Tiffany Duo Band 0142
Hitze! Sie saß in der Chefredaktion des
Evening Star
, einen Stapel voll Büroarbeit vor ihr. Es ging bergab mit der Zeitung. Sie brauchte dringend jemand, der Marvins Fehler der letzten Jahre ausbügeln konnte. Jemand, der sich im Zeitungsgeschäft und der Kleinstadtpolitik auskannte und dem es nichts ausmachte, für wenig Geld hart zu arbeiten.
Vor zwei Wochen hatte sie Marvin endlich gefeuert. Er schien fast erleichtert gewesen zu sein. Lindsey und Riley teilten sich die zusätzliche Arbeit, bis Serena einen neuen Chefredakteur gefunden hatte. Aber wenn sie sich die Zahlen so ansah, schien es, als ob im Endeffekt alle Mühe umsonst sein würde.
Sie rieb sich die Schläfen und blickte auf die Ausgabe von heute. Der Leitartikel berichtete über die Serie der Einbrüche, in die auch Sam – Cameron – indirekt hineingezogen worden war. Dan hatte endlich beweisen können, dass Delbert Farley dahintersteckte. Seine Freundin Rita war der Beihilfe angeklagt und der kleine Zach war der Fürsorge übergeben worden. Serena hoffte, dass es ihm jetzt besser ging.
Automatisch dachte sie wieder an Cameron. Sie dachte eigentlich
immer
an ihn. Sie schloss die Augen und fragte sich, wie lange es wohl so weitergehen würde. Hieß es nicht, dass die Zeit alle Wunden heilte?
War Kara deshalb Pierce hinterhergelaufen? War es ihr ähnlich ergangen?
Es war das erste Mal, dass Serena die Situation aus Karas Blickwinkel sehen konnte. Zwar würde sie so etwas niemals tun, aber immerhin warf sie ihrer Schwester nicht mehr vor, egoistisch zu sein und ihr Leben wegzuwerfen. Sie wollte nur, dass Kara glücklich war. Und manchmal – meistens in schlaflosen Nächten – stellte sie sich vor, wie es wohl wäre, Karas Beispiel zu folgen.
“Bin ich hier richtig? Sie suchen doch einen Chefredakteur?”
Beim Klang der Stimme schrak sie so auf, dass sie beinahe von ihrem Stuhl fiel. Ihre Augen weiteten sich, als sie den Mann im Türrahmen erkannte. “Sam?”
Die goldblonden Haare geschnitten und gekämmt, das Gesicht ohne Schwellungen, sein schlanker Körper in einen eleganten Anzug gekleidet, stand er einfach da und lächelte sie an. “So kannst du mich natürlich auch nennen. Normalerweise höre ich aber auf den Namen Cam oder Cameron.”
Völlig verwirrt fragte sie: “Was machst du hier?”
“Darf ich eintreten?”
“Selbstverständlich.”
Er schloss die Tür hinter sich. “Weißt du, wenn ich dich hier in diesem Büro besucht hätte, solange ich noch in Edstown war, wäre meine Genesung bestimmt schneller vorangeschritten. Die Atmosphäre in einer Redaktion, egal welche Zeitung und wie groß, hat etwas …, etwas Unverwechselbares.”
“Sa…, äh Cam, du machst mich verrückt. Sag endlich, was du hier machst.”
“Ich möchte mich für die Stelle des Chefredakteurs bewerben.” Er warf einen Umschlag auf den Tisch. “Hier ist mein Lebenslauf. Ich glaube, dass ich der richtige Mann für die Zeitung bin.”
Das musste ein Scherz sein. Sie weigerte sich, ihn ernst zu nehmen. “Wenn du meinst, dass du noch Schulden – welcher Art auch immer – hast, dann liegst du falsch.”
“Das ist zwar nicht ganz richtig, aber ich bin wirklich wegen der Stelle hier. Ich meine es durchaus ernst, Serena. Ich will den Job.”
“Aber …”
Er setzte sich ihr gegenüber, als ob er ein Vorstellungsgespräch erwartete.
“Es ist mir natürlich bewusst, dass du Cameron North nicht kennst. Es wäre also angeraten, mir ein paar Fragen zu stellen. Oder soll ich einfach loslegen?”
Serena war fassungslos. “Äh, ich …”
“Gut, dann fange ich eben an.” Cam holte tief Luft. “Ich bin fünfunddreißig, ledig und derzeit ohne Arbeit, da ich meine Stellung in Dallas gekündigt habe. Ich bin gesund, obwohl Teile meiner Vergangenheit mir noch immer verschlossen sind. Die letzten Jahre habe ich hart gearbeitet, zu viel getrunken und über meine Familie lamentiert. Ich war verbittert und habe dies auf Freunde, Frauen und mich selber übertragen.”
“An deiner Stelle würde ich ein Vorstellungsgespräch anders angehen”, riet ihm Serena.
“Ich dachte, ich sollte die negativen Punkte zuerst loswerden. Das sollte dir zeigen, wie offen ich bin.”
Sie räusperte sich, fühlte, wie ihre Kraft zurückkehrte – zusammen mit einem gewaltigen Adrenalinstoß. “Und deine positiven Seiten?”
“Ich arbeite hart, kenne mich im Geschäft aus, suche stets neue Herausforderungen. Und ich werde auch nicht abspringen, um etwas Besseres zu
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