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Tief atmen, Frau Doktor!

Tief atmen, Frau Doktor!

Titel: Tief atmen, Frau Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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vertrauten Melodien tanzen wir am besten«, philosophierte Henri mit dem Ausdruck eines boulevardier.
    »Und die Musik spielt noch immer für mich« , sagte Adam mit Überzeugung.
    »Die carte des vines.« Henri überreichte Adam eine Mappe im Ausmaß von einem halben Meter mal einem halben Meter. Er senkte seine Stimme. »Ich empfehle den Château Chauve-Souris wärmstens.«
    Das Cordon Bleu-Zimmer war der einstige Grill des alten Postkutschengasthauses, das mit goldfarbenen Vorhängen, Tischen mit rosa Tischdecken und einer Beleuchtung neu ausgestaltet worden war, die kaum stark genug war, daß man die Gräten in der truite au bleu deutlich wahrnehmen konnte. Die Gesellschaft von Mitrebury war sich darin einig, daß es ihnen einen knoblauchduftenden Hauch der großen Welt vermittelte, daß Henri es mit den Oberkellnern von Soho aufnehmen konnte und berechtigten Anspruch darauf hatte, jedem provinziellen Gast, der es verabsäumte, ihm ein fürstliches Trinkgeld zu geben, demütigende Verachtung zu bekunden.
    »Alfie«, flüsterte Henri dem jungen Mann mit dem rosa Jackett hinter der Bar am Eingang zum Speisezimmer zu. »Da draußen habe ich einen doofen jungen Knilch sitzen, der sich einen Hasen aufreißen möchte. Schieb mir zwei Flaschen mit dem roten Gesöff unter dem Heißwasserhahn herüber, sei ein netter Knabe. Jesus, da kommen ja die drei Musketiere«, fügte er hinzu, als Dr. Fellows-Smith, Dr. Hill und Dr. Carmichael aus der Hotelhalle traten. »Bon soir, Messieurs«, begrüßte er sie mit pariserischem Charme.
    Er führte sie an einen großen runden Tisch neben dem Adams.
    »Sag mal«, flüsterte Freddie laut, als sie sich hinsetzten. »Der junge Kerl, der sich da hinter der Weinkarte zu verstecken versucht, ist das nicht der pickelige Pillenadler, dem ich jedesmal, wenn er sein verschlagenes Gesicht in die Praxis steckte, die Hunde auf den Hals gehetzt habe?«
    »O nein«, widersprach Roland. »Er könnte es sich niemals leisten, in so einem Restaurant zu essen.«
    »Das Lokal ist auch nicht mehr das, was es einmal war, wie alles andere auch«, lamentierte Freddie und stierte zu Adam hin. »Demnächst lassen sie sogar noch Osteopathen ein.«
    »Immer mit der Ruhe, Freddie.« Roland nahm Henri die Speisekarte aus der Hand. »Ich gehe wegen meiner Rückenschmerzen zu einer Ostopathin. Kleine Japanerin. Knackt mich wie eine Hummerschere.«
    »Ein Chirurg hat mir gesagt, ich solle auf einem Brett schlafen, um meinen Rücken zu kurieren«, bemerkte Biggin.
    »Und?« fragte Freddie.
    »Ich habe mir schreckliche Splitter eingezogen.«
    »Wo ist Liz?« fragte Roland und sah sich um.
    »Was für eine Frau«, sann Freddie zärtlich. »Ich werde nie vergessen, wie ich ihr zum ersten Mal begegnet bin. Beim Pferderennen. Sie ist hingefallen und hat sich ein blaues Auge geholt.«
    »Du hast es verarztet?« fragte Biggin.
    »Ich habe ein Beefsteak aufgelegt. Nachher haben wir es gebraten und gegessen. In meinem ganzen Leben habe ich keinen so köstlichen Leckerbissen verzehrt. Die Weinkarte, Henri.«
    »Gewiß, Monsieur.« Er riß sie Adam unter der Nase weg. »Darf ich den Château Sauve-Souris empfehlen?«
    »Den würde ich nicht einmal meinem ärgsten Feind vorsetzen«, sagte Freddie zu ihm. »Es ist tatsächlich dieser schmutzige, quacksalberische Hausierer.«
    »Liebste Doktorchen —« Liz trug ein tiefausgeschnittenes langes Abendkleid, das sie eng wie ein Gipsverband umschloß. »Tut mir leid, daß ich zu spät komme, aber ich bekam ziemlich unerwartet Zwillinge.«
    Sie hielt inne und schaute Adam an. Er hatte die Miene eines Fuchses aufgesetzt, der sein Auge auf einen fetten Hasen unter den Hufen der Jagdgesellschaft von Mitrebury geworfen hat.
    »Sie kenne ich doch«, lächelte Liz liebenswürdig. »Wir sind einander vor etwa einem Jahr begegnet.«
    »Vor etwa einem Jahr«, pflichtete Adam unbehaglich bei.
    »Sie kann doch unmöglich mit diesem pharmazeutischen Bauchladenverkäufer bekannt sein«, protestierte Freddie.
    Liz ging zu Adams Tisch hinüber. »Wir sind einander im St. Bonifaz-Krankenhaus in die Arme gelaufen.«
    Das gab er zu.
    »Bei der reizenden Cocktailparty des Dekans«, versuchte
    Liz sich zu erinnern. Plötzlich fiel es ihr ein. »Es war bei der Abschlußprüfung in Gynäkologie. Ich habe Sie durchfallen lassen«, sagte sie scharf. »Sie haben über einen Kaiserschnitt weniger gewußt als das königliche Pferdeartilleriekorps.«
    Sie kehrte ihm den Rücken zu. Adam stöhnte und griff sich an

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