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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sawatzki
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schleppte, dass sie beinah darunter verschwand. Sie tat mir richtig leid, wie sie da wie ein Packesel aus meinem Sichtfeld humpelte. Sie schien, wenn es nach der Menge an Tüten ging, ziemlich viele Gäste zu erwarten.
    »Heiliger Strohsack«, entfuhr es mir.
    »Was denn?« Ricarda nahm einen großen Schluck Cola.
    »Ich weiß, wer meine Tüten hat.«
    Die Alte hatte mich eindeutig beklaut, dieses Miststück. Zumindest musste ich mir jetzt keine Sorgen mehr um meinen Geisteszustand machen.
    »Ach ja, stimmt«, sagte Gerald.
    »Was stimmt?«, fragte ich. »Na, dass die Eiswürfel im Keller sind«, sagte er. »Hast du heute ja schon mal gesagt.«
    »Nicht dein Ernst, Mami«, sagte Ricarda. »Beim Hundefleisch?«
    »Weil im Gefrierfach hier oben kein Platz mehr ist. Das ist voll.«
    »Stimmt«, sagte meine Tochter. »Da liegt immer noch die eingefrorene Torte von meinem Kindergeburtstag von vor fünf Jahren drin. Immer, wenn man hier die Schränke aufmacht, kommt einem irgendwas Verschimmeltes entgegen.«
    »Das stimmt, Mami«, pflichtete ihr Rolfi bei. »Neulich hast du uns alte Schweineschnitzel aufgewärmt, die schon ganz grün waren.«
    »Die waren nur grün, weil ich an dem Tag, Spinat dazu gemacht hatte.«
    »Ich wundere mich, warum wir alle noch leben. Bei dem Zeug, das du immer aufhebst und wiederverwertest.« Ricarda schleuderte die Coladose in den Mülleimer.
    »Ricarda, da ist Pfand drauf.«
    »Okay.« Sie fischte die Dose mit spitzen Fingern wieder heraus und versuchte, sie in die überquellende Pfandflaschentüte zu quetschen, die an der Türklinke hing.
    »Mann, Scheiße, die muss man mal leer machen, da passt ja gar nichts mehr rein!«
    »Der Mann könntest du sein, Rolfi«, sagte ich trocken.
    Gerald kam mit einer Tüte Eiswürfel zurück und öffnete sie umständlich mit der Küchenschere. Die Unterhaltung im Wohnzimmer schien ihren Höhepunkt zu erreichen. Unsere Mütter hörten sich an, als seien sie kurz davor, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen.
    »So, Cocktailzeit«, sagte Gerald heiter und riss die Eiswürfeltüte auf. Dann stellte er ein paar Gläser der Reihe nach auf.
    »Meinst du, das ist eine gute Idee, Gerald? Deine Mutter ist schon ziemlich hinüber.«
    »Eben. Genau das ist mein Plan, Gundel. Wir füllen die jetzt alle ab, und dann können wir endlich ins Bett.«

34.
    Kapitel
    Geralds Cocktails bestanden aus Wodka, Sekt, Orangenlikör und etwas Johannisbeersaft. Sie schmeckten süß und sehr erfrischend nach Limonade. Mein Vater trank sein Glas in einem Zug leer, hielt es mir vor die Nase und beschwerte sich darüber, dass die Gläser zu klein seien, er habe Durst. Als ich meinte, gegen seinen Durst könne ich ihm auch etwas Nichtalkoholisches mixen, reagierte er ziemlich ungehalten. »Wenn ich dieses Getränk nachbestelle, dann möchte ich genau dieses Getränk und nicht etwas völlig anderes.«
    Also stand ich wieder auf und lief in die Küche. Ich musste meinem Bruder sowieso einen Gemüsemix zubereiten. Um diese Uhrzeit vertrug er keinen Fruchtzucker mehr.
    »Gundula?«
    Meine Mutter stand plötzlich hinter mir.
    »Wir werden morgen abreisen.«
    »Wieso denn?«
    »Es werden mir hier von allen Seiten nur Vorwürfe gemacht, ich mache anscheinend alles falsch, ich fühle mich wie der letzte Trottel.«
    »Sehr schade, Mami, aber wie du meinst.«
    Meine Mutter starrte mich an.
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, Mami, wenn es dir hier nicht gefällt, möchte ich dich nicht aufhalten.«
    »Ach so.« Sie schaute sehr schmallippig zu Boden. Dann sagte sie: »Ich frage mich, warum ihr uns überhaupt eingeladen habt, wenn wir euch sowieso nur zur Last fallen.«
    »Ihr fallt uns nicht zur Last. Im Gegenteil, wir hatten uns auf euch gefreut, aber wenn du dich hier nicht wohlfühlst, dann ist es vielleicht wirklich besser, wenn du abreist.«
    »Wir! Nicht ich. Wir! Das war ja auch Quatsch, dass ich gedacht habe, ihr könntet mir Papi ein bisschen abnehmen.«
    »Papi kann doch noch hierbleiben. Ich bring ihn dann in ein paar Tagen mit der Bahn zu dir.«
    Meine Mutter sah mich an, als würde sie jeden Moment einen hysterischen Lachanfall erleiden. Aber sie kicherte nur.
    »Also so eine blöde Idee.«
    »Nein, ernsthaft! Lass doch Papi wirklich noch ein bisschen bei uns. Wir werden gut auf ihn aufpassen, und du kannst dich zu Hause ausruhen.«
    »Wie soll ich mich denn ausruhen, wenn ich nicht weiß, ob ihr euch auch um ihn kümmert?«
    »Na, dann musst du hierbleiben!«
    »Nein, wirklich nicht.

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