Tiffany Duo Band 0124
wusste es.
Er drehte sich um und sah sie erstaunt an. “He, stehst du wegen irgendwas auf der Fahndungsliste, Carly? Hast du Vorstrafen?”
“Natürlich nicht”, entgegnete sie empört.
“Wo liegt dann das Problem?”
Gefängniszellen. Gitter. Verschlossene Türen. Keine Möglichkeit zu entkommen. Endloses, schreckliches Entsetzen.
Krampfhaft suchte sie nach einer Antwort. “Ich dachte nur, dass mein Gedächtnis doch ganz allmählich zurückkommt. Vielleicht erinnere ich mich schon bald wieder an alles. Weißt du, vielleicht gibt es eine ganz einfache Erklärung für alles. Vielleicht eine ganz harmlose.” Sie schwieg. Harmlos? In dem Kleid? Mit einem winzigen Höschen darunter? Mit diesen Massen an blondem Haar? Fast wäre sie wieder von Panik überrollt worden. Was war nur in diesen zwei Tagen geschehen?
Nick kam zu ihr rüber und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sein Griff war sanft, aber fest. “Carly, wir sollten aufs Revier gehen, weil es dort Computer gibt. Mit ihrer Hilfe können wir herausfinden, ob dich irgendjemand als vermisst gemeldet hat oder ob deine Handtasche gefunden wurde. Nichts Weltbewegendes, das verspreche ich. Dann sollten wir wohl ins Krankenhaus gehen, dein Blut untersuchen und in Erfahrung bringen, welche Droge man dir verabreicht hat und ob es irgendeinen Grund zur Sorge gibt. Das ist wirklich das Beste, glaub mir.”
Carly sah fassungslos zu ihm auf. Ihm vertrauen? Einem Bullen vertrauen?
Aber er hatte gar nicht so Unrecht. In einem solchen Fall war es sicher am vernünftigsten, sich an die Polizei zu wenden. Und wenn ihr Erinnerungsvermögen nicht schnellstens wiederkehrte, hätte sie gar keine andere Wahl.
“Na gut”, sagte sie widerstrebend.
“Gut.” Er drückte ihr liebevoll die Schulter und ging dann. “Gib mir zehn Minuten zum Duschen und Rasieren.”
Entmutigt nahm Carly das Telefon und wählte Margies Nummer. Ihr Anrufbeantworter antwortete, also hinterließ Carly die Nachricht, dass Margie sie bei Nick anrufen solle. Dann ging sie langsam ins Schlafzimmer.
Auf dem Bett lag ein knallroter Trainingsanzug mit weißem Schriftzug. Sie nahm den Anzug, barg gedankenverloren das Gesicht darin und atmete tief ein. Das war Nicks Geruch. Sie hätte sich ohne weiteres wieder in den Erinnerungen an die letzte Nacht verlieren können, aber das durfte sie sich jetzt nicht erlauben.
Das Oberteil des Anzugs reichte ihr bis zu den Knien, und die Hosenbeine musste sie bis zu den Fußgelenken hochrollen. Nicht allzu schlimm, dachte sie und blinzelte in den Spiegel über der Kommode. Zumindest nicht, wenn man etwas übrig hatte für verloren aussehende, barfüßige kleine Streuner mit fragwürdigem Geschmack, was Klamotten betraf.
Sie setzte sich auf den Bettrand und blickte sich mit kurzsichtigen Augen im Schlafzimmer um. Auch wenn sie alles nur verschwommen sah, merkte sie doch sofort, dass die persönliche Note völlig fehlte.
Carly dachte an ihre bescheidene Wohnung zu Hause. Die Wände waren bedeckt mit farbenfrohen Drucken und Naturfotografien. Jedes Möbelstück hatte sie gebraucht gekauft und an ihren freien Tagen liebevoll in Stand gesetzt. Stühle und Sofas waren großzügig gepolstert, überall waren Blumen, sowohl in Vasen als auch auf den Stoffen. Sie war ein richtiges Heimchen, und sie hatte die Wohnung zu einem Nest gemacht, zu ihrem ersten richtigen Zuhause, in dem sie sich sicher fühlte, das erste, das sie hatte. Und sie sehnte sie sich danach, dort zu sein.
“Hör auf!”, schalt sie sich. Selbstmitleid in diesem Augenblick wäre nicht nur unangebracht, sondern auch fatal.
Fest entschlossen, sich abzulenken, ging sie ins Wohnzimmer, nahm sich die Los Angeles Times, die auf dem Tisch lag, und ließ sich aufs Sofa fallen. Zeitunglesen würde sie auf andere Gedanken bringen.
Sie überflog die Schlagzeilen.
Drogenkönig tot aufgefunden
las sie.
Peter “Pete” Skouras Demeter, der berüchtigte Kopf eines weltweiten Drogensyndikats, wurde kurz nach Mitternacht am Sonntagmorgen tot auf seiner Jacht aufgefunden. Er war mit drei Schüssen in den Kopf getötet worden und …
Demeter? Der Name kam ihr bekannt vor.
Der Artikel ging noch weiter, aber Carly sah sich das Foto des Toten an. Es war die Studioaufnahme eines Mannes mit dunkler Haut und lichtem dunklen Haar. Sein Lächeln schien eher unheimlich als fröhlich, und als Carly sich dieses Foto ansah, wurde ihr plötzlich schwindelig. Sie schloss die Augen, und sofort tauchte ein Bild vor ihrem
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