Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie
schweißfeucht. Am Heben und Senken seines Brustkorbs und den tiefen Atemzügen, die über Annas Haut strichen, merkte sie, dass er außer Atem war.
Nach einer Weile bewegte er sich. Anna sah auf und begegnete seinem Blick. Er lächelte, beugte sich über sie und küsste sie auf die Schulter.
„Wohin gehst du?“, fragte Anna enttäuscht.
„Die Pflicht ruft, meine Liebe.“
Sie richtete sich auf und beobachtete, wie er sich Wasser in die Schüssel goss und nach dem Waschlappen griff.
Christopher drückte das nasse Tuch auf sein Gesicht, ließ es dann auf den Hals rutschen und wischte sich den Nacken. Er tauchte den Stofflappen erneut in das Wasser und wusch sich nacheinander die Arme, glitt routiniert über seinen Körper, und seine Muskeln wölbten und entspannten sich mit den Bewegungen. Seine Haut glänzte feucht. Als er sich über Brust und Bauch rieb, schluckte Anna trocken und wurde sich ihres hämmernden Herzens bewusst.
Er war schön. Sie wusste, wie albern das für einen Mann klang, doch sie fand keine bessere Beschreibung. Sein schwarzes Haar schimmerte wie Seide, und einzelne blauschwarze Lichter leuchteten darin. Seine ebenmäßigen Gesichtszüge, exotisch und vertraut zugleich, ließen keinerlei Gefühlsregung erkennen, während seine dunkelgrünen Augen konzentriert auf seine Tätigkeit fixiert waren. Sein schlanker, durchtrainierter Körper war nicht der eines Mannes, der nur von einem Sofa zum nächsten wanderte. Inzwischen wusch Christopher seinen Penis. Er strich mit dem Waschlappen über die Länge und nahm sich anschließend den Hodensack vor. Dann warf Christopher den Lappen in die Schüssel und trocknete sich flüchtig ab. Nackt verschwand er im Ankleidezimmer und kehrte nur wenig später in frischen Kleidern zurück.
Er kam zu Anna, beugte sich über sie und küsste sie auf die Stirn. Er roch nach Eau de Cologne.
„Wir sehen uns zum Dinner“, erklärte er und ging.
Einen Moment lang blieb Anna sitzen, dann stieg sie in ihre Kleider und kehrte in ihr Gemach zurück.
justify
Kapitel 7
Tu Gutes: Dein Nachbar erfährt es nie.
Tu Böses: Man weiß es auf hundert Meilen.
Aus China
„Taitai , sein Mann mit Goldhaar vor Tür. Sprechen mit Lady Munthorpe.“ Bao verbeugte sich und reichte Anna mit gesenktem Kopf eine Visitenkarte, die sie in beiden Händen hielt.
Anna nahm die Karte entgegen. Schweres Büttenpapier. Die Qualität des Materials verriet Reichtum und Einfluss des Besuchers.
„Der Earl of Pembroke?“ Erfreut blickte Anna Bao an. „Führe ihn in den Empfangssalon und lass uns eine Tasse Tee bringen.“
„Anna!“ Lucas kam mit ausgestreckten Händen auf sie zu und begrüßte sie herzlich. „Wie geht es Euch?“ Bei ihrem Anblick hatte sich seine Miene erhellt, und um seine Augen erschienen zahlreiche Lachfältchen.
„Sehr gut, Lord Lucas!“ Sie lächelte ihn an.
„Meine liebe Anna, wollt Ihr mich nicht Lucas nennen?“
Anna zögerte. „Ich denke nicht, dass das schicklich wäre.“
„Nur wenn wir unter uns sind! Ich fühle mich in Eurer Gegenwart, als würde ich Euch schon mein Leben lang kennen!“
„Ich weiß nicht …“ Anna warf Caítlín, die aus alter Gewohnheit als Anstandsdame im entferntesten Sessel des Zimmers saß, einen Blick zu. Doch von dort war keine Hilfe zu erwarten.
„Gebt Eurem Herzen einen Stoß, Anna!“
Anna entzog ihm ihre Hände und ließ sich anmutig auf einem Sessel nieder. Sie deutete auf das Sofa, und Lucas St. Clare setzte sich darauf.
„Also gut, Lucas!“
Er strahlte. „Seht Ihr, das war doch nicht so schwer!“
Anna stimmte ihm lächelnd zu. „Wie geht es Euch?“
Ein Schatten huschte über Lucas Miene, so kurz, dass Anna glaubte, sich getäuscht zu haben.
„Ich war eine Zeit lang auf meinem Landsitz. Dringende Familienangelegenheiten“, erklärte er.
„Ich hoffe, nichts Ernstes?“ Anna beugte sich ein wenig vor, ganz auf Lucas konzentriert.
Er schluckte und sah sie an. „Nein, nur … unaufschiebbar.“
Long Tian unterbrach die Unterhaltung der beiden und brachte ein Tablett herein. Drei Teetassen und eine Kanne standen darauf.
Anna sah Long Tian an. „Für wen ist die dritte Tasse, Long Tian?“
Der Chinese verbeugte sich. „Für ehrenwerten laoye , bestimmt kommen auch, wenn seine taitai haben Herrenbesuch.“ Er warf Lucas einen finsteren Blick zu.
Lucas wartete, bis sich die Tür hinter dem Bediensteten geschlossen hatte.
„Dieser schlitzäugige Chinese ist nicht unbedingt das
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