Tiffany Duo Band 0124
“Aber vielleicht wirst du alles ein bisschen besser verstehen, wenn ich dir es erkläre. Das hoffe ich zumindest. Ich erinnere mich an viele Bruchstücke, und alles zusammen ergibt ein ziemlich schreckliches Bild.”
“Wie schrecklich?”
Sie schluckte. “Mord.”
“Demeter”, sagte er. “Du warst dabei?”
Als Carly nickte, vergewisserte er sich mit Blicken nach links und rechts, dass niemand sie belauschen konnte. “Erzähl weiter.”
Carly zwang sich, so gelassen wie möglich zu sprechen. “Ich fürchte, ich war Augenzeugin, aber vieles ist mir überhaupt nicht klar. Ich sah, wie er starb.”
“Du hast es gesehen?”
Sie nickte. “Ich war auf seinem Schiff. Das ist das Erste, woran ich mich erinnerte, nachdem ich mit Richard im Restaurant gewesen war. Vermutlich war ich aus irgendeiner Betäubung erwacht.” Jetzt, da sie einmal zu reden angefangen hatte, sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. “Ich habe gesessen. Er, Demeter, kniete vor mir, küsste mir die Füße, die Hände. Er weinte und nannte mich ständig Amanda. Dann hat ihn jemand, der hinter mir stand, erschossen. Ich …”, sie zwang sich weiterzusprechen, “… ich sah, wie ihm der Kopf halb weggeschossen wurde.”
“Verdammt!” Nick umfasste ihre Hände fester. Er konnte nachempfinden, wie es für sie gewesen sein musste. Er hatte dieses Grauen selbst schon oft erlebt. Wie viel schlimmer musste dieses Erlebnis für sie gewesen sein.
Carly war dankbar, dass Nick bei ihr war, erleichtert, dass seine starken Hände ihre hielten. Das gab ihr Kraft weiterzusprechen. “Derjenige, der ihn erschossen hat, hat mir die Pistole in die Hand gedrückt und sie mir dann an die Schläfe gehalten. Ich glaube, es sollte so aussehen, als wäre ich für den Mord verantwortlich und hätte danach Selbstmord begangen. Aber das hat Richard verhindert.”
“Richard? Er war dabei?”, fragte Nick.
Carly spürte förmlich, wie Nick ganz zum Polizisten wurde. “Ja.”
“Erzähl weiter.”
“Während er mit dieser anderen Person kämpfte —_ich bin sicher, dass es ein Mann war —, hat Richard mir zugerufen, ich solle weglaufen. Genau das habe ich auch getan, und so landete ich dann in der Bar bei dir. Der Rest der Nacht, nun …”, sie zuckte verlegen die Schultern, “… den kennst du.”
“Und warum hast du mir all das nicht schon früher erzählt?”
“Weil ich dachte, dass ich vielleicht die Mörderin sei.”
“Du hast geglaubt, du hättest Demeter umgebracht?”
Carly nickte. “Ich habe ständig diese Bilder in meinem Kopf gesehen … ich mit einer Pistole in der Hand, und ein Toter. Dann, letzte Nacht, als ich den Albtraum hatte … Das war das erste Mal, dass ich mit Sicherheit wusste, dass ich keine Mörderin bin.”
Nick ließ ihre Hand los, um einen Schluck Kaffee zu trinken. “OhMann, so was hätte ich wirklich nicht erwartet.”
“Es ist die Wahrheit.” Carly klang ganz so, als müsste sie sich verteidigen. Sie hatte Angst, Nick könnte glauben, dass sie das alles nur erfunden hatte. Dieser Gedanke behagte ihr ganz und gar nicht, aber sie musste weiterreden. “Ich bin noch nicht fertig.”
Er setzte die Tasse ab und sah sie finster an. “Ich höre.”
“In den Fernsehnachrichten letzte Nacht sah ich ein Foto von Demeters Frau, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Das war Nina, meine Schwester. Wir haben uns schon immer ziemlich ähnlich gesehen. Allerdings kleideten wir uns völlig verschieden, und unser Verhalten war in keiner Weise ähnlich. Aber die Ähnlichkeit war da. Die Haare, die Augenfarbe, die Gesichtszüge. Sie hatte mehr Kurven, war extrovertierter. Und ich nehme an, sie hatte ihren Namen geändert, seit sie von zu Hause weggelaufen war. Auch hatte sie sich die Haare noch mehr blondiert. Dann hat sie Pete Demeter geheiratet. Amanda ist vor sechs Monaten gestorben, was natürlich bedeutet, dass Nina tot ist.”
Carly musste schlucken. Jetzt hatte sie weder die Zeit noch die Kraft, um Nina zu trauern, um sich selbst und um die unschuldigen, verängstigten Kinder, die sie beide einst gewesen waren. Das musste später kommen. Dennoch spülte eine Welle unendlicher Verlassenheit über sie hinweg.
Nick sah die tief greifende Trostlosigkeit, die Carly empfand. Er nahm ihre Hand und drückte sie. “Du, es tut mir so leid”, sagte er leise.
Carly gelang ein kleines Lächeln. “Danke”, sagte sie und zwang sich dann weiterzureden. “Jedenfalls bin ich ziemlich sicher, dass ich für das, was
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