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Tiere essen

Tiere essen

Titel: Tiere essen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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müssten.
    Es liegt auf der Hand, dass es nicht besonders gesund sein kann, deformierte, mit Medikamenten abgefüllte, gestresste Vögel in einem schmutzigen Raum voller Kot zusammenzupferchen. Abgesehen von Deformitäten sind Augenschäden, Blindheit, bakterielle Knocheninfektionen, Wirbelverschiebungen, Lähmungen, innere Blutungen, Anämie, Sehnenschäden, verkrümmte Unterschenkel und Hälse, Erkrankungen der Atemwege und schwache Immunsysteme häufige und seit Langem bestehende Probleme in der Massentierhaltung. Wissenschaftliche Studien und amerikanische Regierungsberichte lassen darauf schließen, dass praktisch alle Hühner (mehr als 95 Prozent) mit E. coli infiziert werden (ein Indikator für fäkale Verunreinigungen) und zwischen 39 und 75 Prozent der Hühner im Supermarkt es immer noch sind. Etwa acht Prozent der Vögel haben Salmonellen (vor einigen Jahren war es noch jeder vierte, und auf manchen Farmen ist das immer noch so). 70 bis 90 Prozent sind mit einem anderen potenziell tödlichen Krankheitserreger verseucht, Campylobacter. Normalerweise werden Schleim, Geruch und Bakterien durch Chlorbäder entfernt.
    Natürlich könnte der Verbraucher merken, dass sein Huhn nicht richtig schmeckt – wie gut kann ein mit Medikamenten vollgestopftes, von Krankheiten geplagtes, mit Fäkalien verschmutztes Tier schmecken? –, deshalb kriegen die Vögel eine Injektion mit »Bouillon« oder Salzlösungen (oder werden sonst wie damit aufgepumpt), damit sie das bekommen, was wir für Aussehen, Geruch und Geschmack von Hühnchen halten. (Eine kürzlich erstellte Untersuchung des Consumer Reports hat herausgefunden, dass Hühnchen-und Putenprodukte, von denen viele als naturbelassen gekennzeichnet waren, »mit 10 bis 30 Prozent ihres Gewichts an Bouillon, Geschmacksstoffen oder Wasser aufgepumpt waren«.)
    Das war das Leben der Tiere, kommen wir nun zur »Verarbeitung«.
    Als Erstes brauchen Sie Arbeiter, die die Vögel in Kisten stecken und dann dafür sorgen, dass die lebenden, ganzen Vögel zu in Plastik verpackten Teilen werden. Wahrscheinlich müssen Sie permanent Arbeiter suchen, denn die jährliche Fluktuation liegt normalerweise bei über 100 Prozent. (Die Interviews, die ich geführt habe, lassen einen Personalwechsel von etwa 150 Prozent vermuten.) Oft werden illegale Ausländer bevorzugt, aber es werden auch gern mittellose Neueinwanderer genommen, die kein Englisch sprechen. Nach internationalen Menschenrechtsstandards verstoßen die üblichen Arbeitsbedingungen in amerikanischen Schlachthöfen gegen die Menschenrechte; aberfür Sie sind die Arbeiter vor allem ein entscheidender Faktor, um billiges Fleisch zu produzieren und die Welt zu ernähren. Bezahlen Sie Ihren Arbeitern den Mindestlohn oder wenigstens annähernd, damit sie die Vögel packen – fünf in jeder Hand, an den Beinen, mit dem Kopf nach unten – und sie in die Transportkisten stopfen.
    Wenn Ihr Unternehmen im vorgesehenen Tempo läuft – laut verschiedener Hühnerstopfer, mit denen ich gesprochen habe, wird erwartet, dass ein Arbeiter in dreieinhalb Minuten 105 Hühner in Kisten stopft –, dann werden die Hühner entsprechend unsanft angepackt, und die Arbeiter spüren regelmäßig Hühnerknochen in ihren Händen brechen. (Ungefähr 30 Prozent aller lebenden Hühner, die im Schlachthaus ankommen, haben aufgrund ihrer Frankenstein-Genetik und der ruppigen Behandlung frische Knochenbrüche.) Kein Gesetz schützt diese Vögel, aber es gibt durchaus Gesetze, wie man Arbeiter zu behandeln hat, und diese Art Arbeit verursacht mehrere Tage anhaltende Schmerzen. Also stellen Sie besser Leute ein, die sich nicht beschweren können – Leute wie »Maria«, eine Angestellte eines der größten Hühnerverarbeiter in Kalifornien, mit der ich einen Nachmittag verbracht habe. Nach mehr als 40 Jahren Arbeit und fünf Operationen wegen Arbeitsunfällen kann Maria ihre Hände nicht mal mehr so benutzen, dass sie den Abwasch machen könnte. Sie hat so schlimme chronische Schmerzen, dass sie die Abende damit verbringt, ihre Arme in Eiswasser zu baden, und oft nicht ohne Tabletten einschlafen kann. Sie bekommt acht Dollar die Stunde und hat mich aus Angst vor Sanktionen gebeten, ihren Namen nicht zu nennen.
    Laden Sie die Kisten auf Lastwagen. Ignorieren Sie extreme Witterungsbedingungen und geben Sie den Tieren weder Futter noch Wasser, auch wenn der Schlachthof Hunderte von Meilen entfernt ist. Wenn Sie dort ankommen, brauchen Sie weitere Arbeiter, die die

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