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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sawatzki
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grinste, »ausschlafen, kochen, lesen, spazieren gehen, mit den Kindern reden, Gesellschaftsspiele spielen, ins Kino gehen, Sex …«
    »Also Gerald, wenn das die Kinder hören«, kicherte ich.
    Dann sahen wir uns lange an.
    Was ich an Gerald am allermeisten liebe, sind seine Augen. Die sind von einem Grün, das manchmal in einen warmen Goldton wechselt und dann wieder in kühlem Blau erstrahlt. Jetzt gerade hatten sie die Farbe von Bernstein auf moosigem Grund. Das mag sich jetzt kitschig anhören, aber genau daran erinnerte mich die Farbe.
    Ich liebe auch die Fältchen um seine Augen, die eigentlich Lachfältchen waren und sich in letzter Zeit etwas tiefer in die Haut gegraben hatten und ihn manchmal verloren und erschöpft erscheinen ließen.
    Ich blickte ihm tief in die Augen und hatte plötzlich das Gefühl, wir würden wirklich wieder ganz am Anfang stehen. »Ach, Eichkätzchen …«, sagte er zärtlich.
    Das ist mein Spitzname, weil meine Augen so braun sind wie die eines Eichkätzchens. Die Farbe meiner Augen verändert sich nie. Sie ist immer von einem langweiligen tiefen Schokoladenbraun. Egal, ob bei Tag oder Nacht. Immer gleich.
    Da sagte Gerald: »Du hast die schönsten Augen der Welt.«
    Aus dem Wohnzimmer drangen die Stimmen unserer Verwandten herüber. Mein Bruder beschwerte sich bei unserer Mutter darüber, dass sie sich nie um ihn gekümmert habe und er deshalb solche Probleme damit habe, im Leben Fuß zu fassen. Wenn man bedenkt, dass er Mitte vierzig ist, klingt das ziemlich unschön …
    »Was für ein Horror«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Gerald. »Das war das letzte Mal, dass wir mit der ganzen Familie Weihnachten feiern, das musst du mir versprechen, bitte, Gundel.«
    »Ja, das tue ich. Aber du musst mir helfen.«
    Und nach einer Pause setzte ich hinzu: »Am liebsten würde ich einfach alle rausschmeißen.«
    »Warum eigentlich nicht?«, sagte Gerald und hatte plötzlich ein diabolisches Funkeln in den Augen.

33.
    Kapitel
    »Habt ihr geknutscht?« Ricarda erschien in der Küchentür.
    »Na und? Immerhin sind wir volljährig.«
    »Ist ja abartig«, sagte sie. Aber auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
    »Wie spät ist es denn?«, fragte ich.
    »Guck doch auf deine neue Uhr!«, sagte Gerald.
    Ich lächelte kurz und sagte dann: »Geh wieder nach oben, Ricarda, ich schick die jetzt alle ins Bett!«
    »Haben wir noch Cola?«, fragte sie.
    »Im Kühlschrank.«
    Ricarda öffnete die Kühlschranktür und holte sich eine Dose Cola heraus.
    »Mir auch eine«, sagte Rolfi. Er stand plötzlich wie ein Gespenst vor mir.
    »Uaah, Rolfi, musst du mich so erschrecken? Ist leider keine mehr da«, sagte ich.
    »Oh, Mann, ich will aber auch eine Cola.«
    »Wieso hast du eigentlich so wenig eingekauft?«, fragte meine Tochter. Da hatte sie recht. Warum eigentlich?
    »Ehrlich gesagt, weiß ich auch nicht, wo das alles hingekommen ist. Und ich bin mir ganz sicher, dass ich vier Dosen Cola gekauft habe. Schau noch mal nach, Rolfi.«
    Rolfi steckte den Kopf in den Kühlschrank. »Nö, da is’ nix.«
    »Komisch.«
    Die Eierspätzle und die Aufbackbrötchen für den ersten Weihnachtstag hatte ich beim Auspacken der Tüten auch nicht gesehen.
    »Mist«, sagte ich. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    »Was ist? Was guckst du so?«, fragte Ricarda.
    Ich sah es genau vor mir: Nachdem ich im Supermarkt eingekauft und bezahlt hatte, war ich mit den Tüten nach draußen zu meinem Fahrrad gegangen. Die Kassiererin hatte noch einen unglaublich komischen Witz gemacht: »Na, hoffentlich haben Sie einen Anhänger dabei.«
    »Wofür?« Ich dachte an mein Damenrad und verstand nicht, was sie meinte.
    »Na, für Ihr Auto. Oder haben Sie einen Lastwagenführerschein?«
    Als ich versuchte, die Tüten an der Lenkstange und auf dem Gepäckträger meines Fahrrads zu befestigen, verstand ich erst, was sie gemeint hatte. Das hob meine Laune nicht gerade. Haben Sie schon mal Essen für zehn Leute und für zwei Tage eingekauft und dann auf einem Fahrrad verstaut? Nichts zu machen! Also lief ich zurück in den Supermarkt und kaufte einen Bindfaden, um die Tüten an mein Fahrrad zu knoten. Die Tüten ließ ich neben dem Fahrrad stehen. Als ich mit dem Bindfaden zurückkam, erschien mir der Tütenberg viel kleiner. Aber ich dachte mir nichts dabei.
    Jetzt erinnerte ich mich an die kleine alte Frau, die am Ende unserer Straße wohnt und die nie zurückgrüßt. Sie fiel mir auf, weil sie so unglaublich viele Tüten

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