Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
Vom Netzwerk:
wieder küssen, aber ich musste an blaue Uniformen denken und wandte meinen Kopf ab.
    «Guck mich nicht an», sagte ich.
    «Du musst nicht traurig sein», sagte sie, und ich hätte weinen können, weil sie total lieb klang. Als würde sie sich echt Sorgen machen. Dadurch fühlte ich mich noch schlechter. «Komm schon, Kopf hoch», meinte sie, aber ich konnte sie trotzdem nicht angucken, auch dann nicht, als sie sich am Tisch hochzog. Ich blieb einfach dort sitzen. Ich dachte, sie wollte gehen, aber das tat sie nicht.
    «Nigel», sagte sie, und als ich hochschaute, begann sie zu tanzen.
    Zuerst wusste ich nicht, was sie da machte, denn kaum dass sie anfing, kippte sie beinahe um und musste kichern. Dann kam sie wieder ins Gleichgewicht und versuchte es erneut. Sie sang auch, keine richtigen Worte, nur irgendwie «Dah dah dah, de dah dah dah», und während ich überlegte, welches Lied das ist, begann sie, den Träger ihres Oberteils von der Schulter zu streifen.
    Ich wollte ihr sagen, dass sie aufhören soll, aber ich bekam kein Wort heraus. Cheryl lächelte und begann, auch den anderen Träger runterzuziehen, bis beide lose um ihre Ellbogen hingen. Sie hatte ihre Arme verschränkt und hielt das Oberteil fest, und dann ließ sie es runtergleiten. Während es tiefer und tiefer rutschte, sang und tanzte sie. Mit einem Mal zog sie eine Seite ganz runter und zeigte mir ihre Brust. Die ganze. Sie war groß und rund und viel weißer als ihr restlicher Körper und hatte einen großen,rosafarbenen Nippel. Sie bedeckte sie ganz schnell wieder und machte dann das Gleiche mit der anderen Brust, alles im Rhythmus zur Musik. Sie lächelte mich genauso an wie die echten Stripperinnen, genauso wie die Nutten die Männer anlächeln, nur betrunkener, und ich rief: «Nicht! Hör auf!»
    Als ich versuchte aufzustehen, hätte ich fast den Tisch umgerissen. Ich setzte mich wieder hin. Cheryl hatte aufgehört zu tanzen. Sie sah total verwirrt aus.
    «Was denn?», fragte sie. Sie hielt immer noch das Oberteil hoch.
    «Nicht», sagte ich.
    «Wieso? Was ist los?», fragte sie. Jetzt klang sie ein bisschen gereizt.
    «Nichts», sagte ich. «Ich möchte nur nicht, dass du das machst.»
    Sie schaute mich komisch an. «Ich dachte, es gefällt dir», sagte sie und zog die Träger ihres Oberteils wieder hoch. Sie taumelte ein bisschen, fiel aber nicht hin. Man merkte, dass sie sauer war. «Vorhin warst du doch noch so wild. Stimmt was nicht mit dir?»
    «Nein!», sagte ich, und sie meinte: «Was dann? Du hast gesagt, dass du früher den Stripperinnen zugeguckt hast», und ich sagte, ohne nachzudenken: «Nicht hier drin.»
    Ich verstummte sofort. Ich dachte, ich würde damit durchkommen, denn Cheryl setzte sich auf einen Stuhl und schwieg eine Weile.
    Dann fragte sie: «Was meinst du damit: nicht hier drin?»
    «Nichts», sagte ich.
    «Doch», sagte sie. «Wo hast du ihnen zugeguckt, wenn nicht hier?»
    «Nirgends», sagte ich und konnte sie nicht anschauen. Aber ich spürte, dass sie mich anschaute. Und lächelte.
    «Du hast ihnen irgendwo anders zugeguckt, nicht wahr?», meinte sie.
    «Nein, ehrlich nicht!», sagte ich, aber sie lachte nur.
    «Warum wirst du dann rot?», fragte sie.
    «Werde ich nicht!», sagte ich, und sie meinte: «Doch, wirst du. Komm schon, wo hast du ihnen zugeguckt? Hast du durchs Schlüsselloch geschaut, wenn sie sich umgezogen haben, oder was?»
    «Nein!», rief ich.
    «Wo dann?», fragte sie.
    «Keine Ahnung!», sagte ich, und sie meinte: «Komm schon, mir kannst du es erzählen.»
    Ich schüttelte den Kopf.
    «Warum nicht?», fragte sie. Ich schaute zu Boden und war völlig durcheinander. Hätte ich doch bloß nichts gesagt.
    «Ist es ein Geheimnis?», fragte Cheryl, und ich nickte. «Jetzt musst du es mir erzählen», meinte sie, und als ich nichts sagte, kam sie zu mir und setzte sich vor mich auf den Boden. «Komm schon, Nigel», sagte sie und legte ihre Hände auf meine Knie. «Mir kannst du es doch erzählen, oder? Ich werde es nicht weitersagen. Versprochen. Vertraust du mir nicht?»
    Sie beugte sich vor und versuchte, mir in die Augen zu schauen, aber ich wollte den Kopf nicht heben, obwohl ich ihren Atem spürte. Ich nickte wieder. «Dann erzähl es mir», sagte sie. «Na los.»
    Sie rutschte näher und legte einen Arm um mich. Wir saßen direkt in der reinscheinenden Sonne. Ich konnte sehen, dass wir im Staub auf dem Boden Spuren hinterlassenhatten, und dachte, dass ich diese Stelle beim Saubermachen wohl

Weitere Kostenlose Bücher