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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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laden und sie über die Reling zu werfen. Er sah tatsächlich aus, als mache es ihm Spaß. Moran duckte sich, schweigend und unbeteiligt, vor Angst erstarrt, an ein Schott.
    »Achten Sie darauf, daß Sie keinen Schwimmer am Kopf treffen«, mahnte Pitt Larimer.
    »Das würde ich nicht wagen«, antwortete der Senator mit müdem Lächeln. »Es könnte ein Wähler sein, und ich will nicht eine Stimme verlieren.«
    Nachdem alle in Sicht befindlichen Stühle über die Reling gegangen waren, blieb Pitt zwei oder drei Sekunden lang stehen und schätzte die Lage ein. Die Hitze war noch nicht unerträglich. Das Feuer würde die am Heck zusammengedrängten Menschen zumindest ein paar Minuten lang noch verschonen. Er drängte sich wieder durch die dichte Menge zur Backbordreling. Die Wellen wogten nur noch sechs Meter unter ihm.
    Er rief Giordino zu: »Hilf mir, diese Leute hinunterzubringen!« Dann drehte er sich um und legte die Hände trichterförmig an den Mund.
    »Sie haben keine Zeit mehr zu verlieren!« schrie er, so laut er konnte, um das wilde Durcheinander der geängstigten Menge und das Brausen des Brandes zu übertönen. »Ihr müßt schwimmen oder sterben!«
    Mehrere Männer verstanden den Wink, ergriffen die Hände ihrer protestierenden Frauen, stiegen auf die Reling und gerieten außer Sicht. Dann kamen drei weibliche Teenager, die ohne Zögern in die blaugrünen Wellen sprangen.
    »Schwimm zu einem Liegestuhl und halt dich dran fest, um nicht unterzugehen«, wies Giordino jeden mehrmals an.
    Pitt trennte Familien zu einzelnen Gruppen, und während Loren den Kindern Mut zusprach und sie ablenkte, ließ er die Eltern springen und sich an einem treibenden Liegestuhl festklammern. Dann hielt er die Kinder an den Händen über die Schiffsflanke, soweit er reichen konnte, ließ sie fallen, und hielt besorgt die Luft an, bis Mutter und Vater sie sicher zu sich zogen.
    Die große Flammenwand kam stetig näher, und das Atmen wurde immer schwieriger. Die Hitze war nun so groß, als stünden sie vor einem offenen Hochofen. Mit einem kurzen Überblick über die noch Anwesenden stellte Pitt fest, daß nur noch dreißig übrig waren, es würde also knapp werden.
    Ein großer dicker Mann blieb stehen und weigerte sich, weiterzugehen. »Das Wasser ist voller Haie!« schrie er hysterisch. »Wir sind besser dran, wenn wir hier auf die Hubschrauber warten.«
    »Die Hubschrauber können wegen der Luftwirbel durch die Hitze nicht über dem Schiff schweben«, erklärte Pitt geduldig.
    »Sie können wählen zwischen zu Asche verbrennen oder ins Wasser springen. Was wollen Sie? Schnell, Sie halten die anderen auf.«
    Giordino machte zwei Schritte und hob mit seinen kräftigen Armen den unentschlossenen Dicken vom Boden und warf ihn unsanft über Bord.
    »Schick mir eine Postkarte«, rief er ihm noch nach.
    Diese unerwartete Einlage motivierte die wenigen noch vorhandenen Passagiere positiv. Einer nach dem anderen verließ das brennende Schiff, wobei Pitt den älteren Paaren beim Absprang half. Als der letzte endlich aus dem Weg war, sah sich Pitt nach Loren um. »Jetzt bist du dran«, bestimmte er.
    »Ich gehe nicht ohne meine Kollegen«, erklärte sie mit weiblicher Entschlossenheit.
    Pitt starrte hinunter, um sich zu vergewissern, daß das Wasser frei war. Larimer war so schwach, daß er kaum seine Beine über die Reling heben konnte. Giordino half ihm, während Loren Arm in Arm mit Moran sprang. Pitt sah besorgt zu, bis sie sich alle von der Schiffswand abgestoßen hatten und wegschwammen; er bewunderte Lorens Ausdauer, die Larimer ermunternde Worte zurief, während sie Moran am Kragen mit sich zog.
    »Hilf ihr lieber«, rief Pitt zu Giordino.
    Er mußte seinen Freund nicht erst drängen, denn er war schon ohne ein weiteres Wort bei ihr.
    Pitt warf einen letzten Blick auf die
Leonid Andrejew
. Die Luft ringsum zitterte in der Gluthitze, während Flammen aus all ihren Öffnungen schossen. Die Schlagseite überschritt bereits fünfzig Grad, und das Ende konnte nur noch Minuten dauern. Der Steuerbordpropeller stand schon aus dem Wasser, und wo das Schiff ins Wasser tauchte, zischte Dampf in weißen dichten Wolken.
    Als Pitt zum Sprung ansetzte, verharrte er verwundert: Er sah einen Arm in zwölf Meter Entfernung aus einem Bullauge ragen. Ohne zu zögern, hob er eine der noch triefendnassen Decken vom Deck auf, warf sie sich über den Kopf und legte die Entfernung mit wenigen Sprüngen zurück. In der Kabine rief eine Stimme um Hilfe. Er

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