Tina Turner - Die Biografie
er sich einen eisernen Schürhaken. Tina dachte, er würde sie damit schlagen. Sie sah ihm direkt in die Augen. In der Vergangenheit hatte er ihr bereits den Kiefer und die Rippen gebrochen. Was konnte er ihr denn jetzt noch groß antun? Angst hatte sie keine mehr vor ihm, über dieses Stadium war sie hinaus. Letztlich verprügelte er sie dann doch nicht mit dem Schürhaken. Stattdessen beschränkte er sich darauf, ihn mit seinen bloßen Händen zu verbiegen, um seinen Standpunkt noch einmal deutlich zu machen.
Tina lief ein weiteres Mal fort. Diesmal nahm sie ihre Kinder mit. Sie ging zu einer Freundin – Maria Booker. Ike kam nie darauf, bei Maria in Malibu nach ihr zu suchen. Sie blieb zwei Wochen weg. Dann kam sie zurück und sagte zu Ike, sie sei es leid, dieses Spiel zu spielen und würde ihn verlassen. Er schlug sie nicht sofort. Aber danach ging es dann doch mit den Schlägen weiter.
In dem Maße, wie die Plattenerfolge von Ike & Tina Turner in dieser Zeit zurückgingen, nahm auch die Anzahl ihrer Konzerttermine in den USA ab. Ike nahm weiterhin riesige Mengen an Musikmaterial auf, doch nie wurde auch nur ein einziger Song zu einem Hit. Es waren allerdings Konzerte in Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Australien und Fernost geplant. Ike ahnte wohl kaum, dass dies die letzte Welttournee des Duos Ike & Tina Turner überhaupt werden sollte.
Da Ike darauf bestand, bei ihren Live-Auftritten auf diesen Auslandstourneen in amerikanischer Währung und in bar bezahlt zu werden, hatte er immer eine ganze Menge Geld dabei. Er hatte sich angewöhnt, es in einem Aktenkoffer mit sich herumzutragen, da er niemandem vertraute. Als sie im Rahmen ihrer Tournee im Dezember 1975 in Paris ankamen, stellte sich heraus, dass der Aktenkoffer verloren gegangen war – mit über 86.000 Dollar in bar darin. Ike bestand darauf, dass sich das gesamte Team einem Lügendetektortest unterzog, damit man den Schuldigen herausfand. Letztlich blieb nur noch er selbst übrig, dem er hätte die Schuld dafür geben können. Es wurde vermutet, dass Ike stark unter Drogen gestanden hatte. So hatte er den Koffer wahrscheinlich einfach irgendwo abgestellt und war dann weggegangen.
Im Januar 1976 kam die Ike & Tina Turner Revue nach Indonesien. In Djakarta geriet Ike in einen Streit um ein Soundsystem, dessen Qualität unterhalb der üblichen Standards lag Das Ganze endete schließlich in einer Schlägerei mit der örtlichen Polizei und die Band musste flüchten – und Teile ihrer Bandausrüstung im Wert von 22.000 Dollar zurücklassen.
Als sie im März 1976 wieder zurück in Los Angeles waren, hatte Rhonda Graam schließlich genug von Ike und kündigte. Ike nahm ihr Haus wieder in seinen Besitz, denn laut Grundbuch war er der rechtmäßige Eigentümer. Die Veränderungen, die um ihn herum vor sich gingen, nahm Ike Turner kaum wahr. Stattdessen begab er sich in die Bolic Sound Studios und konsumierte wieder seine gewohnte Menge an Kokain. Seine körperlichen Auseinandersetzungen mit Tina gingen bis in das Jahr 1976 hinein weiter. Doch Ike schien nicht zu ahnen, dass die Party für ihn bald mit einem lauten Knall enden sollte.
Die mit Tina befreundete Cher erinnert sich: „Ich war zu der Zeit mit der Cher- Show beschäftigt. Ike & Tina traten dort ebenfalls auf und Tina und ich verstanden uns gleich unheimlich gut. Ich weiß noch, wie sie zu mir in den Backstage-Bereich kam – und zwar allein. Und ich weiß auch noch, dass sie mich dazu befragte, wie schwierig es für mich gewesen sei, Sonny zu verlassen.“ Tina weiß noch, was Cher ihr daraufhin antwortete: „(Cher) sagte, dass Sonny sie zwar nicht verletzte, indem er ihr gegenüber körperliche Gewalt ausübte, aber abgesehen davon hatten wir ganz ähnliche Sachen durchgemacht.“ (19) Tina fiel auf, wie leicht es Cher gefallen war, Sonny Bono zu verlassen und ihre Karriere danach ohne ihn zum Blühen zu bringen. Wie in dem alten Sam Cooke-Song „Change Is Gonna Come“ begann Tina langsam, neue Zeiten anbrechen zu sehen.
Jeden Tag gewann sie mehr an Stärke. Sie war für sich zu dem Schluss gekommen, dass sie sogar dazu bereit war, das Showgeschäft ganz hinter sich zu lassen, wenn dafür Ike Turner endgültig aus ihrem Leben verschwand. „Das Leben im Musikbusiness war an sich nicht attraktiv. Es war schmutzig. Eine ewige Tingelei durch schwarze Clubs mit wenig Komfort. Und aus diesem Grunde sage ich mir: ‚Ich stand immer darüber. Ich wollte immer etwas Besseres.‘ Warum,
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