Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
Abschlussbericht erstellen und hatte es der Vollständigkeit halber …«
»Bist du verrückt?«, schrie Heinlein. »Willst du mich um meinen Job bringen?«
Sabine wich zurück. So hatte sie den Schorsch noch nie schreien hören. Und schon gar nicht mit ihr. »Wieso sollte…?«
»Weil er diese verdammte Aussage nicht haben darf. Er hat bestimmt was anderes mit ihr vor.«
Heinlein lief wie angestochen in seinem Büro herum, bis er schließlich die Akte auf seinen Tisch warf. Es musste ihm was einfallen. Dringend, bevor es zu spät war.
Oberhammer hatte die Zeugenaussage, das war klar. Nur, was machte er mit ihr? Sie lesen. Auch klar. Und dann? Er blieb stehen, blickte im Zimmer umher, als läge die Antwort auf einem Stuhl oder klebte am Schrank. Sein Blick verfing sich in einem Spiegel. Er sah sich. Dann kam die Antwort mit aller Wucht. Oberhammer würde mit dem Zeugen sprechen wollen und … eine Täterbeschreibung erfragen.
Heinlein schlug die Akte ›Löwen‹ auf und nahm die Zeugenaussage zur Hand. Dann griff er zum Telefonhörer und wählte die angegebene Nummer. Doch plötzlich schoss es ihm glasklar durch den Kopf, dass ihn der Zeuge erkennen könnte. Sofort knallte er den Hörer zurück auf die Gabel und ging mit der Akte zu Sabine.
»Ruf an und schau, ob der Typ noch da ist, der Zeuge. Los, beeil dich.«
Sabine wählte die Nummer und ließ es klingeln. Dreimal, viermal. Niemand antwortete. Sabine zuckte mit den Schultern.
»Nimmt keiner ab«, sagte sie trocken.
»So ein verdammter Mist«, fluchte Heinlein und schlug mit der Faust gegen den Schrank.
»Was ist denn so wichtig an dem Typen? Hat der was mit dem Video zu tun?«
»Welches Video?«, fragte er entsetzt.
»Na, das Video, das im Fernsehen gelaufen ist.«
»Das gibt’s doch gar nicht mehr.«
»Aber der Kilian hatte es doch noch vor Oberhammer gerettet, als er sich’s anschauen wollte.«
»Wie kann …«
»Einer der Techniker hat sich eine Kopie vom Doku-Band des Senders ziehen lassen. Die sind verpflichtet, alles, was sie ausstrahlen, für ein paar Wochen zu dokumentieren.«
Heinlein schlug sich an die Stirn. Verdammt, wie hatte er das nur übersehen können? »Und was ist auf dem Band drauf gewesen?«, fragte er scheinheilig.
»Das weißt du ganz genau«, sagte Sabine und schaute ihn wissend an.
Heinlein war es sichtlich peinlich, dass ihn jemand durchschaut hatte. Er wandte sich ab, kam aber nochmal zurück.
»Tu mir einen Gefallen, Sabine-Maus«, begann er.
»Das klingt gut, Schorsch. Mach weiter.« Sabine genoss es, dass sie etwas bei Heinlein gut hatte. Wer wusste, wann sie es mal brauchte.
»Ruf mal bei der Uschi an und …«
»Kein Stück!«, kam die prompte Absage.
»Jetzt stell dich nicht so an. Ruf nur mal an und versuch rauszufinden, ob da was läuft.«
»Du meinst, ob der Zeuge dort ist?«
»Du bist ein helles Köpfchen, mein Schatz. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.«
Heinlein ließ kein weiteres Nein zu.
Sabine haderte mit sich. »Diese Schnepfe soll ich anrufen? Kanaille, Miststück, Lackdiebin, krummbeinige Eule.«
Sie wählte dann doch Uschis Nummer und wartete. Dabei fielen ihr noch weitere Bezeichnungen für ihre Intimfeindin ein. Ihr Mund formte Worte, die sie ihrem ärgsten Feind nicht wünschte. Bis auf Uschi.
»Hallo, Uschi«, hauchte sie ins Telefon, »was ich heute Morgen vergessen habe … Ich wollte mich nochmal bei dir erkundigen, woher du dieses tolle Kostüm hast. Es sitzt so gut, wie wenn du es eigens für dich hast anfertigen lassen …«
Mehr hörte Heinlein nicht, denn plötzlich läutete sein Telefon. Zum zweiten Klingeln kam es nicht mehr.
»Ja«, sagte er hastig.
»Pia hier.«
»Tut mir Leid, Pia. Ich hab jetzt überhaupt keine Zeit für dich. Ich warte auf eine dringende Information. Ich melde mich wieder. Mach’s …«
»Jetzt halt mal die Luft an«, unterbrach sie ihn. »Nicht dass ich nicht etwas Wichtigeres zu tun hätte, auch nicht, dass mir langweilig ist …«
»Pia!«, ermahnte sie Heinlein.
»Sag mal, wollt ihr mich verarschen, oder macht ihr wieder ein paar Testspielchen mit mir?«
Heinlein verstand nicht, was sie meinte. »Was redest du da? Was für Testspielchen?«
»Na, die Feder.«
»Welche Feder?«
»Verdammt, jetzt reicht’s mir aber langsam mit eurem Haufen. Du oder wer auch immer hat mir die gleiche Feder, die ich erst vorgestern auf die Tatwaffe hin untersucht habe, nochmal geschickt. Ihr glaubt vielleicht, dass ich so was nicht
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