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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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kamen auf dem Deck hinter dem Aussichtsraum ins Freie.
    Nachdem sie einige Augenblicke gewartet hatten, bis ihre Hustenanfälle nachließen und ihre schmerzenden Lungen mit reiner Luft gefüllt waren, blickten sie schreckerfüllt über das verlorene Schiff.
    Die
Leonid Andrejew
hatte zwanzig Grad Schlagseite nach Backbord. Tausende von Gallonen Öl waren ins Meer geflossen und brannten. Das Wasser um das durch die Explosion gerissene gezackte Leck war ein Flammenmeer. Die ganze Schiffsmitte glich einer lodernden Fackel. Infolge der ungeheuren Hitze waren die Stahlplatten rotglühend geworden und verbogen sich zu verzogenen, grotesken Formen. Weiße Ölfarbe verwandelte sich in schwarze Blasen, die Teakdecks waren fast durchgebrannt, und das Glas in den Bullaugen zerplatzte wie von Gewehrschüssen.
    Die Flammen breiteten sich mit unglaublicher Schnelligkeit aus, weil die Meeresbrise sie zur Brücke trieb. Der Nachrichtenraum war bereits ein Raub der Flammen geworden, und der diensthabende Offizier an seinem Funkgerät verbrannt.
    Feuer und wirbelnder Rauch schossen durch die Niedergänge und Lüftungsschächte nach oben. Die
Leonid Andrejew
war, wie alle modernen Kreuzfahrtschiffe, brandsicher entworfen und gebaut worden, aber keine präzise Planung oder weitsichtige Vorsorge hätte die verheerenden Wirkungen einer Öltankexplosion einplanen können, die das Schiff wie ein Flammenwerfer mit Feuer überschüttete.
    Eine ungeheure Wolke aus öligem Rauch türmte sich mehr als hundert Meter auf, flachte in den oberen Luftströmungen ab und breitete sich wie ein Leichentuch über das Schiff. Die Basis der Wolke war ein mächtiger, orangegelber Flammenstrom, der tobend an- und abschwoll. Weiter unten, in den tieferen Abschnitten des Schiffsrumpfes, waren die Flammen acetylenblauweiß, wurden infolge der durch die zerborstenen Platten eindringenden Luft auf Schmelztemperatur angeheizt und wirkten wie ein Hochofen.
    Obwohl es vielen Passagieren gelang, sich über die Treppen hinauf zu kämpfen, lagen über hundert tot unten, manche waren in ihren Kabinen überrascht worden und dort verbrannt, andere waren bei dem Versuch, nach oben zu entkommen, durch die Rauchgase erstickt.
    Diejenigen, die es geschafft hatten, wurden durch die Flammen in Richtung zum Heck und weg von den Rettungsbooten getrieben.
    Alle Bemühungen der Besatzung, die Ordnung aufrechtzuerhalten, wurden vom Chaos vereitelt. Schließlich überließen sie die Passagiere sich selbst, und keiner wußte, wohin er sich wenden sollte. Alle Rettungsboote auf Backbord brannten, und auf Steuerbord konnten nur drei zu Wasser gelassen werden, bevor das Feuer die Besatzung zurücktrieb.
    Eines der Boote begann sogar erst zu brennen, als es auf das Wasser aufsetzte.
    Nun begannen Menschen wie Lemminge ins Wasser zu springen. Die Fallhöhe betrug fast fünfzehn Meter, und etliche Passagiere, die Schwimmwesten angelegt hatten, begingen den Fehler, sie vor dem Sprung hinab aufzublasen, so daß sie sich beim Aufprall auf das Wasser den Hals brachen. Einige Frauen blieben vor Entsetzen gelähmt stehen und hatten Angst, den Sprung zu wagen. Männer fluchten verzweifelt. Die Menschen im Wasser schwammen auf die wenigen Rettungsboote zu, aber die Matrosen, die sie bemannten, starteten die Motoren und fuhren außer Reichweite, um nicht durch Überbelastung unterzugehen.
    Inmitten dieser hoffnungslosen Szenerie traf das Containerschiff ein. Der Kapitän brachte sein Schiff auf hundert Meter an die
Leonid Andrejew
heran und ließ seine Boote so schnell zu Wasser wie möglich. Ein paar Minuten später erschienen dann auch Rettungshubschrauber der US-Marine und begannen, Überlebende aus dem Meer aufzufischen.
58
    Loren starrte versteinert und fasziniert auf die näherkommende Feuerwand. »Sollten wir nicht springen oder sonst was tun?« fragte sie unsicher.
    Pitt antwortete nicht sofort. Er begutachtete das geneigte Deck und schätzte die Schlagseite auf vierzig Grad. »Man soll nichts überstürzen«, sagte er mit ausdrucksloser Ruhe. »Es wird noch gut zehn Minuten dauern, bis die Flammen uns erreichen. Je weiter sich das Schiff nach Backbord neigt, desto geringer wird die Sprunghöhe. Inzwischen sollten wir beginnen, die Liegestühle über Bord zu werfen, damit die armen Kerle im Wasser etwas haben, woran sie sich festhalten können, bis sie herausgefischt werden.«
    Erstaunlicherweise reagierte Larimer als erster. Er begann, hölzerne Liegestühle auf seine kräftigen Arme zu

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