Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
schnalle? Aber so schlau wie ihr bin ich allemal.«
Pia war sauer. Man durfte einiges mit ihr anstellen, aber sie für dumm verkaufen, das war sehr unklug.
»Tut mir Leid, Pia. Ich hab dir keine zweite Feder geschickt. Auch die erste nicht. Die kam vom Kilian. Ich vermute, dass ihm dabei ein Fehler unterlaufen ist. Tut mir echt Leid. War keine Absicht.«
»Das will ich euch auch geraten haben.«
Pia beruhigte sich wieder. »Ich schick sie dir gleich zurück.«
»Danke, Pia.«
»Ach ja, bevor ich’s vergesse. Stephan steht kurz vor Fertigstellung unseres Schädels. Du kommst am besten in einer Stunde vorbei, wenn du dein Gesicht haben willst.«
»Abgemacht. Prima. Und, Pia … Danke.«
Pia legte auf, und Heinlein atmete erst mal tief durch. Sabine kam hinzu und baute sich vor ihm auf. »Schorsch, das wird dich einiges kosten.«
»Was, Sabine?«, fragte er genervt.
»Jetzt maul mich auch noch an. Ich leg mich für dich ins Zeug …«
»Ja, schon gut. Entschuldige. Ich bin etwas nervös.«
»Da hast du auch allen Grund dazu. Dieses hinterfotzige Luder hat natürlich keinen Piep dazu gesagt, ob sie den Typen aus der Sanderau in der Mangel haben. Aber …«
»Was aber?«
»Sie haben ihn.«
»Woher willst du das wissen? Ich dachte …«
»Ich kenn das Luder. Wenn die mir zuckersüß kommt und mir erzählt, wie toll mein neuer Nagellack …«
»Sabine!«, schrie Heinlein, der sich nicht mehr beherrschen konnte. »Jetzt red endlich!«
»Die Tussi hat das Gespräch von Oberhammers Apparat aus angenommen. Ich hab’s auf meinem Display gesehen. Auf jeden Fall hab ich ihn im Hintergrund gehört, wie er jemanden fragte, ob er den Namen desjenigen verstanden habe, der auf dem Löwen saß.«
»Ich bin verloren«, sagte Heinlein und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. »Ende, aus, alles vorbei. Arrividerci, Pension, au revoir, Claudia.«
»Was hat Claudia damit zu tun?«
»Meinst du, sie gibt sich nach all den Jahren mit einem Mann zufrieden, der zurück zum Streifendienst beordert wird?«
»Wenn sie dich liebt, dann wird sie an deiner Seite bleiben, bis …«
»Sabine! Du schaust zu viel von diesen Seifenopern. Als ich Kommissar geworden bin, ist auch sie befördert worden. Beim Friseur, beim Metzger, in der Bäckerei. Sogar ihre Mutter nennt sie nur noch ›Meine Tochter, die Frau Kommissarin‹. Verstehst du, was ich meine? Für sie wird das genauso schlimm.«
»Das wird schon wieder«, tröstete sie ihn, musste ihn aber allein lassen, als in ihrem Zimmer das Telefon klingelte.
Heinlein ließ seinen Oberkörper kraftlos auf den Schreibtisch fallen. Er breitete die Arme aus, als hinge er bereits am Kreuz.
»Zwanzig Jahre hab ich geschuftet, und dann so was. Dieser verflixte Caipirinha … Und, wer ist an allem schuld? Unser Superbulle hat mir das eingebrockt. Wäre er nicht gewesen, dann wär ich nie in dieses Lokal, hätte nichts getrunken, hätte nicht getanzt, hätte …«
Das Telefon unterbrach sein Gejammere. Das war bestimmt Oberhammer. Heinlein würde ihm, der ihn jetzt wahrscheinlich feuern wollte, in aller Ruhe erzählen, wer hinter der dummen Aktion mit den Löwen eigentlich stand.
»Heinlein«, sagte er ruhig und bestimmt.
Als er seinen Kollegen Günther vom KDD hörte, war er beinahe enttäuscht.
Günther erzählte ihm, dass bei der Befragung in der Nachbarschaft die Frauenleiche aus dem Husarenwäldchen identifiziert worden war. Es war eine Hausmeisterin gewesen, angeblich nicht gerade ein Sonnenschein. Einer der Mieter hatte sie auf dem Foto erkannt.
»Wo wohnt sie?«, fragte Heinlein eher beiläufig. Er war mit den Gedanken noch bei Oberhammer.
»Rennweger Ring 1a.«
Moment mal, die Straße war doch in den Akten irgendwo aufgetaucht. Er sagte Günther, dass er in einer halben Stunde vor Ort sein würde, und verabschiedete ihn.
»Rennweger Ring la. Wo hab ich das nur gelesen?«
Heinlein schob eine Akte nach der anderen von einer Ecke in die andere, bis er die Akte ›Tiepolo‹ in den Händen hielt und sich sicher war, dass der Straßenname darin aufgetaucht war. Er blätterte alle Aussagen durch, suchte nach Namen und Adressen und wurde fündig.
»Na also. Rennweger Ring la. Ronald Furtwanger.«
Heinlein sprang auf, gab Sabine Bescheid und machte sich auf den Weg zu Furtwangers Adresse, wo auch die tote Hausmeisterin gewohnt hatte.
Als er vor dem Haus angekommen war, hatte sich ein kleiner Pulk aus Nachbarn, Neugierigen und Spaziergängern gebildet. Heinlein bahnte sich
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