TimeRiders
Einzelheiten ihrer Mission durchzugehen ⦠so beschäftigt, dass sie gar keine Zeit gehabt hatte, sich darüber klar zu werden, wie groà ihre Angst vor einer Zeitreise eigentlich war. Der Gedanke, aus der Raumzeit hinaus- und durch das Chaos hindurchkatapultiert zu werden â was immer das Chaos auch sein mochte â und in der Raumzeit von vor fast hundert Jahren zu landen â¦
Sie öffnete ihre Augen unter Wasser und sah die verschwommenen Umrisse von Liams magerem Körper, der in blinder Panik um sich schlug. Sie sah die Luftblasen, die rings um ihn herum nach oben strebten. Sie sah durch das zerkratzte Plexiglas der Röhre hindurch die Lämpchen an Computer und Monitoren leuchten, sie sah wie durch einen Schleier hindurch Sal, und dann â¦
⦠dann stürzten sie wirbelnd in ein dunkles Nichts hinein.
4
2015Â Texas
»Okay, wir werden in Kürze bei dem Institut ankommen und ich möchte, dass ihr euch alle zusammenreiÃt und euch von eurer besten Seite zeigt«, sagte Mr Whitmore und kratzte sich dabei die Haut unter den grauen und weiÃen Stoppeln, die er für einen Bart hielt. »Ich bin sicher, dass ihr das hinkriegt«, fügte er dann noch hinzu.
Edward Chan seufzte und sah durch das Busfenster hinaus auf das Gestrüpp am Rand der Autobahn. Im Bus sorgte die Klimaanlage für angenehme Kühle, aber dort drauÃen herrschte die für Texas typische trockene Hitze. Es war sonnig und heià und er hasste beides. Am wohlsten fühlte er sich in seinem Zimmer in Houston, wenn die Vorhänge zugezogen waren und die Mangaposter an den schwarz gestrichenen Wänden im Schein der ultravioletten Lampe wie die Neonreklamen cooler Nachtclubs leuchteten.
Dunkel, kühl und friedlich. Sein Zimmer war ein Ort, der weit weg war von dem ständigen Lärm, den andere Kinder erzeugten, weit weg von dem schrillen Lachen der Mädchengrüppchen.
Die Mädchen an der Highschool schienen nur in Grüppchen vorzukommen â in gemeinen, gehässigen kleinen Gruppen, die immerzu kicherten, flüsterten und mit dem Finger zeigten. Und die Jungen ⦠die waren noch schlimmer, wenn das überhaupt möglich war. Die Machos, die Alpha-Männchen unter ihnen, waren laut, groÃspurig, gute Sportler, die vor Selbstbewusstsein geradezu zu triefen schienen. Aus den Ohrstöpseln ihrer iPods zischte Gangsta Rap und ständig klatschten sie sich gegenseitig ohne ersichtlichen Grund ab. Es waren alles ebenmäÃig gebräunte, mittelblonde, blauäugige Jungen, denen man ansehen konnte, dass sie mühelos durch Schule, College und überhaupt durchs Leben kommen würden und die sich niemals fragen mussten, ob gerade jemand hinter ihrem Rücken kicherte, flüsterte oder mit dem Finger auf sie zeigte.
So waren die Rollen an der Schule verteilt: die Mädchen, kichernde Hannah-Montana -Klone, die Jungen angeberische Machos ⦠und dann gab es da noch eine dritte Kategorie: die, die wie Edward Chan waren. Die Freaks, die Einzelgänger, die Nerds, die Emos, die Spinner. Alle, die nicht durch die Schablone passten, durch welche die Schule sie zu pressen versuchte.
Sein Vater erzählte ihm immer, dass es am Ende die Freaks waren, die den gröÃten Erfolg hatten. Dass es die Spinner waren, die Dotcom-Milliardäre, berühmte Erfinder, Filmregisseure oder Rockstars wurden. Die Machos und tollen Sportler dagegen endeten gewöhnlich als Immobilienmakler und Filialleiter von Supermärkten. Und die Hannah Montanas entwickelten sich zu Hausfrauen, die den ganzen Tag zu Hause waren und immer fetter, langweiliger und einsamer wurden.
Weiter vorne konnte Edward jetzt einen Komplex von Gebäuden erkennen, die sich hell gegen die umgebende ockerfarbene Ãdnis abhoben. Der Bus fuhr langsamer und blieb vor einer Schranke stehen. Die anderen Kids im Bus, ungefähr 30 an der Zahl und allesamt ein paar Jahre älter als Edward, fingen an, unruhig zu werden, auf ihren Sitzen herumzuhüpfen und sich zu verrenken, um sich die Sicherheitsleute und die Gebäude anzusehen.
»Bleibt bitte noch einen Augenblick sitzen, Leute«, bat Mr Whitmore über die Lautsprecheranlage des Busses.
Edward streckte sich, um über die Lehne des Sitzes vor ihm hinüberzuschauen. Er sah einen Mann in den Bus klettern. Einen Mann in einem schicken, hellen Leinenanzug. Er schüttelte Mr Whitmore die Hand, dem Direktor, der die Schüler auf diesen
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