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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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ich aus wie ein Kerl?«
    Chris und Marek wechselten einen Blick. »So irgendwie.«
    »So irgendwie?«
    »Ja. Du siehst aus wie ein Kerl.«
    »Es reicht auf jeden Fall«, sagte Marek.
    Sie standen auf.
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15:12:09
    Die schwere Holztür öffnete sich einen Spalt. Aus der Dunkelheit spähte sie ein Gesicht an, das von einer weißen Kapuze verschattet  war. »Gott gewähre Euch Wachstum und Wohlstand«, sagte der Mönch feierlich.
    »Gott gewähre Euch Gesundheit und Weisheit«, erwiderte Marek auf provenzalisch.
    »Was ist Euer Begehr?«
    »Wir sind hier, um Bruder Marcel zu sehen.«
    Der Mönch nickte, fast so, als hätte er sie erwartet. »Certum, Ihr möget eintreten«, sagte er. »Ihr seid zur rechten Zeit gekommen, denn er ist noch hier.« Er öffnete die Tür ein Stückchen weiter, so daß sie, einer nach dem anderen, eintreten konnten.
    Sie fanden sich in einem kleinen, steinernen und sehr dunklen Vorraum wieder. Es duftete nach Rosen und Orangen. Aus dem Inneren des Klosters hörten sie leise Gesänge.
    »Ihr könnt Eure Waffen hier ablegen«, sagte der Mönch und deutete in eine Ecke des Zimmers.
    »Guter Bruder, ich fürchte, das können wir nicht«, sagte Marek.
    »Hier habt Ihr nichts zu befürchten. Legt die Waffen ab, oder geht wieder.«
    Zuerst wollte Marek protestieren, doch dann nahm er sein Schwert ab.
    Der Mönch führte sie einen stillen Gang entlang. Die Wände bestanden aus nacktem Stein. Dann bog er um eine Ecke in einen anderen Gang. Das Kloster war sehr groß und unübersichtlich wie ein Labyrinth.
    Es war ein Zisterzienserkloster, die Mönche trugen weiße Kutten aus schlichtem Tuch. Die Zisterzienser begriffen die Strenge ihrer Ordensregel als bewußte Kritik an den korrupteren Orden der Benediktiner und der Dominikaner. Von Zisterziensermönchen wurde eine strenge Disziplin erwartet, ein Leben in äußerster Enthaltsamkeit. Seit Jahrhunderten erlaubten die Zisterzienser keine Verzierungen an ihren schlichten Gebäuden, keine Illustrationen in ihren Manuskripten. Ihre Ernährung bestand aus Gemüse und Wasser ohne Fleisch und Soßen. Die Pritschen waren hart, die Zellen nackt und kalt. Jeder Aspekt ihres klösterlichen Lebens war entschieden spartanisch. Tatsächlich aber hatte diese strenge Disziplin —
    Twock!
    Marek drehte sich zu dem Geräusch um. Sie kamen zu einem Kreuzgang — eine Art Arkade, die einen offenen Innenhof auf drei Seiten umschloß, und ein Ort, der eigentlich der Kontemplation und der Lektüre dienen sollte.
    Twock! Jetzt hörten sie Lachen. Und lautes Männergeschrei.
    Twock! Twock!
    Als sie im Kreuzgang standen, sah Marek, daß der Brunnen und die Gartenanlage in der Mitte entfernt worden waren. Der Boden bestand aus nackter, festgestampfter Erde. Vier Männer standen, schwitzend in ihren Leinenkitteln, darauf und spielten eine Art Handball.
    Twock!
    Der Ball rollte über den Boden, und die Männer schubsten und stießen sich, während sie den Ball rollen ließen. Als er liegenblieb, hob ein Mann ihn auf, rief »Tenez!« und schlug den Ball mit der flachen Hand über dem Kopf ab. Der Ball prallte von der Wand weg, die die vierte Seite des Innenhofes bildete. Die Männer schrien und kämpften um die beste Position. Im Kreuzgang standen Mönche und Adelige mit klimpernden Beuteln voller Wettgeld in der Hand und feuerten sie an.
    An der Wand war ein langes Brett befestigt, und immer wenn der Ball mit einem lauten Plonk das Brett traf, wurden die Anfeuerungsrufe der Zuschauer noch lauter.

    Marek brauchte eine Weile, bis er begriff, was er da sah: die früheste Form des Tennis.
    Tenez — vom Ruf des Aufschlagenden, der »Fangt ihn!« bedeutete – war ein neues Spiel, erst fünfundzwanzig Jahre alt, doch seit seiner Erfindung der absolute Renner dieser Zeit. Schläger und Netz sollten erst Jahrhunderte später dazukommen; zu dieser Zeit war es eine Abart des Handballs, die von allen Gesellschaftsschichten gespielt wurde. Kinder spielten es auf den Straßen. Unter dem Adel war das Spiel so populär, daß es Mode wurde, immer neue Klöster zu bauen, die allerdings unvollendet blieben, sobald der Kreuzgang errichtet war.
    Königliche Familien sorgten sich, daß die Prinzen ihre ritterlichen Unterweisungen zugunsten langer Stunden auf dem Tennisplatz, oft auch noch abends bei Fackellicht, vernachlässigten. Das Wetten war allgegenwärtig. König Johann  II. von Frankreich, der nun als Gefangener in England saß, hatte im Lauf der Jahre ein kleines Vermögen ausgegeben,

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