser verstehen würde als Dr. Carmichael, so reizend er auch war.«
    »Ich untersuche Sie am besten gründlich, Mrs. Fan-shawe.« Fay stand auf und deutete auf die Couch. »Vielleicht haben Ihre Probleme eine körperliche Ursache, die wir beheben können. Ich werde wohl Dr. Fellows-Smiths Reservestethoskop verwenden müssen, das, wenn ich recht habe, im Zweiten Weltkrieg großartig Karriere gemacht hat.«
    Im Sprechzimmer nebenan sagte Lucy unterdessen: »Bitte nehmen Sie Platz, Mr. Fanshawe.«
    »Ich habe keine Ärztin erwartet. Als Mr. Windows mir das mitteilte, war ich auf eine Art russische Meisterin im Gewichtheben gefaßt.«
    »Ich glaube, wir sind über das Metzger-Image doch wohl schon etwas hinaus«, sagte Lucy steif.
    Er war schlank und braunäugig, hatte kastanienbraunes Haar und sah gut aus. Er trug Tennisschuhe, Jeans und ein T-Shirt mit dem Aufdruck KUNSTAKADEMIE VON MITREBURY. Er war neunundzwanzig, und sie fand, daß er aussah wie ein schlaksiger Halbwüchsiger.
    »Wie heißen Sie mit Vornamen? Ich habe gern ein zwangloses Verhältnis zu meinem Arzt. Ich heiße Terry.«
    »Ich ziehe ein völlig konventionelles zu den Patienten vor. Ich heiße Dr. Drake.«
    Sie tauschten ein Lächeln aus. »Ganz wie Sie wünschen, Dr. Drake. Kein Wort davon, daß ich Sie konsultiere, zu meiner Frau, ich flehe Sie an. Wissen Sie, sie hat mich schon als Hypochonder aufgegeben. Typisch!« rief er bitter. »Sie müssen in Mitrebury doch schon von Greta gehört haben? Sie verkauft Flugreisen nach romantischen Orten.« Lucy nickte. »Ich dagegen bin Lehrer an der Kunstakademie, wodurch man kaum in die Einkommensklasse eines Picasso fällt. Aber wer die Musik bezahlt -ganz zu schweigen vom Fleischer, vom Krämer und vom Steuereinnehmer

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