Tiere
Ende des Kellers die Tür zum Gang auf, und Maureen kam mit einem Mann raus. Die beiden hatten ihre Arme umeinandergelegt, und sie hatte nur Reizunterwäsche an. Er gab ihr einen Kuss, und sie lachte und schob ihn weg, lächelte dann einen anderen Mann an, der aufstand und zu ihr kam. Die beiden gingen in den Gang, und während sie die Tür zumachte, fing er schon an, sie überall zu befummeln.
Mir wurde schlecht. Am liebsten wäre ich reingestürmt und hätte um mich geschossen und sie alle, so wie sie da saßen, der Reihe nach umgebracht. Ich lief wieder hoch und machte oben nicht einmal die Kellertür zu. Als ich auf der Theke ein paar saubere Gläser stehen sah, fegte ich sie runter. Dann trat ich einen Tisch um. Ich weinte und wollte noch mehr kaputt machen, als ich meine Mama runterkommen hörte.
Sie konnte nicht schnell gehen. Ich hätte den Tisch aufrichtenund so tun können, als wären die Gläser unabsichtlich kaputtgegangen, aber ich rührte mich nicht. Die Kellertür machte ich auch nicht zu. Ich stand einfach da und weinte. Meine Mama kam in ihrem Morgenrock durch die Küche. Sie hatte ihren verärgerten Blick aufgesetzt, der aber sofort wegging, als sie mich sah. «Was ist denn los, um Himmels willen?», fragte sie.
«Nichts», sagte ich. Sie schaute auf die zerbrochenen Gläser und den umgekippten Tisch und meinte: «Was ist passiert?» Dieses Mal sagte ich nichts. Dann schaute sie zur Kellertür, und der verärgerte Blick kam zurück. Man konnte die Musik von unten hören. «Ist dein Vater da unten?», fragte sie. Ich nickte. «Geh in dein Zimmer», sagte sie und ging zur Tür. Ich schaute zu, wie sie die Treppe hinabstieg, und lief dann nach oben.
Aber ich ging nicht in mein Zimmer, sondern setzte mich draußen in den Flur. Eine Ewigkeit konnte ich nichts hören, dann fing mit einem Mal ein Gebrüll an. Am Anfang wusste ich nicht, wer es ist, und erst als es lauter wurde, wurde mir klar, dass es meine Mama war. Jetzt riefen auch andere Stimmen durcheinander, aber nicht so laut. Unten ging die Pubtür auf, und ich hörte Schritte und immer noch dieses Gebrüll, dann krachte etwas, und jemand begann zu schreien. Die Männer riefen: «Hör auf, hör auf», und nach einer Weile legte sich das Schreien. Aber das Gebrüll ging weiter, selbst nachdem der andere Lärm vorbei war. Dann brach auch das ab, und ich hörte Schritte, die durch die Küche zur Treppe kamen. Ich versteckte mich in meinem Zimmer, ließ die Tür aber einen Spalt weit offen. Meine Mama ging vorbei, ihr Haar war total durcheinander, sie weinte und hatte einen roten Fleck im Gesicht. Ihre Schlafzimmertür knallte zu,und alles wurde still. Einen Augenblick blieb ich, wo ich war, dann ging ich wieder in den Flur. Ich schaute zum Schlafzimmer meiner Mama, um sicherzugehen, dass sie nicht wieder rauskam, und als ich mich umdrehte, stand mein Papa am Fuß der Treppe. Er sagte nichts und stand einfach nur da und guckte hoch zu mir. Ich weiß nicht, warum er mich so anguckte. Es war nicht meine Schuld. Ich hatte nichts getan.
Ich ging zurück in mein Zimmer, zog mich aus und legte mich ins Bett, aber ich konnte nicht schlafen. Eine Weile konnte ich meinen Papa herumhantieren hören, und später krachte es ein- oder zweimal. Dann war es wieder ruhig, und während ich noch überlegte, ob ich runtergehen soll oder nicht, schlief ich ein.
Am nächsten Morgen weckte mich meine Mama auf. Sie war total hysterisch und wollte, dass ich runtergehe. Sie hatte üblen Mundgeruch. Ich fühlte mich schlecht, weil es mir auffiel, aber ich konnte nichts dagegen tun. Als ich in die Schankstube kam, sah ich meinen Papa auf einer Bank liegen. Seine Brust und sein ganzes Gesicht waren mit Erbrochenem bedeckt. Zuerst dachte ich nur, meine Mama würde wegen der Schweinerei ausflippen, aber dann sah ich, dass er sich überhaupt nicht rührte.
Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass er im Schlaf an seinem eigenen Erbrochenen erstickt ist. Er war eben ein Trinker, sagte man. Niemand sprach über die geschlossenen Veranstaltungen, nicht einmal meine Mama, nicht einmal mit mir, also sagte ich auch nichts. Bei der Beerdigung waren nur ich und meine Mama und ein paar Tanten und Onkels. Kein Gast aus dem Pub, keiner von seinen Saufkumpanen, wie meine Mama sie nannte. Sie schickten nicht einmal Blumen.
Danach ging ich eine Ewigkeit nicht in den Keller. Als meine Mama dann dachte, wir würden den Pub verkaufen, sagte sie mir, ich soll besser den Keller
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