Tiffany Duo Band 0133
an, die sie ansprang. Sie glaubte sich selbst nicht.
5. KAPITEL
Sean legte die Bohrmaschine auf der Veranda ab und streckte den schmerzenden Rücken. Im Hintergrund hörte er Myras tägliche Seifenoper laufen. Er klaubte sich noch eine Schraube aus der Metallschachtel, setzte die Bohrmaschine wieder an und jagte sie in den Rahmen. Es war Debbies Schuld, dass er hier an dieser Tür arbeitete. Nun ja, vielleicht nicht direkt ihre Schuld, denn immerhin hatte er ja als Ausgleich für die Miete seine fachmännischen Dienste angeboten. Aber Debbie hatte ihm in ihrem Eifer, ihre Mutter zu beschützen, eine Liste mit nötigen Reparaturen präsentiert, die den begeistertsten Heimwerker eingeschüchtert hätte.
Zu dumm nur, dass er die Erinnerung an Debbies weißes Gesicht nicht abschütteln konnte, als er ihr nach diesem Anruf den Hörer aus der Hand genommen hatte. Auch wenn sie sonst immer so selbstständig tat, in diesem Moment hatte sie ihn gebraucht. Zumindest hatte sie irgendwen gebraucht.
Er arbeitete gerade an der neuen Türschwelle, als Myra Jordans unverwüstlicher alter Buick in die Einfahrt rumpelte. Es musste bereits halb vier sein. Er richtete sich auf und streckte sich. Die hintere Autotür öffnete sich, und Debbies Tochter purzelte heraus, mit weißen Beinen, roten Wangen und wütend.
Er beobachtete, wie sie ihrem Bruder die Tür praktisch vor der Nase zuknallte und den Weg hinaufstürmte.
“Hattest du einen guten Tag?”, erkundigte er sich trocken, als sie die Veranda betrat.
“Es hat gestunken”, verkündete sie. “Die Kinder hier sind alle Vollidioten.”
Sie stakste an ihm vorbei.
“Pass auf die Schwelle auf”, sagte er.
Sie schleuderte ihm einen verächtlichen Blick zu, dann hob sie ihren Fuß mit übertriebener Sorgfalt über die neu installierte Schwelle. Er konnte hören, wie sie im Haus die Treppe hinaufstampfte.
Jetzt ging die Fahrertür auf. Ihm stockte der Atem, als Debbie in Teilen sichtbar wurde: ihre langen, schön geformten Beine unter einem Rock, der die halbe Wade bedeckte, ihr glänzendes Haar, das von einer Sonnenbrille aus der Stirn gehalten wurde, ihre riesige Tasche und ein schlichter Leinenbeutel, der vollgestopft war mit Sachen, die sie für den Unterricht brauchte.
Sie sah müde aus.
Er spürte, wie sich unter dem vertrauten, fast beruhigenden Ziehen in seinen Lenden so etwas wie Mitgefühl regte. Sie sah aus, als ob sie ein großes Glas mit etwas Kaltem, Erfrischendem – so wie er sie einschätzte wahrscheinlich Weißwein – brauchen könnte, ein langes heißes Bad und jemanden, der ihr den Rücken wusch.
Hör auf damit, du Blödmann
.
Chris kam mit hängendem Kopf, seinen funkelnagelneuen Schulranzen am Riemen hinter sich her schleifend, die Einfahrt heraufgetrottet.
“Wie geht’s, Kumpel?”
Der Junge hob eine Schulter. “Okay.”
Hm. “Magst du deine Lehrerin? Die anderen Kinder?”
Der Junge wich seinem Blick aus. “Och, sind ganz okay, schätze ich.”
Was vermutlich bedeutete, dass die Drittklässler der
Davis Elementary School
ihre Reihen gegen den Yankee-Eindringling fest geschlossen hatten.
“Gib ihnen Zeit”, sagte er ruhig. “Es wird bald besser werden.”
Chris nickte, aber er schaute nicht auf.
Debbie kam hinter ihrem Sohn die Treppe herauf. “Geh ins Haus, Schatz. Grandma macht dir eine Kleinigkeit zu essen.”
Sie beobachtete, wie er im Haus verschwand. Ihr Lächeln war zu entschlossen, ihre Augen waren zu ängstlich. Sean spürte erneut, wie das Mitgefühl an ihm zerrte. “Sind Sie sich sicher?”, fragte sie.
“Dass es besser wird? Oh ja”, sagte er. “Ich war bei der Marine. Ich kenne mich aus.”
Sie seufzte. “Na, das ist ja immerhin etwas. Danke.”
Die Worte ließen ihn aufhorchen. “Ein harter Tag?”
“Ich denke, wir waren heute Morgen alle ein bisschen nervös. Aber es war ein gutes Gefühl, wieder vor einer Klasse zu stehen.”
“Wenn Sie es sagen.”
“Sie sind nicht gern zur Schule gegangen?”
Ihre Schlussfolgerung ärgerte ihn. Auch wenn er vielleicht nicht unbedingt ein Wunderkind gewesen war, hatte es doch eine Zeit gegeben, in der er … Keine Reue, erinnerte Sean sich selbst.
“Nicht genug, um sie fertig zu machen.”
Sie nagte gedankenverloren an ihrer vollen Unterlippe. “Ich könnte Ihnen helfen”, bot sie plötzlich an. “Wenn Sie Ihren Abschluss nachholen wollen, meine ich.” Sie schaute ihn mit großen ernsten Augen an. Richtig süß.
“Nein, danke.”
“Es könnte Ihnen
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