Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
schornsteinähnlichen Schlote, die auch Namensgeber der Raucher sind.
Durch die Schwefelverbindungen, die abgestoßen werden, färbt sich das austretende Wasser schwarz, was den zweiten Teil des Namens erklärt. Bei Weißen Rauchern werden vor allem Barium, Kalzium und Silikate abgegeben, was eine weißliche Färbung erzeugt.
Wieso ist Wasser bei über 400° C noch flüssig?
Wer in Physik aufgepasst hat, erinnert sich vielleicht noch an die Bezeichnung »kritischer Punkt« in der Thermodynamik. Als solchen bezeichnet man den Punkt eines thermodynamischen Zustands, an dem ein flüssiger Körper in einen gasförmigen Zustand übergeht. Bei Wasser liegt dieser Punkt bei 374° Celsius. Nun ist es aber so, dass in der Tiefsee scheinbar andere Gesetze gelten.
An hydrothermalen Schloten am Mittelatlantischen Rücken wurden in 3.000 Meter Tiefe Wassertemperaturen gemessen, die weit darüber lagen. Rekordhalter sind die beiden Schwarzen Raucher »Two Boats« und »Sister Peaks«, bei denen bis zu 464° Celsius heißes Wasser ausgestoßen wird. Da der Umgebungsdruck in dieser Tiefe aber bei knapp 300 bar liegt, ist auch der kritische Punkt bedeutend höher als an der Oberfläche. Da die Wissenschaftler natürlich nicht hinnehmen konnten, dass etwas gegen die thermodynamischen Grundregeln verstößt, wurde dieses Phänomen auch gleich mit einem Namen belegt: man spricht hier von »überkritischem Wasser«.
Falls es übrigens unsere Leser interessieren sollte, wem dieser kreative Name eingefallen ist (uns hat es interessiert): Der Franzose Baron Charles Cagniard de la Tour entdeckte als erster im Jahr 1822 die Tatsache, dass bei Änderung des Umgebungsdrucks, sich auch der kritische Punkt einer Flüssigkeit ändert. Er sprach daraufhin von »überkritischen Flüssigkeiten«. Als man im Jahr 2005 die oben erwähnten Hydrothermalschlote mit dem »überheißen« Wasser entdeckte, wurde dafür einfach der Begriff »überkritisches Wasser« eingeführt.
Welche Auswirkungen hat El Niño auf die Tiefsee?
Normalerweise beträgt die Wassertemperatur im Pazifik vor Indonesien um die Weihnachtszeit rund 28° C. Zur selben Zeit liegt sie vor der südamerikanischen Küste vor Peru nur bei erfrischenden 24° C. Verantwortlich dafür ist der Humboldtstrom, eine kalte Meeresströmung an der Westküste Südamerikas. Diese nach dem deutschen Naturforscher Alexander von Humboldt benannte Meeresströmung fließt von der Antarktis – parallel zu den Anden – bis in den hohen Norden. Da das transportierte Wasser aus der Antarktis sehr kalt ist, wird auch die durchschnittliche Wassertemperatur vor Südamerika um bis zu 8° C gegenüber dem freien Ozean abgekühlt. Durch diese kälteren Gewässer wird aufgrund der Passatwinde auch die darüber liegende Luft abgekühlt. Kaltes Wasser aus der Tiefsee steigt nach oben und durchmischt sich mit dem wärmeren Oberflächenwasser.
Kommt es nun allerdings zu einem Wetterphänomen, das gemeinhin, da es immer um die Weihnachtszeit auftritt, als »El Niño« (spanisch: das Christuskind) bekannt ist, dreht sich dieser Wassertransport um. Innerhalb von nur rund drei Monaten wird entlang des Äquators das warme Wasser aus Südostasien nach Südamerika transportiert. Das Ergebnis: Im Pazifik vor Südamerika wird es wärmer, vor Australien und Indonesien kälter. Vor der Küste Südamerikas schwächt El Niño zudem den Humboldtstrom bis zum Erliegen ab. Dadurch erwärmen sich auch die oberen Wasserschichten vor der Küste Perus und werden nicht mehr mit dem nährstoffreichen Tiefenwasser durchmischt. In Folge stirbt auch eine der Hauptnahrungsquellen ab: Plankton.
Ob El Niño nun wirklich ein natürliches Klimaphänomen ist, das in unregelmäßigen Zyklen wiederkehrt, oder doch eine Auswirkung der globalen Erderwärmung, kann niemand so genau sagen. Dass dadurch aber die sowieso mit Nahrung nicht wirklich reich bedachten Tiefseebewohner noch weniger zu essen bekommen als sonst, ist eine traurige Gewissheit. Eine weitere traurige Gewissheit ist, dass durch dieses Phänomen auch das globale Wetter beeinflusst wird. Extreme Regenfälle, Überschwemmungen, aber auch Dürreperioden sind direkte Auswirkungen dieses »Christkindes«. Eine Bescherung, auf die wohl viele gerne verzichten würden.
Was transportiert das Globale Förderband?
Die Ozeane unserer Erde sind gar nicht so abgeschottet, wie man annehmen könnte. Die Verbindung zwischen diesen Gewässern ist das sogenannte »Globale Förderband«,
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