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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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blickte hinein und sah ein weibliches Gesicht mit entsetzt aufgerissenen Augen. »O mein Gott, bitte helfen Sie uns!«
    »Wie viele sind Sie?«
    »Ich und zwei Kinder.«
    »Reichen Sie mir die Kinder heraus.« Das Gesicht verschwand für eine Sekunde, und rasch wurde ein etwa sechsjähriger Junge durch die schmale Luke geschoben. Pitt nahm ihn zwischen seine Beine und hielt die Decke wie ein Zelt über sie beide. Als nächstes kam ein kaum dreijähriges Mädchen, das unglaublicherweise tief und fest schlief.
    »Geben Sie mir Ihre Hand«, befa hl Pitt, obwohl er wußte, daß es hoffnungslos war.
    »Ich komme nicht durch!« schrie die Frau. »Die Öffnung ist zu klein.«
    »Haben Sie Wasser im Badezimmer?«
    »Der Druck ist weg.«
    »Ziehen Sie sich nackt aus!« schrie Pitt verzweifelt.
    »Verwenden Sie Ihre Kosmetika. Schmieren sie sich den Körper mit Gesichtscreme ein.«
    Die Frau begriff und verschwand im Inneren der Kabine. Pitt drehte sich um, nahm unter jeden Arm ein Kind und rannte zur Reling. Zu seiner Erleichterung erspähte er Giordino, der aus dem Wasser nach oben blickte. »Al«, rief Pitt, »fang auf!«
    Falls Giordino darüber erstaunt war, daß Pitt mit zwei weiteren Kindern daherkam, so ließ er es sich zumindest nicht anmerken.
    Er streckte die Arme aus und fing sie mühelos auf, als wären sie Fußbälle.
    »Spring!« schrie er Pitt zu. »Sie geht unter!« Ohne zu antworten, rannte Pitt zurück zu dem Bullauge. Es war ihm nur in einem entfernten Winkel seines Denkens klar, daß die Rettung der Mutter ein Akt reiner Verzweiflung war. Er dachte nicht mehr vernünftig; seine Bewegungen schienen zu einem anderen Mann zu gehören, einem vollkommen Fremden.
    Die Luft war so heiß und trocken, daß sein Schweiß verdunstete, bevor er aus den Poren drang. Die Hitze strahlte vom Deck aus und drang durch seine Schuhsohlen. Er stolperte und stürzte beinahe, als ein heftiges Zittern durch das todgeweihte Schiff lief und es plötzlich schwankte, während das Deck in noch schrägerem Winkel nach Backbord absackte. Es war ihr letzter Todeskampf, bevor sie kenterte und auf den Boden des Meeres sank.
    Pitt kniete an der schrägen Kabinenwand und langte durch das Bullauge hinein. Zwei Hände umspannten seine Handgelenke, und er zog aus Leibeskräften. Die Schultern und der Busen der Frau zwängten sich durch die Öffnung. Er zog noch einmal kräftig an, und ihre Hüften quetschten sich schließlich hindurch.
    Die Flammen kamen näher und leckten an seinem Rücken…
    Unter seinen Füßen brach das Deck ein. Er hielt die Frau um die Taille und sprang vom Rand der Kabine, während die
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sich herumwälzte; ihre Propeller tauchten aus dem Wasser auf und hoben sich der Sonne entgegen. Die beiden wurden durch den heftigen Sog nach unten gedrückt und herumgewirbelt wie Puppen in einem Strudel. Pitt schlug mit der freien Hand und den Füßen um sich, kämpfte sich nach oben und sah, wie die schimmernde Oberfläche mit quälender Langsamkeit von grün zu blau wechselte.
    Das Blut pochte in seinen Ohren, und er hatte das Gefühl, als wäre seine Lunge voller wütender Wespen. Ein dünner schwarzer Schleier begann seine Sicht zu trüben. Er spürte, wie die Frau unter seinem Arm schlaff wurde, und ihr Körper ihn daran hinderte, weiterzukommen. Er verbrauchte das letzte bißchen Sauerstoff, und in seinem Kopf blitzte ein Feuerwerk auf. Eine Explosion wurde zu einem leuchtenden orangefarbenen Ball, der größer wurde, bis er sich in einen flimmernden Blitz verwandelte.
    Er durchbrach die Wasseroberfläche, und da war sein Gesicht der Nachmittagssonne zugewandt. Dankbar atmete er die frische Luft ein, bis die Schwärze, das Pochen und Brennen in seiner Lunge aufhörten.
    Dann umfaßte er rasch den Bauch der Frau, drückte mehrmals kräftig darauf und zwang so das Salzwasser aus ihrer Kehle. Sie krümmte sich krampfhaft und begann zu würgen, worauf ein Hustenanfall folgte. Erst als ihre Atmung sich wieder fast normalisierte und sie stöhnte, schaute er nach den anderen aus.
    Giordino schwamm auf Pitt zu und stieß einen der Liegestühle vor sich her. Die beiden Kinder saßen darauf, ohne die sie umgebende Tragödie zu erfassen, und lachten fröhlich über Giordinos Repertoire an komischen Gesichtern.
    »Ich habe mich allmählich schon gefragt, ob du überhaupt noch mal auftauchen würdest«, sagte er.
    »Das tun miese Typen immer«, flachste Pitt, der die Mutter der Kinder über Wasser hielt, bis sie sich genügend

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