Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
und Neuseeland führen sollte. Über die Torres-Straße gelangte man schließlich bis an die Südküste von Neuguinea.
Auf ihrem Weg in Richtung Japan machten die Wissenschaftler eine seltsame Entdeckung: ihr Echolot spielte fast verrückt und zeigte 8.164 Meter Wassertiefe an. Eine solche Tiefe galt bis dahin als unmöglich. Sie konnten es noch nicht wissen: in diesem Augenblick hatten sie eine Messung im Marianengraben durchgeführt. Das heutzutage noch bekannte Challengertief in dieser Gegend, das mit 10.994 Metern die zweittiefste Stelle der Weltmeere ist, wurde nämlich erst im Jahr 1951 entdeckt – allerdings auch durch eine Challenger, nämlich durch das britische Vermessungsschiff Challenger II.
Nach etlichen Dredschzügen mit unzähligen an Bord geholten Meerestieren, führte die Fahrt nun an etlichen Inseln vorbei nach Japan, wo die Besatzung am 11. April 1875 feierlich empfangen wurde. Es war langsam aber sicher an der Zeit, die gewonnenen Erkenntnisse in der Heimat auszuwerten. Immerhin dauerte die Heimfahrt noch über ein Jahr. Schließlich musste man auch auf der Heimreise noch unzählige Dredschzüge und Lotungen durchführen. So erreichte die HMS Challenger schließlich am 24. Mai 1876 den sicheren Hafen in Spithead in Hampshire. Die Kabinen waren bis oben hin vollgestopft mit allerlei Exponaten, die aus den Tiefen der Weltmeere an Bord geholt worden waren. Bei insgesamt 240 Trawlzügen entdeckten die Wissenschaftler 4.717 neue Arten von Meeresorganismen. Zusätzlich unternahmen sie auf der 68.890 Seemeilen langen Fahrt 374 Tiefseelotungen und 255 Tiefseetemperaturmessungen. Die Auswertung aller Daten und Proben der Expedition sollte noch Jahrzehnte dauern und 50 Bücher füllen. Während der gesamten Fahrt war der Assistent von Wyville Thompson, der schottische Marinebiologe John Murray (geb. 3. März 1841, gest. 16. März 1914) fleißig am Verfassen der Berichte der Expedition. Sein Werk gilt heute als eines der Meilensteine der Ozeanographie. Tragischerweise verstarb Murray aber nicht auf hoher See, sondern während eines Autounfalls in der Nähe seines Wohnhauses. Bei der geringen Anzahl an Autos in diesen Tagen muss man das auch erst mal schaffen.
Was war die Pola-Expedition?
Kurz nach Beendigung der ergebnisreichen britischen Challenger-Expedition wollte auch die K.u.K. Monarchie Österreich als große Seemacht nicht hinten anstehen und ebenfalls in die Erforschung der Weltmeere investieren. Zwischen 1890 und 1898 organisierte die Österreichische Akademie der Wissenschaften einige Expeditionen mit dem zum Forschungsschiff umgebauten Transportdampfers SMS Pola.
Von ihren Reisen ins östliche Mittelmeer, die Adria und das Rote Meer brachten die Expeditionsteilnehmer rund um ihren wissenschaftlichen Leiter, den Wiener Ichthyologen Franz Steindachner, eine Unzahl bis dato unbekannter Tierarten ins kaiserliche Wien zurück, darunter auch deren ersten Tiefseefisch aus der Adria. Das Material der Pola-Mission kann heute noch im Naturhistorischen Museum in Wien begutachtet werden. Das theoretische Wissen wurde in 14 Denkschriften an der Akademie der Wissenschaften in Wien veröffentlicht und lagert heute in der Österreichischen Nationalbibliothek. Höhepunkt der Expeditionen war sicher der 28. Juli 1891. An diesem Tag wurde 50 Seemeilen südwestlich von Kap Matapan mit 4.404 Metern die bis dahin größte Tiefe des Mittelmeers gemessen. Zu Ehren der historischen Mission trägt diese heute noch den Namen »Pola-Tiefe«.
Was hatte Johann-Wolfgang von Goethe
mit der Tiefseeforschung zu tun?
Als der deutsche Arzt und Naturforscher Dr. Johann Christian Senckenberg im Jahr 1772 gestorben war, hinterließ er ein Vermögen von 95.000 Gulden, das in seine Stiftung einfließen sollte, die er 1763 gegründet hatte. Ganz im Sinne ihres Stifters sollte sie der Wissenschaft dienen. Die Stiftung umfasste ein Bürgerhospital, das heute noch besteht, sowie das Medizinische und Wissenschaftliche Institut am Eschenheimer Turm in Frankfurt samt angeschlossener reichhaltiger Bibliothek, die auch Laien Zugang zu den Wissenschaften gewähren sollte.
Nach seinem Tode – übrigens auf der Baustelle von Senckenbergs eigenem Anatomischen Institut – entwickelte sich das Bürgerhospital zwar bestens, die Arbeit des wissenschaftlichen Institutes geriet dagegen aufgrund von Verwaltungsstreitigkeiten immer mehr ins Hintertreffen. Dies änderte sich erst, als der Dichterfürst Johann-Wolfgang von Goethe (geb. 28. August
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