Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
kreativ waren. Die Ufer- und Küstenregion bis zum Beginn des Kontinentalschelfs wurde Litoral genannt (aus dem Lateinischen »litus« für Ufer, Küste). Daran anschließend, wenn sich die Schelfkante zur Tiefseeebene hin absenkt, beginnt das Bathyal (abgeleitet vom griechischen Wort »bathys« für Tiefe). In den meisten Fällen reicht dieser Bereich bis in rund 2.000 bis 3.000 Meter Tiefe. Nun geht es in den Abgrund – im wortwörtlichen Sinne: Das Abyssal (aus dem Lateinischen »abyssus« für Abgrund) erstreckt sich bis in rund 6.000 Meter Tiefe. Darunter wird es mystisch, hier beginnt das Hadal, das sich vom griechischen Wort »hades«, die Unterwelt, ableitet.
Andererseits, wenn man sich die Namen nochmals genauer betrachtet, so besonders kreativ ist man da nun auch nicht gewesen. Aber immer noch besser, als würden wir in der Tiefseeforschung von »Jennifers« oder »Jacquelines« sprechen.
Wie viele Tiefsee-Gräben gibt es?
Da derzeit nur ein kleiner Bereich der Tiefsee der Ozeane erforscht wurde, kann auf diese Frage auch nur eine Antwort zum derzeitigen Stand (Jahr 2012) gegeben werden. Bis heute wurden 30 Tiefsee-Gräben (oft auch als Tiefsee-Rinnen bezeichnet) entdeckt, die tiefer als 6.000 Meter sind.
Diese sind: Aleutengraben, Atacamagraben, Bandagraben, Boningraben, Cedrosgraben, Diamantinagraben, Fidschigraben, Japangraben, Kaimangraben, Kermadecgraben, Kurilengraben, Marianengraben, Marshallgraben, Mittelamerikagraben (auch Mexikograben genannt), Neuhebridengraben, Neupommern-Bougainville-Graben (auch als Neubritanniengraben bezeichnet), Palaugraben, Perugraben, Philippinengraben, Phoenixgraben, Puerto-Rico-Graben, Romancherinne, Ryūkyū-Graben, Salomonengraben (oder auch San-Christobal-Graben), Santa-Cruz-Graben (manchmal auch Torres-Graben genannt), Süd-Sandwich-Graben, Sundagraben (bzw. Javagraben), Tongagraben, Witjasgraben und der Yapgraben.
Auffällig an dieser Auflistung ist, dass immerhin 24 dieser Gräben im Pazifik liegen und nur zwei (der Sunda- und der Diamantinagraben) im Indischen Ozean. Die restlichen Tiefsee-Gräben befinden sich im Atlantischen Ozean.
Wie tief sind Tiefsee-Gräben?
Der Großteil der Tiefsee-Gräben liegt zwischen 6.000 und 8.000 Meter Tiefe. Zehn Gräben sind tiefer als 8.000 Meter, nur noch sechs Gräben weltweit sind tiefer als 10.000 Meter – und daher beinahe so tief, wie die tiefste Stelle der Weltmeere, die Witjastiefe, die sich mit 11.034 Meter Tiefe im Marianengraben befindet. Die weiteren fünf Gräben sind der Tongagraben (10.882 Meter), der Boningraben (10.554 Meter), der Kurilengraben (10.542 Meter), der Philippinengraben (10.540 Meter) und der Kermadecgraben (10.047 Meter). Alle sechs Tiefen-Gräben liegen im westlichen Pazifik. Das ideale Revier für Tiefenjäger also, wie es scheint.
Was hat der Marianengraben mit Österreich zu tun?
Der Seefahrer Fernando Magellan (auch Fernão de Magalhães, geb. 1480, gest. 27. April 1521), Sohn eines verarmten portugiesischen Edelmanns, unternahm zwischen 10. August 1519 und 6. September 1522 seine zweite Weltreise, um eine Passage durch den Pazifik zu finden. Im Zuge dieser Unternehmung versuchte er im Zentralpazifik auch mit Hilfe einer Kanonenkugel, die er an einem 731 Meter langen Seil hatte befestigen lassen, den Boden auszuloten. Als dies nicht gelang, erklärte er das Meer kurzerhand für »unermesslich tief«. Am 6. März 1521 erreichte er auf seinem Flaggschiff »Victoria« aber das heutige Marianen-Archipel und deren Hauptinsel Guam. Kaum angekommen, versuchte die einheimische, indigene Bevölkerung, eines der Beiboote zu stehlen. Magellan wurde fuchsteufelswild und nannte die Inselgruppe kurzerhand »Las Islas de los Ladrones« – die Inseln der Diebe.
Diesen wenig schmückenden Namen sollte der Archipel für die nächsten fast 150 Jahre beibehalten. Zu diesem Zeitpunkt, im Jahr 1668, erreichte eine Gruppe Jesuiten auf weltweiter Bekehrungsmission auch die Inselgruppe im Pazifik. Da kurz zuvor der bisherige König von Spanien, Philipp IV., verstorben war und seine Witwe zur Alleinregentin aufstieg, war der bessere Name schnell gefunden. In Gedenken an die Wienerin Maria Anna von Österreich (geb. 23. Dezember 1634, gest. 16. Mai 1696), Witwe von Philipp IV. und – bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes 1675 – Regentin von Spanien, wurde der Archipel kurzerhand in »Marianen« umbenannt. So war eine Österreicherin zugleich auch Namensgeberin für den tiefsten Meeresgraben der
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